Pussy Riot-„Skandal“ – ein Einwurf

Damit wir uns nicht mißverstehen: Das „System Putin“ gehört nicht nur an den Pranger, sondern auch aufgeklärt und bekämpft. Das ist das eine. Das andere ist, ob sich „Pussy Riot“ als Zeugen der Anklage gegen Putin eignet.

Ich sage ein klares Nein! Hier haben nicht – wie uns das die Meinungsschickeria Tag für Tag einhämmert – „junge, unschuldige Mädchen“ gegen Putin demonstriert, sondern erwachsene und intelligente Frauen, die wissen mußten, was sie mit ihrem Manöver riskieren. Hätten sie „nur“ auf der Straße demonstriert und dann diese Behandlung erfahren, wäre jeder Protest angemessen. Die Damen haben aber ausgerechnet eine Kirche für ihren (gerechtfertigten) Kampf gegen Putin gewählt – mit Mitteln, die in allen zivilisierten Gesellschaften juristisch den Tatbestand der Gotteslästerung und der Kirchenschändung erfüllen. Sie zu bestrafen, ist also im wahrsten Sinne des Wortes gerecht(fertigt). Eine Bestrafung haben die Pussy Riots offensichtlich bewußt in Kauf genommen. Und der Name, den sie ihrer Gruppe gegeben haben, ist gerade in einer Kirche eine besondere Provokation: sehr vorsichtig übersetzt  bedeutet „pussy riot“: Krawall-Vagina (die richtige Übersetzung ist viel brutaler und ordinärer).

Daß der Protest gegen die juristische Aufarbeitung der Taten ausgerechnet in den Ländern und Kreisen am lautesten ist, in denen ansonsten „Gotteslästerung“ als Ausdruck moderner Kunst und Kultur gilt, ist eine zynische Nebenbegleitung der Affaire, über die gerade „Christ“-Demokraten und Konservative nicht hinwegsehen sollten. Oder sind wir schon so vom Zeitgeist versaut, daß wir Gotteslästerung als gesellschaftliches Amusement empfinden, wegsehen, nicht hinhören oder verschämt zu Boden blicken? Nein, mit christlich-abendländischen Werten läßt sich „Pussy Riot“ nicht vereinbaren (schon gar nicht in der Übersetzung)!

Eine ganz andere Frage ist die der Angemessenheit der Behandlung und Bestrafung der Delinquentinnen. Eine Verurteilung zu angemessen langer Tätigkeit im kirchlichen oder karitativen Bereich wäre sicher hilfreicher gewesen. Das „System Putin“ hat aber voll zugeschlagen und damit gezeigt, wie schonungslos der russische Präsident alles niedermacht, was ihm kritisch erscheint. Das anzuprangern, ist unser Auftrag und unsere Verpflichtung. Die Pussy Riot-Aktivistinnen haben mit ihrer unwürdigen Aktion dieser Aufgabe keinen Gefallen getan, sondern Putin ein willkommenes – will heißen „schlag“kräftiges – Argument geliefert, ausgerechnet das der Gotteslästerung. Anders ausgedrückt: Der Feind meines Feindes ist nicht unbedingt mein Freund.

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