Türken-Druck: Kein Mahnmal zum Genozid an den Armeniern?

1Stacheldraht

Im Genfer Park des Musée Ariana plant der armenische Künstler Melik Ohanian, ein Denkmal für die Opfer des türkischen Genozids an den Armeniern (während des Ersten Weltkriegs 1914-1918) aufzustellen, das den fast schon poetischen Namen „Neun Lampen der Erinnerung“ tragen soll. Es sollte hier nach der Intention des Künstlers ein „stiller Ort der Besinnung und der Trauer“ entstehen. Ohanians Entwurf enthielt eine (ungeschriebene) Botschaft: „Wer sich so erinnert, wer so im Stillen trauert, der haßt nicht mehr, der will keine Rache, geschweige denn Rachegefühle nähren.”

Natürlich hat die Türkei gegen dieses „Produkt“ protestiert und versucht mit allen Mitteln, auf die Schweiz und die Stadt Genf, Druck auszuüben. Das Verschweigen und Leugnen des Genozids an hunderttausenden Armeniern – die Schätzungen der Historiker schwanken zwischen 300.000 und 1,5 Millionen – in der Türkei hilft aber niemandem, schon gar nicht den Türken. Wer das, was den Menschen zum Menschen macht, wer den Ausdruck des Humanen im Menschen – gewiß, eine Tautologie – unterdrückt oder ganz verhindern will, der ist und handelt inhuman und stellt sich an die Seite der Schuldigen.

Wir, die Deutschen, mußten nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Holocaust lernen Das kriegen wir täglich gesagt. Deshalb frage ich mich, wann sich die Türkei dem von ihnen verübten Völkermord stellt. Die Erinnerung an diesen Genozid kann man nicht „aussitzen“ oder einfach aus dem Gedächtnis streichen. Verbrechen gegen die Menschlichkeit verjähren nicht.

Die Armenier haben vielfach bewiesen, daß sie zu Verzeihung und Versöhnung bereit sind – eine zutiefst christliche Grundeinstellung und die Grundlage unserer abendländisch-christlichen Kultur. Aber vielleicht liegt gerade darin der Schlüssel für die Verstocktheit der muslimischen Türkei.

Der Vorgang beweist, daß die Türkei noch nicht reif ist für die politische Kultur Europas, die eben auf der Versöhnung der Völker beruht. Alfred Grosser, der Franzose und Deutschen-Freund, hat es treffend formuliert: „Die Basis für Europa muß das Verständnis für die Leiden der anderen sein.“ Soweit ist die Türkei noch nicht. Der Bosporus trennt (christliches) Abend- vom muslimischen Morgenland.

Das Bekenntnis zu unserer abendländischen Kultur setzt einen ehrlichen Dialog, Schuldbekenntnis und Sühne voraus. Die Türkei macht das ganze Gegenteil: Sie droht gar („Die Presse“ v. 28.1.2005): „Was unsere Väter damals gemacht haben, können wir auch wieder tun.“ Eine unverhohlenen Drohung, die nicht weit von Volksverhetzung ist! Die Schweiz und Genf dürfen dem Druck gegen das Armenier-Mahnmal nicht nachgeben.

Ein kleiner Nachtrag: Auch in dieser Debatte sucht man vergeblich nach einer Äußerung der üblichen Betroffenheitsriege von Grün und Rot. Der Weltbetroffenheits-Automat namens Claudia ist vermutlich abgeschaltet, weil höhere und größere Pfründen im Bundestag winken.

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Conservo-Redaktion