NSA etc. – Schaden und Spott

NSAVon Waldemar Pabst

Weil zum Bedauern des Fernsehens und seiner im Archiv gebliebenen Sondersendungen doch wieder keiner in Fukushima am Atom gestorben ist und der Bischof langsam todlangweilig wird, zumal inzwischen auch der Blödeste weiß, dass es eine innerkatholische Intrige war, bleibt es beim Thema aller Themen. Die Geschichte von Angie, Barack und dem Handy geht in die zweite Woche.

Kein Zweifel, die NSA hat nicht nur weltweit den Datenverkehr gescannt, um ziemlich erfolgreich Terrorabwehr zu betreiben, sondern war klug genug, mitzuhören, was sich die Lenker Europas erzählen und simsen. Besser ist es, zum Beispiel angesichts der kaum unverdeckten Mithilfe deren gehätschelter Industriekonzerne beim iranischen Bombenbasteln. Einer der Lenker war Mutti Merkel, wo die immer gern ihr Handy zeigt und EU Präsidenten per SMS kürt. Nett war das nicht, aber nett sind wir schon lange nicht mehr zueinander, nicht in einem Land, das seine Freiheit und selbst seine bloße Existenz den USA verdankt und sich damit emanzipiert, den Antiamerikanismus zum politischen Mainstream gemacht zu haben.

Die allgemeine Hysterie braucht nicht beschrieben zu werden, fernzusehen genügt. Dass wir eine Nation von jammernden Biofetischisten geworden sind, ist nicht grundlegend neu. Also bedauert sich dieses Land beim Handygate und fragt sich, warum. Wenn es zwei Dinge gibt, die seit Jahrzehnten in Deutschland als Teufelszeug gelten, dann sind es technischer Fortschritt und Geheimdienste.

Kaum gab es das Internet, war schon das Krankheitsbild der Onlinesucht erfunden, hätte es nicht in den 80ern den größten Reformer der Bundesrepublik gegeben, Christian Schwarz-Schilling, würden wir vermutlich heute noch zufrieden mit dem einzig zugelassenen 56k Modem ausschließlich von der Bundespost zertifizierte Netzseiten aufrufen können. Das ist nicht wirklich ein gedeihliches Klima für Spitzentechnologien im Kommunikationsbereich. Natürlich versteht sich von selber, dass jemand, der etwas kann und auf sich hält, nur in den seltensten Fällen auf Idee kommt, bei BND oder Verfassungsschutz anzuheuern. Wen überrascht es daher, wenn deutsche Sicherheitsorgane selbst zu dusselig sind, der Regierungschefin ein abhörfreies Telefonieren zu ermöglichen? Das hiesige gesellschaftliche Klima verantwortet gleichermaßen Misstrauen des wichtigsten Verbündeten, wie die Unfähigkeit, Überwachung abzuwehren.

Der Normalgeschädigte, der den Autodieb mit der offenen Tür einlud, schämt sich. Deutschland lebt sich erkenntnisresistent in der Peinlichkeit aus, Politik und Medien zerfließen, wie erwähnt, in Vorwürfen und Selbstmitleid. Verständlich, wenn gewisse, nicht immer sympathische, Migrantengruppen den gemeinen Deutschen gern “Du Opfer” schimpfen. Die Telekom erfindet jetzt die E-Mail, die keine außereuropäischen Knoten nutzt, wow, wie gut, dass das Vertrauen in die EU ungebrochen ist. Was Russen und Chinesen hier abhören und vor allem, was die damit machen? Das wollen wir gar nicht wissen.

Wir baden lieber in Lächerlichkeit. Schenkelklopfend wird der lupenreine Demokrat in Moskau den Vorschlag vernommen haben, Rechtshilfe zu leisten und Snowdon als Zeugen zu übergeben. Die Idee kam von niemand anderem als Gregor Gysi, Fraktionschef der umbenannten SED, die sich mit der Stasi zu ihren Herrschaftszeiten den in Relation zur Bevölkerung größten Unterdrückungsapparat aller Zeiten zugelegt hatte und nicht nur abhörte, übrigens auch die Telefone der Bundeskanzler, sondern Biografien vernichtete, einsperrte, folterte und tötete. Wenn selbiger Gysi, der diesen Verein dank der Friedlichkeit der 89er Revolution in Land und Bundestag hinüber rettete, nun zum Helden deutschen Datenschutzes mutiert, müssen den Regierenden schon die Ohren klingen, wie tief wir gesunken sind. Der wird lange geübt haben, seine Forderung mit ernster Miene loswerden zu können.

Nun ist es auch kein Ruhmesblatt für die NSA, Fremdfirmen mit Freaks wie dem Snowden Einblick in so sensible Dinge gegeben zu haben, aber das müssen die Amis unter sich klären. Barack scheint sein Desaster jedenfalls die Laune nicht verdorben zu haben. Er soll sich bei Mutti damit entschuldigt haben, dass er nichts gewusst hätte. Bestimmt wird sich hier jemand finden, der das für eine diplomatische Floskel hält, damit eine Gesichtswahrung möglich bliebe oder der sich über die erneute Lüge echauffiert. Tatsächlich hat Obama nur verächtlich deutlich gemacht, was er von Gründeutschland hält. Nichts nämlich. Wer diesen Schaden hat und so mit ihm umgeht, spottet jeder Beschreibung. Zu Recht.

Vielleicht sollte die neue Regierung darüber nachdenken, was zu tun wäre, wieder unter die Nationen zu gelangen, die man ernst nimmt. Mein Tipp: Egoisolationismus, Weinerlichkeit und Technologiephobie sind eher kontraproduktiv. Verlässlicher gemeinsamer Kampf gegen die Feinde der freien Welt, moderne, funktionierende Schlapphutdienste, freie Forschung und Nutzung der Technologien, statt esoterischer Ängste, könnten eine Idee sein.

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