Wie Berliner Polizei bei Großdemo doch erheblich entlastet werden konnte

Grafik: Thomas Böhm
Grafik: Thomas Böhm

Zorn der Ge-Rechte (2) – Neue Serie auf YouWatch

Eine Sonntagsgeschichte von Thomas Böhm*)

Jeder politische Widerstand braucht eine Tüte Humor und einen unanständigen Helden. Ansonsten macht das alles keine Laune. Beides finden Sie ab heute auf JouWatch. Erfreuen Sie sich jeden Sonntag an den unglaublichen Abenteuern von „Zorn der Ge-Rechte“! Die Vorgeschichte Als Zacharias Zorn zwei Jahre alt war, fiel er beim Besuch eines Atomkraftwerks mit seinem angetrunkenen Vater an der Hand in eines dieser furchterregenden Auffangbecken. Der Vater blieb zwischen den Brennstäben hängen und verstarb noch an der Unfallstelle. Zacharias überlebte, und war, wie einst Obelix, seitdem auf wundersame Weise mit gewaltigen Kräften ausgestattet. Bereits kurz nach diesem Ereignis verfügte er außerdem über übersinnliche Fähigkeiten, einen IQ von mehr als 200 und eine umwerfende, hypnotische Ausstrahlung, die jeden überzeugen kann. Er wurde innerhalb einer Woche erwachsen, las sämtliche Nachrichten und Bücher der letzten hundert Jahre, wurde wütend und kaufte sich eine Flachzange, um bei den Gutmenschen die gelockerten Schrauben wieder zu befestigen. Sein schnell erworbenes Vermögen gibt Zack Zorn auch heute noch gerne und fast vollständig für Kleidung aus, denn dieses Erfrischungsbad im Atomkraftwerk hatte ihn auch zu einem Verwandlungskünstler geformt. Lesen Sie heute die zweite Folge der neuen JouWatch-Helden-Saga: Wie Berliner Polizei bei einer Großdemo doch erheblich entlasten werden konnte In der Einsatzzentrale des Berliner Polizeipräsidenten am Platz der Luftbrücke war heute früh die Hölle los. Der Boss persönlich glänzte mit Anwesenheit und zupfte nervös an seiner Nase herum. Sie hatten schon die ganze Nacht getagt, waren aber noch zu keinem Ergebnis gekommen. Zu groß schien die Aufgabe zu sein, die an diesem Tag von den Sicherheitskräften zu bewältigen war. „Ist die Verstärkung schon eingetroffen?“, fragt Polizeipräsident Klaus Kandt seinen obersten Einsatzleiter. Nun schon das vierte Mal. „Vor einer Stunde ist die letzte Hundertschaft aus Baden-Württemberg gelandet“, meldete einer aus dem Personalstab. „Damit sind wir jetzt zusammen 21.000 Polizisten, die die Straßen und den Frieden sichern können.“ „Das wird nicht reichen“, jammerte der Polizeipräsident. „Ihr wißt, was heute los sein wird!“. Oh ja, das wußten sie alle, und deshalb schwitzten sie auch bereits unter ihren Schutzwesten. Heute war der „Tag der deutschen Wertarbeit“, und gleich vier mächtige Gruppen hatten Demos angemeldet. Die Rechten wollten unter dem Motto „Nur noch deutsche Wertarbeit“ aufmarschieren. Die Linken hatten reflexartig einen Aufmarsch „Nie mehr deutsche Wertarbeit“ angekündigt, und die Salafisten wollten mit wehenden Gewändern und dem Spruch „Arbeit nix wert, Deutsche auch nicht“ auftrumpfen. Für zusätzliche Brisanz aber sorgte das Thema der vierten demowütigen Gruppe, die sich „schwul-lesbische, zweischwänzige Schuhverkäufer“ nannte: „Mehr Arbeit für die Allerwertesten in Deutschland“. „Gleich vier Demos auf einmal“ stöhnte Kandt. „Dabei hatten wir schon 6789 Demos, und es ist erst ein halbes Jahr rum.“ „Und die sind alle auf Krawall gebürstet“, wußte Einsatzleiter Schmidt und wies mit dem Laserpointer auf drei Fotos, die an die Wand geworfen waren und die jeweiligen Rädelsführer zeigten. Der eine hatte eine Glatze, der Zweite einen Irokesenschnitt, der Dritte hatte sich eine Fokuhila über den Kopf gestülpt und der Vierte einen Bart unter der Nase hängen. „Wir sollten unsere Wasserwerfer zusätzlich mit Shampoo bestücken“, schlug ein anderer Polizist vor. „Von mir aus“, antwortete Kandt, „aber das ändert nicht viel an der Situation. Wir müssen dafür Sorge tragen, daß die Demonstranten sich nicht irgendwo in die Quere kommen. Denn dann ist Randale angesagt. Und ihr wißt, wer darunter am meisten zu leiden hat.“ „Wir sollten genau darauf hinarbeiten. Die sollen sich alle gegenseitig die Fresse polieren. Und ich weiß auch schon wo und wie“, meldete sich ein Polizist aus der zweiten Reihe. Es handelte sich, wie sollte es auch anders sein, um Zacharias Zorn den Ge-Rechten. Er hatte sich mit einer hübschen, frisch gebügelten Polizeiuniform geschmückt. Auf eine Schutzweste konnte er verzichten, so etwas brauchte er nicht. „Wie darf ich Sie verstehen?“, fragte Kandt nach. „Wenn ich bitte vortreten darf, dann werde ich Ihnen allen meine Strategie erläutern“, antwortete Zack. Er durfte und trat vor das Rednerpult. „Sie kennen ja alle den römischen Begriff ,teile und herrsche‘. Genau nach diesem Prinzip sollten wir auch vorgehen. Wir müssen dafür sorgen, daß die Demonstranten sich austoben können, ohne daß jemand oder etwas zu Schaden kommt. Schließlich kann es nicht sein, daß der Steuerzahler, daß Geschäftsleute oder Pkw-Besitzer für die Tobsuchtsanfälle von durchgeknallten Minderheiten aufkommen muß. Also habe ich mit der Verkehrsleitzentrale vier Demorouten ausgearbeitet, die alle zum Tempelhofer Feld führen. Die Demonstranten werden durch die vier Eingänge ins Innere getrieben, und dort treffen sie aufeinander und können ihr politisches Anliegen mit aller Deutlichkeit den jeweils anderen vortragen.“ „Aber dort findet heute Nachmittag doch im Rahmen des „Europäischen Kulturangleichung“ ein Stierkampf statt“, warf ein weiterer Polizist ein. „Genau das ist doch der springende Punkt. Die Arena ist schon aufgebaut, die Ehrentribüne errichtet, die Eintrittspreise sind festgelegt und fast alle Karten verkauft. Wir werden ein Spektakel erleben, unseren Spaß haben – eben wie im alten Rom. Nur, daß keiner verletzt wird.“ „Auch nicht die Demonstranten?“, wollte noch ein anderer Einsatzleiter wissen. „Keine Panik“, lachte Zack. „Ich habe dafür gesorgt, daß sie sich alle austoben können, ohne daß sie sich auf Kosten der anderen Beitragszahler in Krankenhäusern wieder zusammenflicken lassen müssen.“ „Und was machen wir mit den armen Stieren, die jetzt schon im ehemaligen Hangar vor sich hin brüllen“, fragte noch ein neugieriger, anscheinend tierfreundlicher Ordnungshüter. „Die werden gut versorgt, die treiben wir – wie unsere Freunde in Pamplona – durch die Straßen von Kreuzberg. Dort gibt es genügend Hornochsen und blöde Kühe. Denkt doch nur mal an Christian Ströbele und Monika Herrmann“, sagte Zack. „Hauptsache, die Bullen bleiben verschont“, gab Kandt zum Schluss noch zum Besten. Allgemeines Gelächter und damit war auch diese Sache geklärt. Anschließend erklärte Zack Zorn den Anwesenden noch die letzten Details seines Planes, und alle konnten zufrieden, ja sogar fröhlich die Zentrale verlassen und die Einsätze vorbereiten. Am frühen Nachmittag war es dann soweit. Die üblichen Verdächtigen hatten sich mit ihren gesinnungstypischen Trachten geschmückt, brüllten, grölten und wackelten mit riesigen Plakaten herum und hofften nun inständig, daßs irgendeiner unter ihnen etwas in Brand stecken oder mit irgendwelchen zufällig herumliegenden Gegenständen werfen konnte. So mit sich selbst und den vermeintlichen Gegnern beschäftigt, bekamen sie überhaupt nicht mit, wie sie von Polizeieskorten begleitet auf das Tempelhofer Feld getrieben wurden. Natürlich half auch Zorn ein wenig nach, in dem er sich immer wieder, gut verkleidet, an die Spitze der Umzüge setzte und die Richtung vorgab. Unter dem Jubel der Massen auf den Rängen trafen dann die Linken, Rechten, Salafisten und die schwul-lesbischen, zweischwänzigen Schuhverkäufer in der Arena aufeinander. An den Eingängen hatte jeder Demonstrationsteilnehmer die entsprechenden Waffen zugesteckt bekommen. Die schwul-lesbischen, zweischwänzigen Schuhverkäufer waren nun mit lila Wattebäuschen bestückt, die Linken hatten Pflastersteine von „Haribo“ erhalten, die Salafisten waren mit Papierschwalben, die aus den Seiten irgendeiner wichtigen Schrift gebastelt worden waren, ausgestattet und die Rechten hatten Lakritz-Bonbons in den Händen, die ein wenig so aussahen wie Kreuze und Haken. Noch wurden die Gladiatoren von den Ordnungshütern in ihre Schranken gewiesen, aber sie waren heiß auf den Kampf, kratzten nervös mit den Hufen über den Boden, das spürte man bis in die letzte Zuschauerreihe. Natürlich hatten die sich gewundert, daß hier jetzt keine Toreros auf die Hörner genommen wurden. Aber Kriege sind Kriege, Schlachten sind Schlachten, Opfer sind Opfer und Spiele sind Spiele. Die Rindviecher hatte man rechtzeitig aus ihren Ställen direkt nach Kreuzberg getrieben, wo sie sich mittlerweile unter das Völkchen gemischt hatten und sich auf irgendeinem Multikulti-Fest königlich amüsierten. Zack Zorn war derweil in die Rolle des Stadionsprechers geschlüpft und hielt eine kurze, aber flammende Rede: „Wie wir alle wissen, ist das Demonstrationsrecht ein Grundrecht, daß bei uns in Deutschland in Artikel 8 des Grundgesetzes festgeschrieben wurde. Wie wir aber auch wissen, gibt es bei Demos unter freiem Himmel eine Einschränkung, nämlich dann wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet ist. Das aber ließ bis jetzt einen großen Interpretationsspielraum. Doch damit ist nun Schluß. Diese Veranstaltung heute dient allen. Die Demonstranten können sich austoben, die öffentliche Sicherheit ist nicht gefährdet, schließlich handelt es sich hier um eine geschlossene Veranstaltung, die Polizei wird ebenfalls nicht länger belästigt, und das Publikum hat endlich Grund zum Jubeln. Ich bitte nun Kaiserin Angela, die Spiele zu eröffnen.“ Die Genannte, die in der Mitte der Ehrenloge auf einem weinrot weich gepolsterten Thron thronte, winkte kurz in die Menge, Fanfaren ertönten und Zorn, der sich ganz schnell als Schiedsrichter angezogen hatte, konnte nun die Trillerpfeife betätigen und den Beteiligten in den Arsch treten. Und es ging gleich mächtig zur Sache. Schwer zu unterscheiden, wer hier die Guten und wer die Bösen waren. Die Salafisten knöpften sich zuerst die schwul-lesbischen, zweischwänzigen Schuhverkäufer vor, versohlten ihnen den Hintern, bis diese jammernd und wehklagend fluchtartig die Arena verließen. Die Linken hatten leichtes Spiel mit den Rechten, wohl auch, weil das Verhältnis von 1000:10 gewisse strategische Vorteile in der direkten Auseinandersetzung mit sich brachte, und stopften den Bösen mit ihren Lakritz-Bonbons die Schandmäuler. Nachdem die ungläubig staunenden Linken von den Salafisten dann aber ebenfalls vermöbelt worden waren, knieten die Sieger alle gemeinsam und in einer Reihe nieder und beteten gen Mekka – sehr zu Freude der eingeladenen Vertreter diverser Islam-Verbände. Daumen rauf, oder Daumen runter. Kaiserin Angela sollte nun entscheiden, was mit den Salafisten geschehen sollte. Da die nächste Bundestagswahl allerdings erst in drei Jahren stattfinden sollte, wurden die Entscheidung vertagt und die Salafisten wieder frei gelassen. Zack war dennoch zufrieden, hatte er den Polizeipräsidenten doch überreden können, die Arena stehen zu lassen. Schließlich hatten die Lesben, Flughafengegner, Abtreibungsgegner und die Freunde des antiimperialistischen Montags für morgen wieder Demonstrationen angemeldet. Dieses war der zweite Streich, doch der nächste folgt sogleich – am nächsten Sonntag. (*) Thomas Böhm ist Chefredakteur des Mediendienstes „Jornalistenwatch“ und häufiger Kolumnist auf conservo; Zeichnung: Stefan Klinkigt)

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