Merkels Medien

(www.conservo.wordpress.com)

Von Thomas Böhm *)

Thomas Böhm
Thomas Böhm

Gebetsmühlenartig betonen die Mainstream-Medien immer wieder ihre Unabhängigkeit gegenüber der Führung. Das müssen sie, ansonsten würden sie sich überflüssig machen. Denn wer braucht schon so viele unterschiedliche Ausgaben einer Regierungserklärung. Aber natürlich ist das, wie fast alles, was in den Zeitungen und Zeitschriften steht, eine echte Zeitungsente.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Rede von Heiko Maas, die er am 21. September dieses Jahres beim „Zeitungskongress 2015“ des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) in Regensburg hielt. Sie zeigt uns, wie gleichgeschaltet und systemtreu die Branche mittlerweile arbeitet:

Maas sagte Folgendes:

„Ich möchte noch eine andere Entwicklung ansprechen, die den Journalismus betrifft, und die nicht zuletzt für einen Politiker wie mich relevant ist. Ich meine den Trend der Verlage, Zentralredaktionen zu gründen oder – wie man bei Madsack sagt – ein Redaktionsnetzwerk. Darüber wird ja jetzt ganz unterschiedlich diskutiert. Nun fürchten einige um einen Verlust an Vielfalt, wenn die Einzeltitel einer Mediengruppe nicht mehr separate Hauptstadt-Korrespondenten haben. Aber ich würde das gar nicht so negativ sehen, zumindest dann nicht, wenn Zentralredaktionen nicht nur ein Vorwand sind, um Kosten zu sparen und Personal abzubauen. Sie können nämlich dazu dienen, die politische Berichterstattung mit vereinten Kräften viel schlagkräftiger zu machen. Außerdem steigt dann natürlich auch die Reichweite der Berichterstattung. Vereint steigen die Regionalblätter damit in die Bundesliga von Süddeutscher und FAZ auf. Dass die Bundeskanzlerin eines ihrer wenigen Interviews gerade der neuen Funke-Zentralredaktion gegeben hat, war ja kein Akt der Barmherzigkeit. Als Politiker überlege ich mir sehr genau, wem ich wann ein Interview gebe, und die Reichweite ist dabei natürlich ein wichtiges Kriterium. Durch Zentralredaktionen wird der Chor zwar weniger vielstimmig, aber er gewinnt an Lautstärke, und das ist für die Bedeutung der Zeitungen nicht zu unterschätzen.“ (Die Ganze Rede hier: http://www.bdzv.de/veranstaltungen/alle-termine-archiv/veranstaltungsarchiv/2015/zeitungskongress2015/reden-vortraege/rede-langtext-heiko-maas/)

Soweit sind wir also schon, dass sich eine Kanzlerin die Journalisten aussucht, denen sie Rede und Antwort stehen will. Ein Schelm, der dabei denkt, dass da nur die ihr „Wohlgesonnenen“, also die „Unterwürfigen“ an ihrer Tür kratzen dürfen…

Während sich Madsack, die Funke-Mediengruppe und die DuMont Schauberg Mediengruppe natürlich hocherfreut über einen derartigen Ritterschlag zeigen (http://www.de.storyclash.com/Madsack-Funke-DuMont-Zentralredaktionen-als-Game-Changer-der regionalverlage-5484087),bringt es die Deutsche Journalisten-Union auf den Punkt: „Die dju empfindet die Aussage des Bundesjustizministers daher als Schlag ins Gesicht zahlloser Kollegen in ganz Deutschland, die beim Menschenschach in Redaktionsnetzwerken gelandet seien, wo sie oft bei deutlich schlechteren Konditionen deutlich mehr arbeiten müssten. „Wo das eine Chance sein soll, muss Maas uns erklären“, so Büschking. Politik habe die Pflicht, mit dagegen zu kämpfen, Journalismus durch die Hintertür gleichzuschalten. (http://www.stadtreporter.de/hannover/news/wirtschaft/chance-fuer-medien-und-politik-dju-versteht-maas-aeusserung-nicht)

Bezeichnenderweise hat sich der große Deutsche Journalisten Verband (djv) zu diesem Skandal nicht wirklich geäußert – er hat gerade andere Sorgen und kommt – wohl auch aus ideologischen Gründen – seiner Pflicht nicht mehr nach.

Was ist nur beim Deutschen Journalisten-Verband los? Erneut wird der Verband, der eigentlich Medienmacher repräsentieren und sich für sie einsetzen soll, von einem Stasi-Skandal erschüttert. Nach den Enthüllungen um Bernd Lammel, Vorsitzender vom DJV Berlin, den die Stasi als „IM Michael“ führte (laut Unterlagen der Jahn-Behörde spionierte „IM Michael“ den britischen Botschafter, Journalisten und Künstler, Fotokonzerne und den Ullstein-Bilderdienst aus), trifft es jetzt den DJV Berlin-Brandenburg: Bernd Martin, der dort stellvertretender Vorsitzender ist, wurde von der Stasi als „IM Rene“ geführt. Das meldet „Bild“. Im Gegensatz zu Bernd Lammel erklärte Bernd Martin seinen Rücktritt – der „Bild“ gegenüber am Telefon… (https://kress.de/tagesdienst/detail/beitrag/133085-deutscher-journalisten-verband-erneut-unter-druck-noch-ein-stasi-skandal-vize-vorsitzender-tritt-zurueck.html).

Wie eng die Verbindung zwischen der mächtigen Kanzlerin und den mächtigen Medien ist, erfährt man in einem schon etwas älteren Beitrag des „Handelsblatt“:

Die Medien. Grundsätzlich kann Angela Merkel auf ihr Wohlwollen zählen. Friede Springer, graue Eminenz des Axel Springer Verlags, Liz Mohn, Matriarchin bei Bertelsmann, Patricia Riekel, Chefredakteurin der „Bunte“, und Sabine Christiansen, Vorsitzende des Fernsehparlaments, gehören seit Jahren zu ihrem Förderkreis. Liz Mohn projiziert und publiziert ihren eigenen Erfolg auf das gewachsene Format von Angela Merkel; Patricia Riekel hält ihre Redakteure gerne an, keinen Politiker ohne Frage nach den Vorzügen der CDU-Chefin zu entlassen; Sabine Christiansen ist Merkel von Frau zu Frau gesonnen und bei fast jeder Party ihr erstes Anlaufziel… (http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/portraet-lauf-maedchen-lauf-seite-5/2511074-5.html)

Im Zuge der Flüchtlingskrise hat Frau Merkel die Zügel nun ein wenig enger gezogen. Dazu wird auf der Seite „Christeninverantwortung“ die Journalistin Monika Bittl zitiert:

„Sie wundern sich – besonders derzeit – über die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender? Ich wundere mich nicht mehr, seitdem ich erfahren habe, dass Angela Merkel vergangenen Mittwoch, 30. September 2015, ALLE Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender zu sich bestellte. Über was die wohl gesprochen haben? Bestimmt nur über den Wetterbericht!…“ (https://christeninverantwortung.wordpress.com/2015/10/05/merkel-laesst-alle-intendanten-antreten/)

Müssen wir uns da noch wundern, dass wir Tag für Tag mit Jubelbeiträgen, Jubel-Talkrunden und Jubel-Kommentaren zum Thema „Flüchtlinge“ berieselt werden? Merkel hat mittlerweile die wichtigsten, weil weitverbreitetsten Printmedien und sämtliche Staatssender unter ihrer Knute und der klägliche Rest ist ihr von einigen Ausnahmen abgesehen, ideologisch treu. Und wohin die Reise geht erfahren wir hier:

„…Angesichts der Auflagenrückgänge fordert Konken (Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes – DJV) auch eine Haushaltsabgabe für Printmedien – ähnlich der für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Michael Konken im Gespräch mit dem Mediendienst kress.de: „Wir werden ein ähnliches Modell wie bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten brauchen. Ich halte es für realistisch, dass eine Haushaltsabgabe für Zeitungen, egal ob sie als Printprodukte oder online erscheinen, eingeführt wird…“ (http://www.mmnews.de/index.php/politik/57002-gez-zeitung)

Spätestens dann, wenn die Leser zwangsverpflichtet werden, für die Sprachrohre der Regierung zu bezahlen, ist das Merkelsche Mediensystem komplett und wer angesichts dieser Fakten noch von unabhängiger Presse, ja Pressefreiheit schwafelt, ist entweder blind und taub oder ein Lügner.

Und wer immer noch glaubt, unsere Journalisten wären frei und unabhängig, sollte sich die ZDF-Sendung „Was nun, Frau Merkel“ anschauen. Hier durfte unsere Kanzlerin mal wieder ungehindert ihre Propaganda durchziehen – ohne scharfe Zwischenfragen, ohne Nachhaken. Journalismus als Erfüllungsgehilfe des politischen Irrsinns! (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2601174/#/beitrag/video/2601174/Was-nun%252C-Frau-Merkel%253F)

*) Der Berufsjournalist Thomas Böhm ist Chefredakteur des Mediendienstes „Journalistenwatch“ und ständiger Kolumnist bei conservo

http://www.conservo.wordpress.com

15.11.2015

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