Karlsruher Hochschule für Gestaltung gegen AfD-Mitglied Jongen? NEIN!

Von Peter Helmes

Vorsicht vor Vorurteilen!

Hört man „Kunst“, „Gestaltung“ oder „Hochschule für…“, neigt man auf unserer Seite (der Konservativen) leicht dazu, den Deckel zuzuschlagen und zu sagen: „Ach Gott, Kunst ist links. Die sind alle gegen uns. Der Intellektuelle steht links!“

Das Klischee hat viele berechtigte Wurzeln. Aber es gibt Ausnahmen. Hier ist eine Löbliche! An der Karlsruher Hochschule für Gestaltung arbeitet u. a. auch Marc Jongen, ein profilierter Wissenschaftler – und ein exponierter. Aber auch ein umstrittener – wenn man dem Zeitgeist folgt. Jongen ist, man glaubt es kaum, führendes AfD-Mitglied.

Marc Jongen lehrt Philosophie an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung (HfG) Karlsruhe und ist schon seit langem Programmkoordinator der Alternative für Deutschland (AfD) in Baden-Württemberg. In einem offenem Brief fordern Autoren der Schriftenreihe “HfG Forschung” nun das Rektorat auf, zu den Positionen Jongens Stellung zu beziehen.

Marc Jongen
Marc Jongen

Universitäten – gerade Kunsthochschulen – sind ein Milieu, das traditionell eher als links gilt. Umso mehr überrascht es, daß ein Papier der AfD von Marc Jongen mitverfaßt wurde. Thema: die sogenannte “Gender-Ideologie.” Jongen ist akademischer Mitarbeiter für Ästhetik und Philosophie an der HfG in Karlsruhe. Davor war er Assistent von Peter Sloterdijk, bei dem er auch promoviert hat.

Nun fragt der Kunstkritiker Hanno Rauterberg letzte Woche in der “Zeit”, wie eine Hochschule mit AfD-Mitgliedern umgehen soll. Denn als Hochschuldozent sorge Jongen für eine Nobilitierung rechter Positionen. Jongen schreibt in einem Essay in “Cicero”, die Reaktion auf den “Amoklauf der Moderne” sei es, “zuweilen auch reaktionär” zu sein. Seinen Aufsatz nennt er ein Manifest.

„Akademisches Feigenblatt für Rechtsradikale“

Auch wenn Jongen bestreitet, daß sein politisches Engagement irgendwelche Auswirkungen auf seine Lehrtätigkeit an der Hochschule hat, sind seine Kollegen besorgt. Beispielsweise Beat Wyss, Professor für Kunstgeschichte an der HfG und Monopol-Autor, sagt in der “Zeit” deutlich, Jongen mache politische Werbung für eine Splitterpartei mit Verbindungen in die Neonazi-Szene, und sei damit ein “akademisches Feigenblatt” für Rechtsradikale.

Das Rektorat der Hochschule hat sich bisher nicht von Jongen distanziert, aber einige Autoren der Schriftenreihe “HfG Forschung” haben einen offenen Brief an die Hochschulöffentlichkeit und das Rektorat verfasst. Darunter der Autor und Professor an der HfBK Hamburg Friedrich von Borries und weitere Lehrende aus Hamburg, Dresden, Berlin und München.

Das konnte ja nicht lange gutgehen. Und schon sammeln sich die Zeitgeistigen zum allgemeinen Niedermachen der Person Jongen. „AfD an der Hochschule? Geht gar nicht!, lautet die Parole – und schon werden die Geschütze aufgefahren. Da haben wir z. B. den:

Offenen Brief einiger Wissenschaftler an die Karlsruher Hochschule für Gestaltung

Darin heißt es:

„Freitag, den 4. Dezember 2015

GEGEN DIE SALONFÄHIGKEIT NEUER RECHTER

AN DER HOCHSCHULE FÜR GESTALTUNG KARLSRUHE (HfG)

EIN ÖFFENTLICHER BRIEF,

(unterzeichnet von AutorInnen der Buchreihe “HfG Forschung”), adressiert an die Hochschulöffentlichkeit der HfG Karlsruhe, das Rektorat der HfG Karlsruhe, und den Wissenschaftlichen Beirat der Schriftenreihe “HfG Forschung”:

„Sehr gerne waren wir bislang AutorInnen in der Schriftenreihe “HfG Forschung.” Dies geschah im Vertrauen auf die Integrität der Institution HfG Karlsruhe. Doch dieses Vertrauen ist erschüttert, da sich der Herausgeber dieser Schriftenreihe, Dr. Marc Jongen, als Stellvertretender Sprecher und Programmkoordinator der AfD Baden-Württemberg und Mitglied der AfD-Bundesprogrammkommission entpuppte – und als solcher reaktionäre, fremden- und frauenfeindliche Positionen mit vertritt.

Gerade von der HfG Karlsruhe, die als inoffizielle Erbin der weltberühmten und politisch progressiven HfG Ulm gilt, erwarten wir, dass sie die Neue Rechte nicht salonfähig macht. Wir fordern deshalb die Hochschulöffentlichkeit der HfG Karlsruhe, das Rektorat dieser Hochschule und den Wissenschaftlichen Beirat eindringlich auf, Dr. Marc Jongen als Herausgeber der Schriftenreihe “HfG Forschung” abzulösen.“

Die UnterzeichnerInnen: Prof. Ruedi Baur (Haute école d’art et de design, Genf), Prof. Dr. Friedrich von Borries (Hochschule für Bildende Künste Hamburg), Prof. Dr. Alexander Gutzmer (Architekturmagazin Baumeister; Quadriga University Berlin), Prof. Dr. Anke Haarmann (Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg), Prof. Dr. Lars Koch (Technische Universität Dresden), Prof. Dr. Cornelia Ortlieb (Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg), Prof. Dr. Michaela Ott (Hochschule für Bildende Künste Hamburg)

Prof. Dr. Stephan Trüby (Technische Universität München), Prof. Dr. Kathrin Wildner (HafenCity Universität Hamburg).

Das einzige Politikum dieser Stellungnahme ist, daß es im Jahre 2015 anscheinend nötig ist, als Rektorat einem Mitarbeiter blanke Selbstverständlichkeiten bürgerlicher Freiheit zu bescheinigen.

Nun hat die Lehranstalt eine Stellungnahme dazu veröffentlicht. Die Stellungnahme der Hochschule zu Kritik an Jongens Engagement und Schriften wurde bereits am 19. November veröffentlicht, war allerdings nur institutionsintern verfügbar. Hier der Text:

Liebe Hochschulgemeinde,

in den letzten Tagen erreichen uns, d. h. das Rektorat der Staatlichen Hochschule für Gestaltung, zunehmend E-Mails, in denen wir aufgefordert werden, zu den politischen Aktivitäten eines unserer Mitglieder Stellung zu nehmen. Hiermit beziehen wir gegenüber der Hochschulöffentlichkeit Stellung:

  1. Die Tatsache, dass ein Mitarbeiter unseres Hauses Mitglied der Partei AfD ist, ist dem Rektorat bekannt.
  2. Bei der AfD handelt es sich um eine als verfassungskonform eingestufte Partei.
  3. Die Mitgliedschaft in einer politischen und verfassungskonformen Partei ist eine Privatangelegenheit.
  4. Eine solche Mitgliedschaft stellt, solange die politische Tätigkeit des Mitglieds dessen hochschulspezifische Arbeit nicht tangiert, keinen Anlass, dieses Mitglied der Hochschule zu rügen.
  5. Die im Zusammenhang mit dieser Mitgliedschaft wiedergebenen Interviewpassagen sind durch die im Grundgesetz geschützte Meinungsfreiheit gedeckt. Sie sind in keiner Weise justiziabel. Die Ausübung der Meinungsfreiheit, also das Wahrnehmen eines durch das Grundgesetz zugesicherten Rechts, gibt keinerlei Anlass, den dieses Recht Ausübenden zu rügen.

Unabhängig von dieser, sich ausschließlich aus dem juristischen Status der Institution Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe ergebenden Position, bekennt sich das Rektorat uneingeschränkt zur Initiative der Hochschulrektorenkonferenz Weltoffene Hochschulen — gegen Fremdenfeindlichkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Das Rektorat

Man liest es und ist verblüfft. Ausgerechnet in der Umgebung von Kunst ein Zeichen von Toleranz? Man glaubt es kaum – und hofft, daß dies ein positives Beispiel gibt.

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10.12.2015

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