SWR fährt sich eine Beschwerde ein!

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Fernsehduelle zu den Landtagswahlen – Beschwerde gegen den Intendanten des SWR

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Südwestrundfunk ist in den vergangenen Wochen in erhebliche Kritik geraten, weil er sich im Vorfeld der Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auf eine „Geisterbahnfahrt“ eingelassen hat (KONTEXT Wochenzeitung, 27.01.2016), die nicht einmal der Chefredakteur des SWR dementiert.

Wesentliche Verantwortung trägt hierfür nach § 25 Abs. 1 SWR-Staatsvertrag alleinig der jeweilige Intendant. Peter Boudgoust ist im oben genannten Zusammenhang durch mehrere Aussagen und Entscheidungen in den letzten Tagen kritisch aufgefallen, die rechtfertigen, eine Beschwerde gegen ihn vorzubringen, was durch dieses Schreiben geschieht.

Ich begründe wie folgt:

a. Aussage des Intendanten vom 21. Januar 2016: „Allein der SWR entscheidet über seine Inhalte und Angebote“. Diese Formulierung ist zunächst zu bemängeln. Nicht der SWR entscheidet, sondern der Staatsvertrag, die kontrollierenden Gremien und das Grundgesetz. Auch als selbstverwaltende Institution ist der Südwestrundfunk in seinen Entscheidungen gebunden. Gerade das „Hin und Her“ der vergangenen Wochen zeigt, dass der SWR nicht nur nicht alleine entschieden, sondern darüber hinaus Grundlagen der oben genannten Vorgaben und Kontrollinstanzen gebeugt hat.

Die dargelegte Aussage vom 21. Januar 2016 steht überdies in deutlichem Widerspruch zu Ausführungen des Intendanten am 19. Januar 2016 in Stuttgart, wonach es nach Weigerung von SPD und Grünen „keine Alternative gegeben“ habe, „als dem Wunsch [dieser Parteien] nachzukommen“. Insofern gestand Boudgoust eine Einflussnahme in die Entscheidungshoheit des SWR ein, die er zwei Tage später dementierte. Durch das Eingeständnis kommt eine Verletzung der Präambel des SWR-Staatsvertrages, die eine Staatsferne des Rundfunks verlangt, ebenso wie des Artikels 5 Abs. 1 GG in Betracht.

Daneben ist gleichsam die Feststellung, wonach keine Alternative bestanden habe, zu bezweifeln. So hat auch der erfahrene Chefredakteur außer Dienst, Nikolaus Brender, gefordert, die Diskussionsrunde(n) abzusagen, wie im Interview mit der „Berliner Zeitung“ am 21. Januar 2016 zu lesen ist. „Leere Stühle“ wären eine „Farce“ gewesen, wie es aus dem SWR zu vernehmen war. Viel schlimmer ist aber ein unzuverlässiger öffentlich-rechtlicher Sender: Zur Einhaltung seines Auftrages gehören journalistische Grundsätze, die im Zweifel auch Konsequenz einfordern.

Der Informationsauftrag nach § 3 Abs. 1 SWR-Staatsvertrag wäre auch anderweitig zu erfüllen gewesen, die Meinungsbildung (§ 3 Abs. 1 SWR-Staatsvertrag) kann durch andere Formate als die angedachten erbracht werden. Dies zeigt die aktuelle Entscheidung des SWR vom 19.01.2016, die zumindest für Baden-Württemberg weiterhin beständig ist, wonach zur Diskussionsrunde andere Interviewformen beigefügt werden, beispielhaft auf.

b. Aussage des Intendanten am 19. Januar 2016 in Stuttgart: „Wir machen es so, weil wir uns an zwei Grundsätzen zu orientieren haben – dem gesetzlichen Informationsauftrag und der Verpflichtung zur Chancengleichheit“. Diese Ausführung ist sachlich unzureichend.

Ein wesentlicher Grundsatz des SWR ist nicht nur die Einhaltung der Chancengleichheit der Parteien (Art. 21 GG i.V.m. Art. 38 GG, Art. 3 GG), sondern insbesondere der Schutz der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) sowie der demokratischen Bedürfnisse der Bevölkerung und die Erfüllung einer entsprechenden Grundordnung (§ 3 Abs. 1 SWR-Staatsvertrag; § 6 Abs. 1 SWR-Staatsvertrag). Diese besagt eine Gleichbehandlung der Parteien generell solange, wie sie durch das Bundesverfassungsgericht nicht endgültig als verfassungswidrig verboten werden.

Somit darf der SWR subjektiven Einschätzungen von politischen Mitbewerbern über Parteien wie der AfD keinerlei Rechnung schenken, denn die „Alternative für Deutschland“ gehört zum demokratischen Spektrum der Parteienlandschaft, ehe keine andere höchstrichterliche Einordnung erfolgt ist. Auch persönliche Einordnungen des Chefredakteurs des SWR in der „KONTEXT Wochenzeitung“ vom 27.01.2016 über die AfD sind als Bemessungsgrundlage vollends belanglos, entbehren sie doch einer Objektivität.

Das Eingehen auf die Forderung anderer Parteien, die AfD von der „Elefantenrunde“ auszuschließen, war somit auch über den Grundsatz der Chancengleichheit hinweg als illegitim zu bewerten.

c. Die am 27.01.2016 in einer Stellungnahme des SWR vorgebrachte „abgestufte Chancengleichheit“ als Grundsatz des Journalismus wird durch oben genannte Gleichbehandlung nach Art. 21 GG beschränkt.

Verständlicherweise müssen Medien Abwägungen treffen, weshalb die Abstufung der Chancengleichheit in der Wertung der unterschiedlichen Bedeutung der politischen Parteien zwar berücksichtigt werden kann und nun offenbar in Baden-Württemberg dadurch zum Tragen kommt, dass Parteien außerhalb des Parlaments, die Chancen auf den Einzug in den Landtag haben, in Einzelinterviews im Anschluss an die „Elefantenrunde“ Stellung nehmen können. Sie ist allerdings nur dann legitim, wenn sie auch vergleichbar anzuwenden vermocht wird.

Dies geschieht aber aktuell nicht, da der Südwestrundfunk in zwei unterschiedlichen Bundesländern trotz derselben geltenden verfassungsrechtlichen und Grundsätze des SWR-Staatsvertrages für das gesamte Sendegebiet verschiedene Praktiken nutzt: Während in Rheinland-Pfalz Parteien mit Chancen auf Wahl in den Landtag in die Diskussionsrunde einbezogen werden, bleiben sie in Baden-Württemberg davon ausgegrenzt.

Auch wenn der Intendant dafür die Parteien verantwortlich macht (der politische Diskurs scheitere nicht am SWR, so Peter Boudgoust am 21. Januar 2016 in einer Stellungnahme), wiegen die bereits erläuterten Vorgaben aus dem SWR-Staatsvertrag höher als jedwede Art der Schulzuweisung, woraus sich eine Pflicht des Südwestrundfunks ableitet, im Zweifel auch schmerzlich, aber schlussfolgernd stringent Geplantes und Wertgeschätztes im vorgesehenen Fernsehprogramm zu entbehren und Ersatz zu suchen. Denn zweierlei Maß ist als in jedem Falle als unzulässig zu rügen.

Insgesamt muss dem SWR ein miserables Vorgehen in der Vorbereitung der Berichterstattung zu den Landtagswahlen 2016 bescheinigt werden. Bereits in 2015 wurde über diese intern befunden, wie das Haus selbst mitteilte. Schon damals wäre es notwendig gewesen, aufkommende Konflikte richtig einzuordnen und frühzeitige Lösungen zu finden. Die Herausforderungen waren bereits damals eindeutig absehbar, das Eruieren verschiedenster Modelle, wie damit umgegangen werden kann, blieb offenbar aus. Präventiv hätten Szenarien aufgestellt werden müssen, die verhinderten, dass es nun zu einem solch desaströsen Schauspiel in der breiten Öffentlichkeit gekommen ist, welches dem Südwestrundfunk nachhaltigen Schaden zufügt.

Die Verantwortlichen sollten sich ihres mangelhaften Managements bewusst werden, personelle und strukturelle Lehren eingeschlossen.

Unabhängig davon wird die angesprochene Beschwerde gegen den Intendanten hiermit zur Behandlung in den Rundfunkrat in seiner überwachenden Aufgabe nach § 15 Abs. 2 SWR-Staatsvertrag eingebracht. Sollte dieses Gremium die Angelegenheit nicht in der eigenen Zuständigkeit verorten, wird gebeten, dieses Schreiben an die richtige Stelle weiterzuleiten. Die Eingabe versteht sich nach § 11 Abs. 1 SWR-Staatsvertrag sowie im Sinne von Art. 17 GG.

Freundliche Grüße, Dennis R.

(gefunden auf http://journalistenwatch.com/cms/swr-faengt-sich-eine-beschwerde-ein/)

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29.01.2016

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