Geistesarmut, das Arsenal der Mainstream-Medien: Schimpfe, Hohn, Warnungen – aber keine Sachargumente zur Bundespräsidentenwahl in Österreich

(www.conservo.wordpress.com)

Von Peter Helmes

Pressereaktion auf Wahl Hofers in Österreich: ein Armutszeugnis                    Oh ha, man sieht förmlich, wie den Zeitgeistmedien – bildlich gesprochen – der Mund offenstand, die Augen sich weiteten, die Birnen sich röteten und ein wütendes Zittern einsetzte, als die Nachricht vom Ausgang des ersten Wahlgangs zum Amt des Bundespräsidenten in Österreich eintraf.hofer

Wie hatten sie die Messer gewetzt, um den „Rechtspopulisten“ nieder- und den grünen Gegenkandidaten hochzuschreiben. Da war kein Klischee zu abgeschmackt. Und jetzt? Nicht einmal eine Spur von Ursachensuche!

Nein, diese Medien (Gottseidank nicht alle) verschanzen sich jetzt hinter einem „allgemeinen Rechtsruck“, der den Wählern die Hirne benebelt hätte. Weit gefehlt. Die Wähler haben sehr wohl gewußt, warum sie die „ewigen“ Regierungsparteien ÖVPSPÖ abwatschten – und gaben mit der Wahl Hofers zu verstehen, wer noch das Ohr am Volk hat. Abgehoben, aufgeflogen! Diese Quittung ist eine volle Breitseite gegen die Etablierten.

Hier eine Auswahl von Pressestimmen, in denen es nur so wimmelt von Ausdrücken wie Altnazis, Rechtspopulisten, Vereinfacher, Haudraufs, Gemetzel….

Diese Sprache kommt gewiß bei den „dummen“ Bürgern an! Meinen sie:                               Zum Erfolg des FPÖ-Politikers Hofer in der ersten Runde der österreichischen Präsidentenwahl zunächst ein Auszug aus der LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG: “Es war am Sonntagabend ein Gemetzel, die alten Volksparteien ÖVP und SPÖ wurden pulverisiert. Und das, obwohl sie mit honorigen Kandidaten angetreten sind. Das belegt, dass es den Wählern um mehr als die Frage ging, wer sie in Zukunft repräsentieren soll. Es ging ihnen um eine Abrechnung mit dem politischen System an sich und mit den Regierungsparteien.”

Das HANDELSBLATT sieht es so: „Die politische Kehrtwende der österreichischen Regierung in der Flüchtlingspolitik hat sich nicht ausgezahlt. Den Bau von Grenzzäunen und die Verschärfung des Asylrechts konnte die Große Koalition nicht in Stimmen umwandeln. Am Ende wählen die Bürger eben doch das rechtspopulistische Original und nicht nach rechts gerückte Sozialdemokraten oder Konservative. Das ist die Botschaft aus Wien für Deutschland und Europa…“

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG stellt fest: „Die Altparteien der Zweiten Republik haben ihre Fehler nicht erst in den Wochen vor der Bundespräsidentenwahl gemacht. Seit einem halben Jahrhundert liefern sie sich dem Stimmungswind der FPÖ aus und lassen sich treiben. Die Freiheitlichen, Mitte der Fünfzigerjahre im Kielwasser vieler Altnazis gegründet, wurden nie nur als hinnehmbares Übel toleriert, sondern als ‘Zünglein an der Waage’ hofiert. Jetzt werden sie gefressen von den Vereinfachern und Haudraufs…“

Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle ist besorgt: „Was passiert, wenn Hofer nun tatsächlich Präsident wird, hat der Kandidat kaum verblümt immer wieder ausgesprochen: Er wird und kann die Turbulenzen dazu nutzen, die jetzt in und zwischen den Regierungsparteien ausbrechen werden, die Regierung zu entlassen. Dann wird es aller Voraussicht nach zu Neuwahlen kommen. Wird dann die FPÖ stärkste Partei, wird Hofer deren Vorsitzenden Heinz-Christian Strache zum Kanzler machen. Hält die Panik und Hysterie im Lande an, kann der dann kräftig durchmarschieren…“ (…)                    „Gerade schiebt sich eine neue Mehrheit zusammen. Dass Hofer lächelt und nicht poltert, nicht schimpft, nicht hetzt, macht es nicht besser. Im Gegenteil: Dass einer wie er nicht poltern, schimpfen, hetzen muss, verrät nur, wie nahe die gesellschaftliche Mitte an seine Positionen herangerückt ist…“

In der Zeitung DIE WELT ist zu lesen: „In Deutschland käme es nach einem solchen Triumph für Rechtspopulisten nun zum pathetischen Schulterschluss aller etablierten Parteien. In Österreich wird das nicht passieren. Denn hier ist die FPÖ längst im politischen System etabliert; es gibt nach Jahren mit Haider in der Wiener Bundesregierung keinerlei Berührungstabu mehr. Mit welchem Recht auch könnten Sozialdemokraten oder Christsoziale einen rechtspopulistischen Bundespräsidenten als Weltuntergang darstellen, wo doch die FPÖ in Bundesländern wie dem Burgenland oder Oberösterreich bestens in Koalitionen mit den Regierungsparteien zusammenarbeitet? Obendrein ist nicht zu erwarten, dass ausgerechnet ein Kandidat der grünen ‘Verbotspartei’ massenhaft konservative Wähler gegen Hofer mobilisieren kann…“

Die in Ravensburg erscheinende SCHWÄBISCHE ZEITUNG hält fest: „Der Höhenflug der Rechtspopulisten ist kein österreichischer Sonderweg. Europaweit gewinnen Parteien an Zuspruch, die auf die nationale Karte setzen. Ihnen gemein ist, dass sie Identität schaffen, indem sie sich von anderen abgrenzen: ‘Wir gegen die’. In Polen, wo Rechtspopulisten an die Regierung gewählt wurden, werden Deutsche und Russen zum Gegner erklärt, in Ungarn sind es Liberale und ‘Zigeuner’. Für die FPÖ in Österreich waren es zuletzt vor allem Flüchtlinge und Muslime, früher auch schon mal Juden. Und für sie alle ist die EU ein willkommener Sündenbock…“

Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz schreibt von einem “Armutszeugnis” für die Große Koalition in Wien, die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG sogar von einem “Gemetzel”, bei dem die alten Volksparteien “pulverisiert” worden seien…

Dem MANNHEIMER MORGEN macht das Wahlergebnis nicht nur mit Blick auf Österreich Sorgen:                                                                                                                                   „Die Rechtspopulisten sind inzwischen europaweit auf dem Vormarsch. Es bringt aber nichts, sie und ihre Wähler zu verteufeln. Eine funktionierende Demokratie muss die neue Konkurrenz aushalten.”

Und die HEILBRONNER STIMME nimmt speziell Deutschland in den Blick:                  „Niemand sollte sich mehr einreden, die AfD erledige sich von selbst. Von der Wahl in Österreich können die etablierten Parteien hierzulande lernen, wie man mit Rechtspopulisten nicht umgeht: Sie beschimpfen, verteufeln – und so tun, als seien viele Sorgen, die sie artikulieren, Hirngespinste.“

DER STANDARD aus Wien analysiert, wie es dazu gekommen ist:                                           “Die FPÖ rekrutiert ihre Sympathisanten aus dem Lager des Protests, der Wohlstandsverlierer, aber auch aus dem immer größer werdenden Lager jener, die sich bedroht fühlen, die Angst haben – davor, ihren Job zu verlieren oder keinen zu finden, sich die Wohnung nicht mehr leisten zu können, im Wohlstandswettbewerb nicht mehr mitzukommen. Angst führt zu Neid und auch zu Hass. Da spielt die Flüchtlingsdebatte eine wesentliche Rolle. Die Regierung hat das Thema erst schlecht oder gar nicht kommuniziert, hat dann einen Ton angeschlagen, der einen negativen Grundtenor hat und die Flüchtlinge als Bedrohung und Feindbild darstellt. Das hat der FPÖ in die Hände gespielt. Und wird es weiter tun…“

Die ungarische Zeitung MAGYAR IDÖK verteidigt die Entscheidung vieler Wähler für den Rechtspopulisten Hofer: „Die Österreicher sind nicht von einem Tag auf den anderen zu Fremdenhassern geworden. Sie wollen nur ein verschlissenes politisches System loswerden und jene zwei Parteien verabschieden, die sich in den vergangenen 70 Jahren an der Macht und in den wirtschaftlichen und sozialen Strukturen einbetoniert haben. Diese Parteien pfuschten in der Flüchtlingskrise herum, scheiterten bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise, verdoppelten innerhalb eines Jahres die Arbeitslosigkeit und verstrickten sich in Korruptionsskandale.Die FPÖ verkörpert deshalb einerseits den Protest, andererseits die Erneuerung…“

HOSPODARSKE NOVINY aus Tschechiens Hauptstadt Prag meint, ÖVP und SPÖ müssten aus dem Wahldebakel personelle und ideelle Konsequenzen ziehen: „Tun sie es nicht, werden die Wähler spätestens bei den nächsten Parlamentswahlen mit ihnen abrechnen. Österreich steht kurz davor, den gleichen Weg einzuschlagen wie Ungarn…“

Die dänische Zeitung BERLINGSKE TIDENDE sieht mit Sorge, dass populistische Parteien auch in anderen europäischen Ländern auf dem Vormarsch seien: „Dabei haben sie keine besseren Antworten. Sie nutzen nur die Verunsicherung und die Zukunftsängste der Menschen schamlos aus. Doch wer ihren emotionalen Botschaften lauscht, übersieht die Folgen. Dazu gehört ein Zusammenbruch der demokratischen Institutionen und ein Verlust der Freiheiten, die wir über Jahrzehnte aufgebaut haben. Wer aus Zorn auf die etablierten Parteien die Populisten wählt, riskiert ein Erwachen in einer anderen Wirklichkeit als der, die er sich erhofft hat…“

Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG analysiert die Gründe für den Niedergang der Volksparteien in Europa: „Die Flüchtlingskrise ist nur ein Faktor dieser Entwicklung. Zentral ist der von Globalisierung, technischem Wandel in der Arbeitswelt und dem Bedeutungsverlust konfessioneller Bindungen getriebene Auflösungsprozess sozialer Milieus, aus denen die Volksparteien schöpften. Hinzu kommt das Misstrauen gegenüber den führenden Volksparteien, das nach durchlittener Finanz-, Euro- und Flüchtlingskrise durch Gefühle von Ohnmacht, Enttäuschung und mangelnder Fairness genährt wird. Undemokratisch oder gefährlich ist das per se nicht. Im Gegenteil, eine vielfältigere Parteienlandschaft vermag die heutigen Wählerpräferenzen wohl besser abzubilden. Dass dazu auch eine Minderheit von rechtsnationaler Gesinnung gehört, ist als gesellschaftliches Faktum hinzunehmen…“

Der Zustand Europas war auch Thema der Rede von US-Präsident Obama in Hannover. Für den Kommentator der spanischen Zeitung LA VANGUARDIA hat sie sich angefühlt wie eine “Sitzung beim Therapeuten”: „Obama sprach der in einer Identitätskrise steckenden EU Mut zu. Er tat dies mit einer Wärme, die ungewöhnlich ist in einer Zeit, in der den alten Kontinent beunruhigende Nachrichten erschüttern. Doch seine Worte waren mehr als reine Höflichkeit. Die Welt braucht ein Europa, das nicht ängstlich und überfordert ist, sondern das im Süden des Mittelmeers und im Nahen Osten Impulse setzt”, schreibt LA VANGUARDIA aus Barcelona…“                                                           (Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/aktuelle-presseschau.354.de.html)

Im Hörfunk keine Spur anders! Ganz mies – und typisch, der Deutschlandfunk (DLF): FPÖ-Kandidat Norbert Hofer – Aufsteiger mit vielen Facetten                       „Deutschnationaler Burschenschafter, begeisterter Sportschütze, Vater von vier Kindern: Norbert Hofer, FPÖ-Kandidat für das österreichische Bundespräsidentenamt, hat viele Facetten. Da kann es auch schon einmal vorkommen, dass er mit einer Waffe zum Termin kommt…“ (Von Karla Engelhard)                                                                                                       (Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/fpoe-kandidat-norbert-hofer-aufsteiger-mit-vielen-facetten.1773.de.html?dram:article_id=352438 )

Auf dem gleichen Niveau auch die weiteren Beiträge des DLF:                                              Kommentar

„Ein deutlicher Ruck nach rechts“

Wahl in Österreich

„Der Kandidat Hofer lebt quasi vom Angstphänomen“

Presseecho

 “In Europa dürften die Alarmglocken läuten”

Zitat des Tages

“Das war ein Rechtsruck – und zwar ein gewaltiger!” Der österreichische Schriftsteller Josef Haslinger über den Erfolg der FPÖ bei der Bundespräsidentenwahl.

www.conservo.wordpress.com, 26. April 2016

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