Märchenonkel und Meinungspolizisten

(www.conservo.wordpress.com)
Thomas Böhm
Thomas Böhm

Von Thomas Böhm

Das Ende der „Gegenöffentlichkeit“

Die „Bild“ ist ja bekannt dafür, dass sie immer wieder mal eine Gegendarstellungen und einstweilige Verfügungen kassiert. Jetzt sollen ausgerechnet diese Märchenonkel „Facebook“ nach Falschmeldungen durchstöbern. Natürlich sind die Journalisten mit der langen Nase nicht alleine. Andere Märchenonkel sollen sich noch dazugesellen.

Die „Welt“ schreibt:

Auf der Suche nach Faktencheckern hat das weltgrößte soziale Netzwerk Facebook große deutsche Medien angefragt, ob sie sich vorstellen können, eine Art Partnerschaft einzugehen. Auf Nachfrage der „Welt“ bestätigten bisher ARD, ZDF, „Spiegel Online“ und „Bild“, dass Facebook auf sie zugekommen sei.

Konkrete Zusagen gibt es nicht. Fast unisono heißt es, man wolle sich die Anfrage anschauen und prüfen. Als Kooperationspartner hat Facebook in Deutschland bisher das gemeinnützige Recherchebüro Correctiv gewonnen. Dessen Kapazität ist mit rund zwei Dutzend Mitarbeitern aber überschaubar… (https://www.welt.de/kultur/medien/article161336794/Facebook-moechte-dass-ARD-und-ZDF-seine-News-kontrollieren.html)

„Spiegel Online“ also auch noch, ein Magazin, dass gerade beim NPD-Verbotsverfahren Lügen verbreitet hatte. Dass auch die Propaganda-Sender ARD und ZDF mit denunzieren sollen, lässt die wahren Absichten, die dahinterstecken, erkennen:

Hier soll der Gegenöffentlichkeit der Saft abgedreht werden, es sei denn, dass es langwierige Gerichtsverfahren gibt, die den Wahrheitsgehalt einer Meldung beurteilt, bevor diese als Fake News markiert werden darf.

Hier sollen die Parteien, die im Bundestag vertreten sind, geschützt werden, um die Opposition, die sich gerade neu formiert hat, klein zu halten.

Wohin die Fake News-Kampagne führt, sehen wir anhand eines Videos aus Finnland. Hier werden Kinder aufgefordert, ihre Eltern der „Meinungspolizei“ zu melden, wenn sie mal wieder etwas Falsches behauptet oder einen „bösen“ Kommentar geschrieben haben:

Demnächst bestimmt auch in Deutschland erhältlich!

Angela Merkel kann sich glücklich schätzen. Die DDR ist wiederauferstanden aus Ruinen.

Zum Thema „Wer uns beobachten wird“ schreibt Michael Klein:

Wussten Sie schon, dass auch öffentlich-rechtliche Sender und Mainstream-Medien FakeNews verbreiten? Angesichts der Versuche öffentlich-rechtlicher Medien, von Politikern, Ministerdarstellern und von Organisationen, die am Tropf der entsprechenden Ministerien hängen (und würgen) und mit Steuergeldern am Leben erhalten werden, FakeNews zum Monopol sozialer Netzwerke zu stilisieren, ist es notwendig, diese Frage zu stellen. Zum einen kann man damit prüfen, wie erfolgreich die öffentlich-rechtliche FakeNews Indoktrination ist, zum anderen sehen, wie verschüttet der gesunde Menschenverstand schon ist.

Wer erinnert sich zum Beispiel an die Ukraineberichterstattung der ARD. Die sei zu russlandkritisch haben selbst Mitglieder des ARD-Programmbeirats befunden und eine entsprechende Rüge erteilt. Wenn man sich in Erinnerung ruft, dass Programmbeiräte u.a. mit Gewerkschaftlern, Politikern und Kirchenvertretern bestückt sind, ein ungeheuerlicher Vorgang. Dass beim ZDF schon einmal manipuliert wird, ist auch amtlich und öffentlich gemacht durch den ZDF-Programmbeirat. Kurz: Öffentlich-rechtliche Rundfunksender sind gar nicht die leuchtenden Vorbilder einer intellektuell ungetrübten und interessefreien Berichterstattung.

Weil dem so ist, steht natürlich zu befürchten, dass dann, wenn das immense Wachstum von FakeNews, das von so vielen behaupten und von niemandem belegt wird, tatsächlich in sozialen Netzwerken stattfindet, auch in öffentlich-rechtlichen Medien die falsche, tendenziöse oder hasserfüllte Berichterstattung zunimmt. Schließlich befinden sich die sozialen Netzwerke nicht in einer anderen Gesellschaft als die öffentlich-rechtlichen Medien.

Ein Indikator, anhand dessen man untersuchen könnte, ob die Anzahl von FakeNews, die in öffentlich-rechtlichen Medien verbreitet wird, die Zahl der tendenziösen oder hasserfüllten Berichte zunimmt, wäre z.B. die Entwicklung der Anzahl der Zuschauerbeschwerden gegen das Programm der entsprechenden Rundfunksender.

Seltsamerweise führen ARD und ZDF, die ansonsten jeden Zuschauer akribisch in ihren Mediadaten festhalten, um die Höhe der Werbekosten zu bestimmen, keinerlei Statistik über Zuschauerbeschwerden. Dieselben werden in einer kursorischen Weise berichtet. Die Erstellung des entsprechenden Berichts, der höchst selektiv und ohne jegliche Quantifizierung der Anzahl von Beschwerden ist, hat man Radio Bremen als dem Sender, mit den wenigsten Ressourcen aufgedrückt. Ein Beispiel aus dem Bereich der Transparenzverhinderung.

Beim ZDF sieht es nicht anders aus. Auch hier findet sich keinerlei Statistik, der sich die Anzahl der jährlich beim Sender eingehenden Zuschauerbeschwerden gegen Programminhalte entnehmen lässt.

Bereits 2009 hat Hans-Martin Kepplinger, ein Urgestein der Medienwissenschaft, in einem Beitrag mit dem Titel „Wohlverstandenes Interesse“ und unter der Überschrift „Für mehr Transparenz“ gefordert: „Teil der Jahrbücher [von ARD und ZDF] sollte eine aktuelle Statistik der Programmbeschwerden sein, die geordnet nach Gründen der Beschwerde sowie den Programmen und Sendern, gegen die sie sich gerichtet haben, ausgewiesen werden“ (63).

Wir schreiben das Jahr 2017: Ein entsprechender Nachweis auch nur der Anzahl der Beschwerden, die bei öffentlich-rechtlichen Sendern eingereicht werden, findet nicht statt. Offensichtlich sind ARD und ZDF nicht erpicht darauf, dass das Ausmaß von Kritik und Ärger, das ihre Sendungen hervorrufen, bekannt wird. Lieber deuten sie mit den Fingern auf die sozialen Netzwerke und rufen Hate Speech und FakeNews.

Vielleicht hat diese Verschwiegenheit öffentlich-rechtlicher Sender wenn es um die negative Resonanz auf ihre Programme geht, dazu geführt, dass der Verein „Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V.“ gegründet wurde. Der Zweck des Vereins wird wie folgt angegeben:

„Zweck des Vereins ist die Wahrnehmung und Förderung der demokratischen Mitsprache bei der Umsetzung des gesellschaftlichen Programmauftrages der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten.

Die Ständige Publikumskonferenz hat sich unmittelbar aus der Lanz-Petition heraus etabliert.

Wir verstehen uns als unabhängige basisdemokratische Beschwerde- und Optimierungsinstanz, die aktiv an der Verbesserung des von den BeitragszahlerInnen finanzierten Angebotes der Öffentlich-Rechtlichen mitwirken wird.“

Tatsächlich ist es möglich, sich einen Eindruck darüber, wie unzufrieden die Zuschauer in ihrer öffentlich-rechtlichen, ersten Reihe sind, zu machen, indem man durch das Forum liest, in dem die Programmbeschwerden, die beim Verein gegen die Sendungen in ARD oder ZDF eingereicht werden, veröffentlicht sind.

Auch Tageszeitungen und Printmedien sind nicht die leuchtenden Verbreiter von realen News, nicht die Orte, an denen fern jeder Hate Speech die Wahrheit, nichts als die Wahrheit und nur die Wahrheit berichtet wird. Die Statistiken des Presserates dokumentieren dies eindrücklich, und sie dokumentieren, dass die Unzufriedenheit mit der Berichterstattung in Tagesszeitungen und anderen Printmedien kontinuierlich steigt. Waren es 2009 noch 1268 Beschwerden, die beim Deutschen Presserat eingingen, so beträgt deren Anzahl 2015 bereits 2358, ein Zuwachs von 86%. (presserat-beschwerden-im-zeitverlauf)

Legte man an die entsprechenden Medien dieselben Kriterien an, die diejenigen, die gegen FakeNews zu Felde ziehen, anlegen, man müsste konstatieren, dass FakeNews in den Tageszeitungen und Printmedien auf dem Vormarsch sind und zu einem immer größeren Problem werden, dessen man nur dadurch Herr werden kann, dass man die entsprechenden Tageszeitungen und Printmedien zwingt, innerhalb von maximal einem Tag und auf der ersten Seite eine Gegendarstellung zu drucken.

Die verfügbaren Daten machen deutlich, dass FakeNews, so sie denn ein Problem darstellen, mit Sicherheit kein Problem darstellen, das auf soziale Netzwerke beschränkt ist. Auf Grundlage der Daten, die wir zusammengetragen haben, muss man feststellen, dass FakeNews in Mainstream Medien auf dem Vormarsch sind, so dass es an der Zeit ist, das Heiko Maas eine Task Force einrichtet, an der Vertreter der sozialen Medien und unabhängige, nicht von einem Ministerium finanzierte Sachverständige teilnehmen. Ziel der Task Force muss es sein, der zunehmenden Anzahl von FakeNews und Hasskommentare in öffentlich-rechtlichen Medien und in Mainstream Medien Herr zu werden. ScienceFiles wird damit beauftragt, die FakeNews in öffentlich-rechtlichen Medien zu identifizieren und mit dem Siegel „geprüfter Fake“ zu versehen. Die Kosten tragen die Steuerzahler – wie immer.

Kepplinger, Hand-Martin (2009). Wohlverstandenes Interesse. Wie effektiver werden? In: Lilienthal, Volker (Hrsg.). Professionalisierung der Medienfausicht. Neue Aufgaben für Rundfunkräte – Die Gemeindedebatte in epd Medien. Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaften, S.59-64

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*) Der Berufsjournalist Thomas Böhm ist Chefredakteur des Mediendienstes „Journalistenwatch“ (kurz: „JouWatch“) und ständiger Kolumnist bei conservo.
http://www.conservo.wordpress.com   20.02.2017
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