Ein alarmierendes Buch über die Indoktrinierung unserer Gesellschaft

(www.conservo.wordpress.com)

Von Peter Helmes *)

fahrwickDer „totale“ Krieg – mehr als Guerillas, Partisanen, Hacker und Cyber War

Ich gehöre zu einer Generation, die das ganze Spektrum staatsgefährdender „68er“ in Wort und Tat miterlebt hat – von den Anfängen der „Frankfurter Schule“ mit ihrer totalen Indoktrinierung bis zum „Kleinkrieg“ der RAF (Baader-Meinhof-Bande) mit Bomben und Attentaten. Ich „kämpfte“ allerdings auf der Gegenseite und war einer der wenigen, die sich als bekennende Konservative zu Uni-Diskussionen mit dem SDS, SHB & Genossen trauten. (Tomaten und Eier waren mein Lohn.)

Abendland versus Gesellschaftsveränderung

Seit dieser Zeit habe ich eine gewisse „Warnantenne“ gegen alles, was mit Straßen-Guerilla, „Kleinkrieg“ u. ä. zu tun hat. Mir wurde damals schnell klar, daß hier ein Krieg auch auf Ebenen tobte, die der arglose Bürger gemeinhin nicht mit „Krieg“ in Verbindung bringt: Es war ein Krieg gegen die politischen Grundlagen unserer Politik („Marktwirtschaft ist böser Kapitalismus“ ./. „Sozialismus ist guter Heilsbringer für das Volk“), es war ein Guerillakrieg, ein psychologischer und subversiver dazu. Oder auch: Abendland versus „Gesellschaftsveränderung“ – oder eigentlich: Freiheitlich-Demokratische Grundordnung versus „Gesellschaftszerstörung“.

Im Wesentlichen war es ein Krieg gegen das Bürgertum, das der „revolutionären Bewegung“ im Wege stand. Hier entstanden die Begriffspaare „progressiv ./. reaktionär“ und vor allem: „links = gut“ ./. „rechts = faschistisch“, unterstützt von der Lehre: „Wer die Begriffe beherrscht, beherrscht die Menschen“ – in toto eine bis dahin nicht wahrgenommene, neue Form des Krieges zwischen „links“ und „rechts“, zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft, zwischen (links) Verteilungs- und (rechts) Leistungserbringungs-Mentalität.

Sehr schnell hatten die „´68er“ die Deutungshoheit in der Gesellschaft erobert, die öffentlichen Räume besetzt und den „Marsch durch die Institutionen“ im Eilschritt gestartet. Und so ist erklärlich, daß nach seriösen Untersuchungen z. B. rd. Zweidrittel unserer Medienmenschen mittlerweile „linksgestrickt“ sind: Sie wollen eine andere Gesellschaft! Siehe auch: https://www.conservo.blog/2015/10/25/medienwolf-unter-liberaler-maske/

Zitat P. Helmes daraus: „…Nach einem Bericht in „ideaSpektrum“ hätte eine Untersuchung der Universität Hamburg unter 1.536 Journalisten ergeben, daß Rot-Grün eine Zweidrittelmehrheit habe. Die Grünen würden von 35,5 % der Journalisten gewählt und die SPD von 26 %. CDU/CSU kämen nur auf 8,7 % und die FDP auf 6,3 %. Keiner Partei zugeneigt – also neutral – seien nur 19,6 % der deutschen Journalisten.”

Faszinierend und alarmierend

Und damit bin ich bei dem eigentlichen Gegenstand meiner Rezension eines Buches, das den trockenen Titel trägt „Kleinkriege, die unterschätzte Kriegsform“, aber ein alarmierendes Werk ist. Wäre das Thema nicht so tiefernst, hätte ich geschrieben: „ein faszinierendes Buch“, verfaßt von einem – wie man heute sagt – „Insider“, genauer: von Brigadegeneral a. D. Dieter Farwick, der rd. vier Jahrzehnte aktiven Militärdienstes auf dem Buckel hat, aber dabei mitnichten betriebsblind geworden ist.

Im Gegenteil, Farwick versteht es exzellent, den Leser „mitzunehmen“, in dem er eine spannende, abwechslungsreiche Lektüre liefert, die das gesamte Spektrum der Kriegsführung umfaßt, auch der psychologischen, und ebenfalls eine sehr eingehende Betrachtung der metaphysischen Ebene „moderner Kriege“. Dazu gleich mehr. Besondere Anerkennung hat der Autor dafür verdient, daß es ihm gelungen ist, den Begriff „Kleinkriege“ von der rein militärischen Betrachtung in die politische Dimension zu transportieren; denn da gehört er hin.

Dazu zitiert Farwick den französischen Militärexperten André Beaufre (S. 67/68):

„…In dieser Darstellung der totalen Strategie bin ich stets von dem übergeordneten Gesichtspunkt der totalen Strategie ausgegangen, der Strategie also, mit der gewaltsame oder hintergründige Konflikte gleichzeitig in den verschiedenen Bereichen der Politik, der Wirtschaft, der Diplomatie oder des Wehrwesens geführt werden und deshalb total ist und wird sich eine rein militärische Deutung als unvollständig und damit als trügerisch erweisen…“

Die „Aufzählung“ der verschiedenen Kriegsmöglichkeiten ist für Farwick eher eine Routineübung, die er erst dadurch mit Leben füllt, indem er sie in einen politisch-gesamtgesellschaftlichen Kontext stellt. Sehr schnell wird klar, daß es hier nicht um „klein-klein“, um „kleine“ Kriege geht, sondern um die modernsten Methoden raffiniertester Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Gegnern. Das deutsche Wort „Krieg“ ist da eher irreführend, da bei uns Deutschen mit all unserer fürchterlichen Kriegserfahrung sofort der Reflex aufscheint: Bomben, Feuer, Panzer, Wehrmacht usw. – was für das Thema Farwicks viel zu kurzgegriffen wäre.

Daß die „Kleinkriege“, die Farwick in seinem Buch vorstellt, analysiert und bewertet, uns heute schon den Schlaf rauben müßten, läßt der Autor – wenn auch vorsichtig – durchscheinen. Schon insoweit gehört sein Buch auf den Tisch eines jeden Politikers mit Verantwortung.

Vom chinesischen General Sun Tzu – dem „Vater“ der Beschreibung von Kleinkriegen – über Carl von Clausewitz, Lawrence von Arabien , Mao Tse-tung sowie von André Beaufre und Basil Liddel Hart werden alle vorgestellt, die ein strategisches Urteilsvermögen besaßen oder besitzen und erklären können, welche Rolle in den weltweiten Auseinandersetzungen unserer Zeit den „Kleinkriegen“ zukommt.

„Ein totaler Krieg“

Farwick schreibt u.a.: „…Nach dem 2. Weltkrieg haben rd. 200 Kleinkriege die 40 klassischen Kriege numerisch weit überholt. In Kleinkriegen gibt es mittlerweile Millionen Tote zu beklagen. Dabei spielt eine große Rolle, daß es ein Krieg ohne Fronten (Beaufre) ist, der Zivilisten trifft genauso wie die Soldaten.

Es ist ein totaler Krieg, der alle politischen Bereiche umfasst.

Hinzu kommen neue Technologien, die Massenheere ersetzen können. Es sind vornehmlich Guerillas, Partisanen und Hacker, die die Kriegsführung bestimmen. Der Krieg im Internet ist eine neue Dimension der Kriegsführung, ermöglicht durch die allgegenwärtige Digitalisierung mit ihren Chancen und Risiken. In der Summe der Gefahren werden konkrete Maßnahmen aufgezeigt, wie durch staatliche und private Sicherheitsvorsorge den bekannten Auswirkungen begegnet werden kann wie z.B. durch Begrenzung und Milderung eines längeren umfassenden Stromausfalls. Die Zukunft wird weitere Kleinkriege bringen, da die Welt in Unordnung ist und auf Jahre bleiben wird…“

Ein „Krieg gegen den Terrorismus“

Farwick beschreibt auch, in dankenswerter Klarheit, die Ursachen der aktuellen und noch näher bevorstehenden „Kleinkriege“ (S. 108):

„Die Welt wird gekennzeichnet durch den bitteren Kampf zwischen Sunniten und Schiiten – siehe die Konflikte zwischen dem Iran und Saudi-Arabien sowie durch den Kampf des politischen Islam gegen die „Ungläubigen“.

Es folgt die immer größer werdende Kluft zwischen arm und reich, eine weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise wie in China und Russland, die ineinander verwobenen Konflikte und Kriege – besonders im Nahen/Mittleren Osten – der andauernde Konflikt in Syrien und im Irak, durch die Terrororganisation ´Islamischer Staat` (…)

Alle diese Krisen und Konflikte bekommen eine besondere Note durch den fehlenden Behauptungswillen vieler europäischer Gesellschaften – sog. ´post-heroische Gesellschaften`“.

Einen solchen Klartext würde man auch gerne ´mal von den Worttänzern aus der Politik hören. Und damit wird auch klar, daß Farwicks Buch nicht nur ein militärisches, sondern ebenfalls ein eminent wichtiges politisches Werk ist!

Wir erleben gerade jetzt – bisher unvorstellbar – in Deutschland und Europa Terrorattacken ungeahnten Ausmaßes, die ebenfalls unter den Begriff „Kleinkrieg“ subsumiert werden müßten – was aber die Dimension des Schreckens fast verharmloste. Von daher ist auch der Untertitel des Farwick-Buches wichtig: „…die unterschätzte Kriegsform – warum die Zukunft des Krieges den Guerilla, Partisanen und Hackern gehört“.

Islamische Ideologie versus abendländische Kultur

Es ist ein besonderes Verdienst des Autors, daß er die Herausforderungen des radikalen Islam in den Fokus seiner Betrachtungen stellt. Die blutigen Taten des IS/ISIS und deren ideologische Grundlagen sind für Farwick eindeutig „Krieg“ und Kleinkrieg. Es ist wahrlich ein „totaler“ Krieg – allumfassend, auch die metaphysische Ebene: islamische Ideologie versus abendländische Kultur und christliche Religion.

Der radikale Islam, z. B. des IS, führt einen „totalen Krieg“ gegen den Westen, im Wesentlichen: gegen die „Ungläubigen“. Ich definiere diesen „totalen Krieg“ nicht klassisch wie beim Militär, sondern (all-)umfassend – wie auch Farwick: Vorn der Landnahme bzw. Landverteidigung über diverse Kleinkriege bis zur metaphysischen Ebene: Der Islam erfährt seine innere Stärke aus der Überzeugung heraus, westlichem (auch dekadentem) Leben haushoch überlegen zu sein. Und wer sich dieser Überzeugung nicht anschließt, wird halt gemeuchelt.

Die metaphysische Ebene ist neu bei Krieg und Kleinkrieg; denn es handelt sich tatsächlich um einen „Krieg der Religionen“ – was etwas inhaltlich ganz anderes ist als „Religionskrieg“. (Erläuterung: „Die Metaphysik ist eine Grunddisziplin der Philosophie. Metaphysische Systementwürfe behandeln in ihren klassischen Formen die zentralen Probleme der theoretischen Philosophie, nämlich die Beschreibung der Fundamente, Voraussetzungen, Ursachen oder „ersten Begründungen“, der allgemeinsten Strukturen, Gesetzlichkeiten und Prinzipien sowie von Sinn und Zweck der gesamten Realität bzw. allen Seins.

Konkret bedeutet dies, daß die klassische Metaphysik „letzte Fragen“ behandelt, beispielsweise: Gibt es einen letzten Sinn, warum die Welt überhaupt existiert? Und dafür, dass sie gerade so eingerichtet ist, wie sie es ist? Gibt es einen Gott/Götter und wenn ja, was können wir über ihn/sie wissen? Was macht das Wesen des Menschen aus? Gibt es so etwas wie „Geistiges“, insbesondere einen grundlegenden Unterschied zwischen Geist und Materie (Leib-Seele-Problem)? Besitzt der Mensch eine unsterbliche Seele, verfügt er über einen Freien Willen? Verändert sich alles oder gibt es auch Dinge und Zusammenhänge, die bei allem Wechsel der Erscheinungen immer gleich bleiben?

Dinge der Metaphysik sind dabei, so der klassische Erklärungsanspruch, nicht durch empirische Einzeluntersuchungen zugängliche, sondern diesen zugrundeliegende Bereiche der Wirklichkeit. Der Anspruch, überhaupt Erkenntnisse außerhalb der Grenzen der sinnlichen Erfahrung zu formulieren, wurde vielfach auch kritisiert – Ansätze einer allgemeinen Metaphysikkritik begleiten die metaphysischen Systemversuche von Anfang an, sind insbesondere aber im 19. und 20. Jahrhundert entwickelt und oftmals als ein Kennzeichen moderner Weltanschauung verstanden worden. Andererseits hat man Fragen nach einem letzten Sinn und einem systematisch beschreibbaren „großen Ganzen“ als auf natürliche Weise im Menschen angelegt, als ein „unhintertreibliches Bedürfnis“ verstanden (Kant), ja den Menschen sogar als „animal metaphysicum“, als ein „metaphysiktreibendes Lebewesen“ bezeichnet (Schopenhauer).“

So beschreibt das Internet-Lexikon „wikipedia“ das Thema „Metaphysik“. Ich habe dies hier wiedergegeben, weil es die Dimension des neuen Kriegsfeldes deutlich werden läßt. Es ist ein Verdienst des Autors, diese neue Dimension erkannt zu haben. Farwick stellt demnach die entscheidenden Fragen:

„Hat der politische Islam den ´Ungläubigen` den Krieg erklärt? Wie muß der Westen nach den Anschlägen im November 2015 in Paris, im Januar 2016 in Instanbul und in Brüssel im März 2016 reagieren? Muß der ´freie Westen` Bedrohung und Anschläge fatalistisch hinnehmen?…“ Auf die Antwort der politisch Verantwortlichen auf diese Fragen darf man gespannt warten.

Für Farwick scheint klar, daß die „alte“ Form einer Kriegsführung eher an Bedeutung verlieren, die „Kleinkriege“ jedoch zunehmen werden. Mit fortschreitender Digitalisierung und verschärftem „Cyber warfare-Einsatz“ werden sich die moderne Kriegsführung und die Durchführung von militärischen Operationen deutlich verändern.

So erhält der Autor Anerkennung aus berufenem Munde:

“Die Kleinkriege spielen eine zentrale Rolle im Geschehen unserer Zeit, was sich in den kommenden Jahren kaum ändern wird.

Und doch hat man ihnen kaum Beachtung geschenkt. Diese hervorragende Untersuchung eines führenden Kenners der Materie (Farwick) schließt nun endlich diese empfindliche Lücke.”

(Prof. Walter Laqueur Center for Strategic and International Studies, Washington D.C.)

Nicht unerwähnt sollte bleiben, daß Farwick sehr ausführlich auf die neueren, „modernen“ „Kleinkriegs-Herausforderungen“ eingeht, die ich hier mit dem Begriff des Cyber-Krieges nur andeuten kann. Und lobenswert auch das Kapitel, das Farwick mit „Lehren für die staatliche und private Sicherheitsvorsorge“ überschrieben hat – womit er einen sehr realistischen Praxisbezug offenbart – und sein Buch endgültig aus einer (Gottseidank vermiedenen) Theoriebetrachtung heraushebt.

Erwähnens- und lobenswert – aber aus Platzmangel von mir hier nicht einer besonderen Wertung unterzogen: In einem separaten Teil des Farwick-Buches bringt der Hess-Verlag den Nachdruck eines Schlüsselwerkes zum Thema, das der Militärwissenschaftler Arthur Erhardt 1935 (!) geschrieben und unter dem Titel „Kleinkrieg“ veröffentlicht hat – ein Standardwerk, mit erläuternden, höchst lesenswerten Kommentaren von Dieter Farwick!

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 Über den Autor
Dieter Farwick wurde am 17. Juni 1940 in Schopfheim, Baden-Württemberg, geboren. Nach dem Abitur wurde er im Jahre 1961 als Wehrpflichtiger in die Bundeswehr eingezogen. Nach einer Verpflichtung auf Zeit wurde er Berufssoldat des deutschen Heeres in der Panzergrenadiertruppe.
Vom Gruppenführer durchlief er alle Führungspositionen bis zum Führer einer Panzerdivision. In dieser Zeit nahm er an der Generalstabsausbildung an der Führungsakademie in Hamburg teil. National hatte er Verwendungen in Stäben und als Chef des damaligen Amtes für Militärisches Nachrichtenwesen.
Im Planungsstab des Verteidigungsministers Dr. Manfred Wörner war er vier Jahre an der Schnittstelle Politik-Militär tätig und unter anderem an der Erarbeitung von zwei Weißbüchern beteiligt. Internationale Erfahrungen sammelte Dieter Farwick als Teilnehmer an dem einjährigen Lehrgang am Royal Defense College in London.
In den 90er Jahren war er über vier Jahre als Operationschef im damaligen NATO-Hauptquartier Europa-Mitte eingesetzt. Er war maßgeblich an der Weiterentwicklung des NATO-Programmes ;Partnership for Peace beteiligt.
Seinen Ruhestand erreichte Dieter Farwick im Dienstgrad eines Brigadegernerals. Während seiner aktiven Dienstzeit und später hat er mehrere Bücher und zahlreiche Publikationen über Fragen der Sicherheitspolitik und der Streitkräfte veröffentlicht.
Nach seiner Pensionierung war er zehn Jahre lang Chefredakteur des Newsservice worldsecurity.com, der sicherheitsrelevante Themen global abdeckt.
Dieter Farwick ist Beisitzer im Präsidium des Studienzentrum Weikersheim und führt dort eine jährliche Sicherheitspolitische Tagung durch.
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Taschenbuch: 352 Seiten, Verlag: Hess Verlag (20. Oktober 2016), bestellbar auch bei Amazon. Sprache: Deutsch. ISBN-10: 3873365863 ISBN-13: 978-3873365865, Größe und/oder Gewicht: 13,9 x 2 x 20,8 cm

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*) Peter Helmes ist seit 21 Jahren selbständiger Publizist und Herausgeber von conservo www.conservo.wordpress.com   8. Februar 2017
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