Vogelschiss-Zeit

(www.conservo.wordpress.com)

Von Helmut Roewer *)

Zu Folgen und Nebenwirkungen einer Rede von Alexander Gauland lesen Sie besser nicht die Packungsbeilage von SüddeutscherFAZZeitSpiegelFokusBild und fragen Sie auch nicht die Quacksalber der GEZ-Gehirneinzugszentrale

Grafik: A. Paul Weber, aus meiner Weimarer Sammlung.

Vor Kurzem hielt der AfD-Spitzenmann Alexander Gauland vor jüngeren Parteimitgliedern eine Ansprache, in welcher er – offenbar auf der Suche nach einem passenden Bild zur Illustration der Kürze der NS-Zeit in Relation zur gesamten deutschen Geschichte – von einem Vogelschiss sprach.

Es folgte das Übliche. Die Schuldgebetsmühle sprang an, und die gewohnten schrillen Dissonanzen erklangen: Relativierer, Leugner, Mittäter des Unsagbaren und so weiter und so fort. Die Büßerhemd-Journaille (unter den Hemden ist sie ganzjährig sonnengebräunt – braun !) schlug auf den Delinquenten ein. Selbst sog. Konservative der einschlägigen Gazetten runzelten in gedankenschwerem Weltschmerz die Stirne und rangen sich ein missvergnügtes Musste-das-denn-sein ab.            Man kann das alles auch ganz anders sehen, um die Bedeutung des Geschehens zu deuten. Hierzu eine Vorbemerkung: Nur wenigen Menschen gelingt es, ein Wort zu prägen, das sich von ihnen loslösen und sie überleben wird. Ist dieser Mensch ein Dichter, so lechzt er geradezu danach. Schiller gelang die Axt im Haus und Altmeister Goethe des Pudels Kern, den Hoffmann aus Fallersleben machte Deutschland über alles unsterblich und Reinhard Mey hat über den Wolken den Platz auf eine ebensolche Anwartschaft errungen.

Wie anders geht es dagegen in der Politik zu. Die wenigsten Politiker denken in den Bahnen der Ewigkeit, wenn sie ein Wort prägen. Ihnen geht es um den Effekt im Augenblick der Rede. So haben die meisten von ihnen sprachlich nichts hinterlassen. Ausnahme ist vielleicht, wieder mal, Bismarck, der den ehrlichen Makler gab. Doch schon sein einst viel besprochenes Wort, dass der ganze Balkan (der damals noch nicht so genannt wurde) nicht die Knochen eines einzigen pommerschen Grenadiers wert sei, ist heute, obwohl immer noch allzu richtig, vergangen und vergessen.

Und dann kommt lange Zeit nichts. Versuchen Sie mal ein Wort des Größten-Feldherrn-aller-Zeiten ad hoc aufzurufen: Nichts, nichts, nichts, bestenfalls dieses hier: Seit fünf Uhr fünfundvierzig wird zurückgeschossen. Brrr. Mir wurde glaubhaft versichert, dass vor kurzem beim Schweigefasten in einem rheinischen Kloster einer der Teilnehmer, zum Morgenspruch von der klösterlichen Schweigeleitung ausdrücklich aufgefordert, geäußert habe: Seit fünf Uhr fünfundvierzig wird … … … zurückgebetet.

Wie auch immer. Folgen wir den Leuten der linksliberalen Sinnstiftung à la Die Zeit e tutti quanti, so brachte der, wie man so liest, allseits geachtete Bundespräsident Richard von Weizsäcker mit seiner, wie gerne betont wird, bahnbrechenden Rede zum 8. Mai 1945 den Deutschen die Offenbarung der Befreiung auf den mentalen Gabentisch. Doch das Wort der Befreiung mochte sich nicht einbürgern. Die Überlebenden dieses größten deutschen Desasters hatten andere Szenen in Erinnerung.

Um diese Erinnerung zu tilgen, wurde das Trommelfeuer dichter. Kein Abend vergeht ohne NS-Schuld-Propaganda im GEZ-Brain-washing-Syndikat. Vielen Leuten stinkt dies derartig, dass sie sich mit Witzen Luft machen. In diese Phase ist das Vogelschiss-Wort hineingeplatzt. Gütiger Himmel, was hätte dieser Gauland nicht alles sagen können, um den Zuhörern dasselbe nahe zu bringen: Augenblick, Wimpernschlag, Abirrung oder was immer Ihnen, liebe Leser, einfallen mag. Doch das hat er nicht. Er wählte ein Wort, das ihn überleben wird, weil sich Otto Normale amüsiert identifizieren kann. Vogelschiss, den kennt jeder. Das Wort ist eindeutig, es ist rotzig und rabiat, und es bringt das Missfallen ungefiltert auf den Punkt. Vogelschiss, das Wort bekleckert das ganze post-christliche Te Deum des Antifaschismus – jene unappetitliche Ideologie, die jenseits des Denkens beginnt.

Der Vogelschiss wird sicher bald ungeahnte Anwendung erfahren. Ich fand im Internet bereits Volkes drastische Meinungen dazu. Hier für den Leser ein paar Goldkörnchen: Im Bundeshaushalt wurde der Titel für den Kampf gegen den Vogelschiss verdoppelt. Aus ganz Deutschland reisten die Anti-Vogelschisser an, um den Parteitag der AfD zu verhindern. Buntes Augsburg gegen den Vogelschiss. Und so. Zum Schluss noch dies:

Vogelschiss-Zeit in Wirklichkeit und im Geschichtsunterricht (ist wirklich nicht von mir, ich rekonstruiere aus den Gedächtnis, was mir ein namenloser Netz-Schelm zeigte):

In Wirklichkeit

V o r – V o g e l s c h i s s – Z e i t Vogel

schi

sszei

t

Nach-Vogel-Schiss-Zeit

 

Im Unterricht:

Vor-Vogelschiss-Zeit V o g   e l s c h i s s – Z   e i t Nach-Vogelschiss-Zeit

 

©Helmut Roewer, Juli 2018
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*) Dr. Helmut Roewer wurde nach dem Abitur Panzeroffizier, zuletzt Oberleutnant. Sodann Studium der Rechtswissenschaften, Volkswirtschaft und Geschichte. Nach dem zweiten juristischen Staatsexamen Rechtsanwalt und Promotion zum Dr.iur. über ein rechtsgeschichtliches Thema. Später Beamter im Sicherheitsbereich des Bundesinnenministerium in Bonn und Berlin, zuletzt Ministerialrat. Frühjahr 1994 bis Herbst 2000 Präsident einer Verfassungsschutzbehörde. Nach der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand freiberuflicher Schriftsteller und Autor bei conservo. Er lebt und arbeitet in Weimar und Italien.
www.conservo.wordpress.com 8.9.2018
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