Unsere Bundeswehr – Spiegelbild von Staat und Gesellschaft

(www.conservo.wordpress.com)
Dieter Farwick

Von Dieter Farwick, BrigGen a.D. und Publizist *)

Die „ Zivilisierung“ der Bundeswehr hat schon früh eingesetzt – in den 60er Jahren.

Man erinnert sich an die Werbung für den Dienst in der Bundeswehr „ Die Bundeswehr ein Betrieb wie jeder andere“, „ Der Beruf des Soldaten – kein „ Beruf „ sui generis“ oder „ Der Frieden ist der Ernstfall“.

Es gab eine „ von oben“ verordnete Diskussion über „ Formalen und funktionalen Gehorsam“ und über „ Formale und funktionale Disziplin“. „ Mir kommt es nicht darauf an, was der Soldat auf dem Kopf, sondern im Kopf hat ( der damalige Verteidigungsminister Helmut Schmidt zur „ Haar- und Barttracht des Soldaten mit dem „ Haarnetz“, das die Soldaten der Lächerlichkeit preisgab ).

Natürlich gab es schon damals „ Ewiggestrige“ – wie den hoch angesehenen Brigadegeneral Heinz Karst, dessen Buch „ Das Bild vom Soldaten“, das von der Bewährung des Offiziers im Ernstfall handelt. Die Lektüre wurde ein „ Muss“ für junge Offiziere – auch für den Verfasser dieses Beitrags.

Kennzeichnend für den Streit innerhalb der Bundeswehr wurden die „ Hauptleute von Unna“, die eher zu der Philosophie von Karst neigten, und die „ Leutnante der 70er Jahre“, die mehr der „ progressiven Richtung“ von Baudissin folgen wollten. „ Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“. Engagement und Verantwortung für ihre Soldaten hörten für sie mit Dienstschluss auf. Dieser Dissenz über Beruf und Verantwortung des Offiziers schwelt – zumindest in Marine und Heer – wie ein Flächenbrand in der Heide bis in die Gegenwart weiter.

Es gab und gibt Truppenvorgesetzte, die vergeblich versuchen, die Richtung von Karst zu halten.Wer in der heutigen Bundeswehr Karriere machen will, kann sich den Luxus einer Meinung nicht mehr leisten, die der offiziellen widerspricht – so wenig wie der junge Lehrer, der Studiendirektor werden will oder der junge Manager in einem großen Konzern, der in zehn Jahren in die Konzernspitze aufsteigen will. Das gilt auch für die jungen Parlamentsabgeordneten, die den Fraktionsvorsitzenden(m/w) zu häufig widersprechen.

Der Preis für diese innere Einstellung des Wegduckens ist groß. Er bedeutet die Aufgabe eines eigenen Profils sowie die Bereitschaft zur persönlichen Mutation und zum „vorausdenkenden und vorauseilendem Gehorsam“.

In seinem Kommentar in www.conservo.wordpress.com vom 12.12.2018 „ Die Funktionseliten verantwortungslos, planlos, maßlos, mutlos“ hat Farwick das Regierungs- und Behördenversagen, aber auch das Versagen in großen Konzernen und in der Verwaltung in Bund und Ländern klar aufgezeigt. Dieses Versagen hat ein notwendiges Grundvertrauen in staatliche und öffentliche Institutionen und Organisationen in Deutschland angeschlagen.

Eine kleine Auswertung von Presseberichten zeigt, dass das Versagen alle Politik- und Lebensbereiche umfasst.„ Gorch-fock-Desaster – das Trauerspiel um den Stolz der Marine“ (dpa AfX vom 14.3.2019), „ Das Erfolgsdilemma – in Deutschland mangelt es an Gründern ( Spiegel 26.1.2019), „ Die Berater-Republik – Lange wurde der Staat kaputtgespart“ (Spiegel 26. 1. 2019), „ Kulturkampf ums Auto – die Große Koalition findet kein Konzept für die notwendige Verkehrswende“ (Spiegel 25.1.2019). „Eine Nummer zu groß. Der Airbus ist das Produkt industriellen Größenwahns“ ( Spiegel 16.2. 2019 )

Der Verfasser verzichtet auf Dokumentationen zum Bruch der „ no-bail-out- Klausel“ des Maastrichtvertrages im Mai 2010, zum Berliner Flughafen, zu Stuttgart 21, zum „ Dieselskandal“, zum „ Fall Amri“, zur „Pseudo- Migrations und Flüchtlingspolitik“ in Bund und Ländern – einschließlich des Scheiterns der Abschiebepolitik, dem voreiligen Beschluss zum Ausstieg aus der zivilen Nutzung der Nuklearenergie, die ohne Not erfolgte Aussetzung der Wehrpflicht, der „ Ehe für alle“, den Genderwahnsinn, dem Umgang der beiden Staatskirchen zum massenhaften sexuellen Kindesmissbrauch und deren Einknicken vor dem Islam, zum mehrfachen Bruch von Gesetzen und   zur wiederholten Missachtung des Parlaments sowie zu der tatsächlichen und „ gefühlten“ Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit, die in großen Teilen der kritisch gebliebenen Bevölkerung zu Begriffen wie „ Lügen-“ oder „ Lückenpresse“ geführt hat. Zusätzliche Problembereiche: Das System der föderalen Bildung, das die Kanlerin vor Jahren zur „ Chefsache“ erklärt hat, liegt im Argen.

Durch die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat entsteht in Deutschland de facto eine „Allparteienregierung“, die den Weg des geringsten Widerstandes sucht. Ein weiteres Problem: den demokratisch nicht legitimierten NGOs wird ein immer größeres Mitspracherecht eingeräumt. Eine Tatsache, die politisches Führen lähmt.

Die schlimmste Entscheidung der Noch-Kanzlerin war jedoch die vom 4.September 2015: der Verzicht auf kontrollierten Zugang in die Bundesrepublik sowie die Entscheidung vom 13. September 2015, diesen schwerwiegenden strategischen Fehler nicht zu korrigieren.

Die Folgen dieser unkontrollierten „ Einwanderung“ wird Deutschland noch Jahrzehnte stark belasten: politisch, finanziell, kulturell und mit steigender Kriminalität – überproportional durch jugendliche, männliche Ayslbewerber und durch nicht-registrierte Gewalttäter.

Das öffentliche und private Leben in Deutschland hat sich verändert. Die „ gefühlte Unsicherheit“ hat das Verhalten der Deutschen stark beeinflusst. Der „ Spiegel vom 16.3.2019“ zeichnet ein umfassendes Bild des Verlustes von Respekt, Anstand und Toleranz – in nahezu allen Lebensbereichen – ob im Straßenverkehr oder im aggressiven Verhalten von „ normalen Bürgern“ gegen Polizei, Rettungssanitätern und Notärzten oder Feuerwehr. Eine Ursache für die „ Enthemmung“ liegt wohl auch bei den sog. “ sozialen Medien“ mit ihren Möglichkeiten, anonym Menschen und Institutionen unflätig zu beschimpfen.

Würde heute ein Deutscher, der vor 50 Jahren eingefroren worden wäre, in Berlin, Hamburg oder Frankfurt in „ sozialen Brennpunkten“ ausgesetzt, würde er nicht glauben, in Deutschland zu sein. Es ist kein Trost, dass es in etlichen anderen europäischen Städten nicht anders ausschaut.

Eines haben alle aufgezeigten Fälle des Versagens gemeinsam: Kaum ein Verantwortlicher hat sein Versagen eingestanden und die Konsequenzen gezogen, ohne auf ein juristisches oder öffentliches Urteil und Verlangen zu warten – auch nicht in der Bundeswehr oder in Verantwortung für unsere Soldaten. Die Versager wurden auch selten bestraft.

Topmanager der Automobilindustrie haben ihre Kunden über Jahre betrogen und belogen. Sie müssen von Topbeamten gedeckt worden sein. Nach einem Schuldeingeständnis hätten sie den Geschädigten faire Angebote machen müssen – wie in den USA geschehen.

Sie haben sogar den Eindruck erweckt, mit der Rücknahme von Gebrauchtwagen plus Prämie den Verkauf von neuen, teuren Fahrzeugen angekurbelt zu haben. Blanker Zynismus.

Insgesamt zeigen sich in der deutschen Wirtschaft deutliche Bremsspuren mit ersten massiven Einsparungen bei Arbeitsplätzen.

Die Tatsache, dass die sog. „Wirtschaftsweisen“ ihre Prognose für 2019 von 1,5 auf 0,8 Prozent abgesenkt haben, sollte ein Warnzeichen sein.

Deutschland ist in allen Bereichen, die für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands wichtig sind, weiter ins Mittelmaß abgerutscht – trotz unveränderter Spitzenleistung bei Start-ups und dem Mittelstand.

Eine Frage der Steuerzahler bleibt jedoch unbeantwortet: Wo ist das Geld der sprudelnden Steuereinnahmen der letzten Jahre geblieben?

Die Kanzlerin scheint ihren vorgezogenen Ruhestand zu genießen. Die von Macron vorgeschlagenen Änderungen für die EU sind gefährlich für Deutschland. Die Noch-Kanzlerin schweigt dazu. Die Beantwortung der Fragen überlässt sie ihrer vermutlichen Nachfolgerin – ein Affront gegenüber dem Präidenten der nicht mehr ganz so großen „grande nation“.

Dass das eigenwillige Großbritannien den Brexit beschlossen hat, hat nach Aussagen von britischen Experten auch etwas mit der abschreckenden „ Asylpolitik“ der Noch.Kanzlerin zu tun. Wenn man ihr permanetes Engagement für die Rettung Griechenlands mit dem für den Verbleib Großbritannien in der EU vergleicht, kann man die Einschätzung von britischen Experten nachvollziehen.

Diese kurzgefasste Bilanz der Kanzlerin nach 13 Jahren ist für die deutschen Bürger und Deutschland insgesamt für die Wähler in Deutschland kein Anlass, die Kanzlerin abzuwählen. Die Mehrheit will, dass die Kanzlerin bis 2021 „ durchregiert“.

Es ist vielen Bürgern zu danken, dass Deutschland trotz der negativen Bilanz der Regierung – noch – relativ gut dasteht. Die Betonung liegt auf „ noch“. Es gibt Zeichen an der Wand, dass dieser Status gefährdet ist.

Die Bundeswehr war und ist kein „Staat im Staate“

Solange es die Wehrpflicht gab, haben Millionen junge Männer die Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft persönlich gelebt. Ihr Dienst wurde zum Thema in den Familien, in den Freundeskreisen und im Sport. Die Bundeswehr brachte Millionen Wehrpflichtiger zum aktiven Breitensport.

In der Spitze förderte sie – neben Polizei, Zoll und Bundesgrenzschutz – junge freiwillige Frauen und Männer zu Olympiasiegern und Weltmeistern.

Der Verfasser und seine Kameraden sind von Offizieren und Unteroffizieren ausgebildet und erzogen worden, die in der Wehrmacht gedient hatten, – zu Soldaten in der Demokratie.

Die Fragen „ wofür?“ und „ warum?“ wurden offen und kontrovers diskutiert. In den meisten Diskussionen wurde ein belastbarer Konsens über den Sinn des Dienens in der Bundeswehr erzielt.

Das scheint heute nicht überall der Fall zu sein.

Auch in der Bundeswehr gibt es heute gravierendes Versagen der politischen und militärischen Führung. Soldaten wollen nicht geliebt werden – wie es der Bürokrat de Maizière behauptete.

Sie wollen ernstgenommen werden – einschließlich von Lob und Tadel.

Für Auswahl und Führung der Verteidigungsminister ist seit rd. 13 Jahren die Kanzlerin verantwortlich. Sie selbst scheint wenig Interesse an der Sicherheitspolitik und den Soldaten zu haben. Sie hat die vier Minister ihrer Zeit nicht geführt und das Kabinett nicht auf ein gemeinsames Ziel der Sicherheitspolitik eingeschworen. Die Aussetzung der Wehrpflicht ohne objektive Not war die Folge der Sparauflagen – rd. 8 Milliarden Euro – des damaligen Finanzministers Dr. Wolfgang Schäuble gegenüber dem damaligen Verteidigungsminister zu Guttenberg, der keinen Widerstand leistete.

Er wollte sogar die 8 Milliarden Euro schnell einsparen. Das Ergebnis ist bekannt. Man muss es fast täglich in den Medien lesen oder hören.

Die Kanzlerin hat von diesem Niedergang der deutschen Streitkräfte nichts gewusst? Oder nicht wissen wollen? Hat sie blind ihren Ministern vertraut und der militärischen Führung? Waren über 50 gefallene Soldaten in Afghanistan nicht der Anlass, die Sonde tiefer anzusetzen?

Die NATO – ein Erfolgsgeschichte von bald 70 Jahren mit unsicherer Zukunft ?

Der Außenminister und die Verteidigungsministerin lassen kaum eine Gelegenheit aus, um die Frage nach der Zuverlässigkeit der Führungsmacht in der NATO – den Vereinigten Staaten – zu stellen. Handeln sie nach dem Motto „ Haltet den Dieb!“ ? Trump hat nach seiner Amtsübernahme keine Zweifel an der NATO geäußert. So wenig wie seine Minister hat die „ Ständige US-Vertretung bei der NATO“, wie hohe Beamte der NATO dem Verfasser persönlich bestätigt haben, Anlass zu Zweifeln gegeben.

Im Gegenteil: Der „Spiegel vom 23.2.19“ schreibt. „ Es stimmt, Trump hat militärisch nichts getan, was der NATO geschadet hätte. Die Amerikaner haben ihre Militärpräsenz in Europa sogar ausgebaut,—“ Das gilt besonders für ihre Beteiligung an gemeinsamen Übungen in Nordost -, in Mittelost- und in Südosteuropa. Die Gastgeberländer zeigten sich beeindruckt von diesen Signalen der Bündnissolidarität.

Haben die beiden „ Spitzenpolitiker“ schon einmal die Frage gestellt, wie die Menschen in den 27 Mitgliedsstaaten die Zuverlässigkeit der Bundesrepublik Deutschland als NATO-Mitglied einschätzen? Sie haben den Niedergang der deutschen Streitkräfte bis hin zur „ strukturellen Nichteinsatzfähigkeit“ in ihren Medien verfolgen können. Sie können auch erkennen, dass das reiche Deutschland , das sich als „Exportweltmeister“ feiern lässt, die 2014 von der damaligen schwarz- gelben Regierung für den Zeitraum bis 2024 eingegangene Verpflichtung der berühmten zwei Prozent als Anteil der Verteidigungsangaben offiziell nicht einhalten wird, weil man es nicht will. Man verkündet dagegen als Ziel 1,5 Prozent für 2025. Basta !

Ist das ein Zeichen von Zuverlässigkeit für das Engagement im Bündnis – auch wenn die Zeiten noch härter werden können?

Seit Jahren verkünden die Kanzlerin, der Bundespräsident und etliche Minister, dass Deutschland gelernt hat und mehr Verantwortung übernehmen wird. Bisher ist nichts Entscheidendes geschehen. Der derzeitige SPD – Finanzminister, Olaf Scholz, stellt dieser Tage die nächsten Eckwerte für den Haushalt 2020 vor. Er verteidigt mit Zähnen und Klauen den von seinem Vorgänger übernommenen Fetisch der „ Schwarzen Null“. Dieser ist für ihn wichtiger als die Existenz der NATO.

Solche Gedanken sind nicht ganz abwegig – „ siehe Spiegel vom 16.3.2019 „ Deutsche Selbstverzwergung – Mit ihrem Haushaltsentwurf für nächstes Jahr riskiert die Bundesregierung die Zukunft der NATO“.

Was machen die Euopäer, wenn der Präsident der Vereinigten Staaten bei der nächsten NATO-Konferenz den Ausstieg seines Landes mit einem klaren Ultimatum – zwei Prozent bis zu den nächsten Präsidentschaftwahlen in 2020. – aktenkundig macht? Das Thema Rollenspezialisierung und Lastenteilung wäre für ihn ein Wahlkampfschlager. Viele amerikanische Gesprächspartner haben sich bereits vor vielen Jahren über die „ europäischen Trittbrettfahrer“ beklagt, die gleichzeitig die relativ hohe Verschuldung der USA kritisieren. Ist es nicht verständlich, dass viele Amerikaner von den europäischen Verteidigungsanstrengungen enttäuscht sind?

Es wäre eine Art self-fulfilling prophesy, wie von Macron, Maas und von der Leyen vorhergesehen – und herbeigewünscht? Endlich könnten die Europäer frei von dem Druck der transatlantischen Partner – Kanada und die Vereinigten Staaten – zeigen, was sie unter „ Übernahne von Verantwortung“ verstehen. Sie könnten endlich eine autonome europäische Strategie entwickeln, die sie schon lange fordern. Dann könnten Frankreich und Deutschland ihre Träume eines französisch-deutschen Kampfjets und eines französisch-deutschen Flugzeugträgers endlich erleben.

Der Flugzeugträger würde natürlich im Mittelmeer stationiert, um das nationale Interesse Frankreichs an Nordafrika – siehe Mali – zu stärken.

Deutschland könnte den Hauptteil der Kosten und einen Teil der Logistik übernehmen.

Deutschland kann zwar die zwei Prozent nicht schultern, aber für solch „überzeugende Projekte“ werden geheime Kassen aufgemacht oder die Steuern für Reiche erhöht, die netto über 4000 Euro verdienen.

Ein Blick in die Zukunft

Sollte dieser Fall eintreten, kann man sich alle Überlegungen zur Zukunft der Bundeswehr sparen.

Die Bundeswehr ist Spiegelbild von Staat und Gesellschaft. Bevor man über die Struktur, Umfang und Bewaffnung nachdenken kann, müssen die sicherheitspolitischen Vorgaben geklärt werden:

Will die Bundesrepublik Deutschland überhaupt einsatzfähige Streitkräfte oder reicht ein leicht bewaffnetes THW?

Was müssen deutsche Streitkräfte morgen und übermorgen leisten können?

Will die eigene Bevölkerung Streitkräfte, die in der Bündnis- und Landesverteidigung sowie in Kriseneinsätzen und im Heimatschutz im In- und Ausland eingesetzt werden können?

Wie wird die Frage beantwortet: „ Mourir pour Tallinn?“ Heute deutlich negativ.

Unterstützt die Bevölkerung eine Allg. Dienstpflicht – z.B. für Frauen in der Pflege und Männer – außer in der Pflege – in der Bundeswehr, dem THW, der Freiwilligen Feuerwehr?

Wieviel finanzielle Ressourcen ist die Gesellschaft bereit, für Verteidigungsausgaben mittel- und langfristig verlässlich als Anteil des Bruttoinlandproduktes zur Verfügung zu stellen?

Wenn man die Jahresberichte der Wehrbeauftragten der letzten Jahre studiert, erscheinen die berüchtigten zwei Prozent als unterste Kante.

Erst wenn diese Fragen nach jahrelangen Bemühungen eindeutig bejaht werden, kann eine Kommission beauftragt werden, für die deutschen Streitkräfte eine Bestandsaufnahme bei Haupt- und Gliedern vorzunehmen und das Ergebnis dem Parlament vorzutragen. Einzelmaßnahmen oder kosmetische Korrekturen reichen bei dem entstandenen Chaos nicht aus. Es müssen Offiziere und Beamte sowie zivile Experten gefunden werden, die keine persönlichen Ambitionen haben und mit dem Niedergang der Streitkräftestruktur wenig zu tun hatten.

Bis zu der Entscheidung des Parlamentes können Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung, zur unabdingbaren Infrastruktur und zum phasenweisen Aufbau einer sanitärdienstlichen Struktur vorgezogen werden. Bei der Aus – und Weiterbildung von Offizieren und Unteroffizieren können

Teilnahme an ausländischen Lehr – und Ausbildungseinrichtungen – gezielt genutzt werden.

Natürlich gibt es immer Alternativen: Man kann Streitkräfte abwickeln und Angehörige in andere Berufe überführen.

Man kann allerdings auch sagen: Zurück auf „los!“ und einen Neubeginn mit neuem Optimismus und neuer Dynamik sowie mit neuen politischen und militärischen Führungspersönlichkeiten mit Aussicht auf Erfolg starten.

Ohne die Vereinigten Staaten und Kanada kann man sich in Europa überlegen, ob man sich zeitnah mit Putin-Russland für eine Allianz Eurasiens gegen China entscheidet, um deren offensive Gesamtstrategie „ one belt – one road“ zu blockieren, die gerade auch in Italien sichtbar wird.

Die Alternative wäre ein Bündnis mit China – mit Deutschland als chinesischem Brückenkopf in Europa. Einer der größten Binnenhäfen der Welt ist in Duisburg bereits unter chinesischer Regie.

Zum Schluss ein ernstgemeinter Vorschlag:

Lassen Sie uns bei den Europawahlen am 26. Mai diesen Jahres das Startzeichen geben für ein anderes, besseres Europa mit größeren Eigenverantwortung und mit größerer nationaler Souveränität – mit einer neuen, kleineren, weniger ambitionierten Zentrale – z.B. in Prag oder Wien.

Das jetzige europäische Parlament mit über 700 Abgeordneten und zahllosen Mitarbeitern könnte in eine reduzierte „ Länderkammer“ mit Sitz in Prag oder Wien überführt werden.

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*) Brig.General a.D. Dieter Farwick wurde am 17. Juni 1940 in Schopfheim, Baden-Württemberg, geboren. Nach dem Abitur wurde er im Jahre 1961 als Wehrpflichtiger in die Bundeswehr eingezogen. Nach einer Verpflichtung auf Zeit wurde er Berufssoldat des deutschen Heeres in der Panzergrenadiertruppe.
Vom Gruppenführer durchlief er alle Führungspositionen bis zum Führer einer Panzerdivision. In dieser Zeit nahm er an der Generalstabsausbildung an der Führungsakademie in Hamburg teil. National hatte er Verwendungen in Stäben und als Chef des damaligen Amtes für Militärisches Nachrichtenwesen.
Im Planungsstab des Verteidigungsministers Dr. Manfred Wörner war er vier Jahre an der Schnittstelle Politik-Militär tätig und unter anderem an der Erarbeitung von zwei Weißbüchern beteiligt. Internationale Erfahrungen sammelte Dieter Farwick als Teilnehmer an dem einjährigen Lehrgang am Royal Defense College in London.
In den 90er Jahren war er über vier Jahre als Operationschef im damaligen NATO-Hauptquartier Europa-Mitte eingesetzt. Er war maßgeblich an der Weiterentwicklung des NATO-Programmes ´Partnership for Peace` beteiligt.
Seinen Ruhestand erreichte Dieter Farwick im Dienstgrad eines Brigadegenerals. Während seiner aktiven Dienstzeit und später hat er mehrere Bücher und zahlreiche Publikationen über Fragen der Sicherheitspolitik und der Streitkräfte veröffentlicht.
Nach seiner Pensionierung war er zehn Jahre lang Chefredakteur des Newsservice worldsecurity.com, der sicherheitsrelevante Themen global abdeckt.
Dieter Farwick ist Beisitzer im Präsidium des Studienzentrum Weikersheim und führt dort eine jährliche Sicherheitspolitische Tagung durch.
Seit seiner Pensionierung arbeitet er als Publizist, u. a. bei conservo.
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www.conservo.wordpress.com    21.03.2019
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Conservo-Redaktion