Der verhinderte Sturm auf die Reichstags-Wiese …

(www.conservo.wordpress.com)

Von Gerold Keefer

Ich war am „Sturm-Samstag“ in Berlin. Ich war aber beim sogenannten „Sturm auf den Reichstag“ weder anwesend noch beteiligt. Jene Aktion bei der einige Deppen offenbar ernsthaft glaubten, eine Regierung stürzen zu können, in dem man die Treppen zum Reichstag hoch rennt. Ich glaube diese Revolutionäre müssen noch sehr viel lernen, wenn es denn mit dem Umsturz was werden soll.

Vor allem müssen sie lernen, dass es Aktionen gibt, die einer Regierung eher nützen, als ihr zu Schaden. Und, dass “Behörden” seit Jahrzehnten legitimen Protest durch gesteuerten radikalen Protest zu schädigen versuchen.

Wer sich die Schlagzeilen des Wochenendes zu Gemüte führt und die Vorgänge am Reichstag analysiert, weiß, dass dies nun einmal mehr gelungen ist, wenigstens halbwegs. Die Macht der Bilder liegt nun zunächst bei den Reichsflaggen von einigen hundert Radikalen und nicht bei den über eine Million beeindruckend friedlichen Demonstranten aus der Mitte unserer Gesellschaft.

Wer, wie ich, nicht direkt vor Ort war, kann sich ein recht gutes Bild von den Vorgängen durch ein Video namens “Vom Bismarck Denkmal zum Reichstag – Auf zu den Friedensverträgen – 29.08.20” machen. Dieses Video ist auf YouTube zu finden:

https://www.youtube.com/watch?v=VuFrs8fiWIU

Jenes Video, dass direkt von der Reichsbürger-Veranstaltung ca. hundert Meter vor dem Reichstag gesendet wurde, enthält schon zum Zeitpunkt 04:55 einen klaren Hinweis des Video-Sprechers darauf, was man seitens der Reichsbürger vorhat:

“Die Frage ist, kommen wir heute in den Reichstag.” https://youtu.be/VuFrs8fiWIU?t=295

Doch langsam: Wieso wurde denn diese von Reichsbürgern dominierte Veranstaltung, die mit der Initiative Querdenken nicht zu tun hatte, so nahe am Reichstag überhaupt genehmigt? Der friedliche bürgerliche Protest wurde zunächst verboten, aber eine Veranstaltung auf der notorische Demagogen wie Nicolai Nerling, Attila Hildmann und Rüdiger Hoffmann vor Extremisten hetzten, wurde unmittelbar vor dem Reichstag vom Innensenator Geisel genehmigt. Das muss einem zu denken geben.

Auch das seltsame Ressourcen-Management der Polizei fällt auf: Bestens bewacht war die Reichstags-Wiese hinter der Kundgebung auf der zur besseren Verteidigung auch noch stationäre Wasserwerfer den Rasen sprengten. Hier standen sauber gestaffelt mindestens ein Dutzend Polizisten in Vollmontur und aufgesetztem Helm. Vor dem Reichstag aber, sind nur sieben frei diffundierende Polizisten zu sehen, die nach und nach verschwinden.

Während anfänglich noch Teilnehmer auf dieser Wiese geduldet werden, erfolgt wenig später ein Polizei-Aufruf diese zu verlassen. Die Menge wird damit noch näher an den Reichstag gedrängt.

Mehrfach fordert Agitator Hoffmann dazu auf, mehr Teilnehmer herbeizurufen, denn “Heute haben wir die Chance es zu vollbringen.” Auch von anderen Rednern erfolgen derlei mobilisierende Aufrufe. Im Video sieht man dann hinter der Bühne eine Frau auf dem Boden sitzen, die per Telefon Leute herbeiruft und sagt: “Das ist unsere letzte Chance.”

Später verkündet ein Redner, dass die Polizei noch 150 zusätzliche Teilnehmer zugelassen hat. Er fordert auf den Bereich rechts von der Bühne und hinter der Bühne aufzufüllen. Jener Bereich, wo später die Absperrungen vermutlich zuerst durchbrochen werden.

Einer Erhöhung der Teilnehmerzahl wird seitens der Polizei nicht vernehmbar widersprochen, damit hat offenbar auch die Polizei den Zustrom von Teilnehmern gefördert.

Nun füllt sich der Platz zusehends. Auch dem Video-Sprecher entgeht das nicht. Er nimmt das aber eher negativ wahr: “Scheiße, es strömen neue Leute auf den Platz.” Vermutlich befürchtet er ein Eingreifen der Polizei. Denn die Einhaltung von Abstandsregeln ist jetzt nicht mehr möglich. Die wenige Meter entfernt im Rücken der Teilnehmer stehenden Polizisten, die die Helme unter dem Jubel der Teilnehmer abgenommen haben, stören sich jedoch hieran erstaunlicherweise gar nicht.

Durch den kreisenden Hubschrauber, durch die auf dem Dach des Paul Löbe-Hauses erkennbaren Sicherheitskräfte, durch die im Kern des Regierungszentrums reichlich vorhanden Überwachungskameras oder auch vom Eingang des Reichstags aus, ist spätestens jetzt die Eskalationsgefahr eindeutig sichtbar.

Selbst ein Polizeischüler, der sich das Live-Video anschaut, hätte genügt, um die Gefahr zu erkennen. Die Identifikation solcher Eskalationsentwicklungen und Reaktionen zu deren Abwendung dürfte in der Schulung der Bereitschaftspolizei breiten Raum einnehmen. Aber das Erstaunliche passiert: Die Polizei zieht nicht etwa Kräfte vor dem Reichstag zusammen, sondern tut – nichts!

In dieser Situation, dichtes Gedränge um die Bühne, die Polizei im Rücken, aber keine Polizei vor dem Reichstag, tritt nun Rotschopf Tamara K. auf die Bühne, nachdem sie vorher hochnervös auf und ab gegangen ist.

Ihre aufpeitschende Ansprache mit überschlagender Stimme, in der sie richtigerweise auf die jetzt fehlende Polizei vor der Reichstag hinweist, endet mit folgenden Worten:

„Wir werden gleich diese komischen kleinen Dinger brav niederlegen und gehen da hoch und setzen uns friedlich auf die Treppe und zeigen Präsident Trump, dass wir den Weltfrieden wollen und dass wir die Schnauze gestrichen voll haben. Wir haben gewonnen!“

Damit löst die Dame erfolgreich den Sprint zum Reichstag aus, der schon aus dem Grund von keinem Polizisten verhindert werden kann, weil kein einziger hinter der Absperrung bereit steht. Ob Tamara K. durch ihre Naivität oder den Verfassungsschutz motiviert war, vermag ich nicht zu beurteilen. Klar ist, dass Sekunden später die Bilder entstehen, auf die die einschlägig bekannten Empörungspolitiker und ihr mediales Helfernetzwerk gewartet haben. Die Diskreditierung der Querdenker-Proteste, mit mehreren hundert tausend, völlig friedlichen Teilnehmern, kann beginnen.

Innerhalb von Sekunden sind dann auf einmal sehr viele Polizisten da und nach einigen Minuten sind die Reichstagstreppen mit schwarzen Kampfmonturen geflutet. Die Frage, woher die so schnell kamen, darf gestellt werden.

Volkslehrer Nicolai Nerling taucht zu Beginn auf der Reichstag-Treppe weit oben auf und freut sich riesig. Um 22h30 wird er als “Augenzeuge” ein Interview mit dem zum Islam konvertierten Martin Lejeune führen, in dem er sich von den Vorgängen überrascht zeigt. (Quelle: https://youtu.be/7lu-R7i9_gI )

Die Frau hätte wild und hysterisch gesprochen, worüber er sich gewundert hätte. Das braucht ihn aber nicht zu wundern, die Frau hat ebenso wild und hysterisch, wie er selbst kurz zuvor!

Noch etwas später turnt Nerling als “Pressevertreter” auf der Querdenken-Bühne herum und wird von Querdenken-Organisator Markus Haintz dazu aufgefordert, die Bühne zu verlassen. Das tut er dann widerwillig, aber nicht ohne zum Abschied seinen rechten Arm zu heben, wohl in der Hoffnung mit dieser Nazi-Geste auf der Querdenken-Bühne abgelichtet zu werden. (Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=Aeox6TzDlOk&feature=emb_title )

Den Rest kennt man:

– Die drei Polizisten, die für die Verteidigung des Reichstags im ersten Moment offenbar ausreichten, werden vom Bundespräsident empfangen und für das Bundesverdienstkreuz ins Gespräch gebracht.

– Die Fortsetzung der Querdenken-Demonstration und des Protest-Camps wird höchstgerichtlich untersagt.

– Die Frage nach den mangelnden Polizeikräften vor dem Reichstag wird von Innensenator Geisel mit einer “Verschiebung von Kräften” in Richtung Russische Botschaft erklärt.

Noch in der Woche zuvor hatte Geisel “mehrere tausend Beamtinnen und Beamte” angekündigt, dieser waren in der Tat reichlich vorhanden und überall meist gelangweilt zu sehen, selbst auf der Reichstagswiese, nur eben zufällig(?) nicht vor dem Reichstag.

Was hätten die gefährlichen Reichsbürger auf einer gestürmten Wiese nicht alles anstellen können! Vielleicht hätten sie die Sprinkleranlage, als das „Herz der Deutschen Demokratie“ zerstört oder sie hätten den Rasen zertreten?

Wo bleibt das Bundesverdienstkreuz für die Polizeihelden, die den Heiligen Reichstags-Rasen verteidigt haben?

Einige interessante Stellen des Videos sind hier aufgelistet:

“Die Frage ist, kommen wir heute in den Reichstag.” https://youtu.be/VuFrs8fiWIU?t=295

Polizei-Durchsage zur Räumung der Wiese: https://youtu.be/VuFrs8fiWIU?t=1209

Rüdiger Hoffmann dirigiert Demonstranten “auf die Steine”: https://youtu.be/VuFrs8fiWIU?t=1384

Hildmann: Öffnet die Tore! https://youtu.be/VuFrs8fiWIU?t=1652

Hoffman nimmt das Mikrofon weg und spricht vom “Kriegszustand”. Mitteilung an Michael Ballweg. https://youtu.be/VuFrs8fiWIU?t=5584

Polizei genehmigt zusätzliche Teilnehmer: https://youtu.be/VuFrs8fiWIU?t=6452

“Es strömen neue Leute auf den Platz.” https://youtu.be/VuFrs8fiWIU?t=7139

www.conservo.wordpress.com     10.09.2020
Über conservo 7864 Artikel
Conservo-Redaktion