Freiheitsbeschränkungen bei Corona: Polarisierung droht

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Eigener Bericht

Professor Dr. Martin Schwab, Universität Bielefeld, ist Rechtswissenschaftler und engagiert sich politisch in der ÖDP. Er hat ein Rechtsgutachten erstellt, das sich mit der geplanten Impfreihe gegen den Coronavirus befaßt. Die Einleitung zu seinem umfangreichen Gutachten ist ein Glanzstück ethischen und moralischen Verantwortungsbewußtseins. Hier einige Auszüge:

Gegen eine Polarisierung des Meinungsbildes

„Die Corona-Krise ist geradezu dafür prädestiniert, eine Polarisierung des Meinungsbildes zu begünstigen. Denn sowohl die Befürworter als auch die Gegner von Freiheitsbeschränkungen als Antwort auf die Ausbreitung des Erregers führen zu ihren jeweiligen Gunsten Belange von essentiellem Gewicht ins Feld: Jene, die in dem Virus eine nie dagewesene Bedrohung erblicken und ein beherztes Einschreiten der Politik gutheißen, werden jenen, welche die Bedrohung für weniger schwerwiegend erachten, vorhalten, sie verharmlosten die Gefahr und riskierten Tausende Menschenleben. Jene, die einer optimistischeren Risikobewertung anhängen, werden ihrerseits den Befürwortern der CoronaMaßnahmen vorhalten, sie nähmen ohne Not die Zerstörung der gesamten Volkswirtschaft und die Vernichtung Tausender bürgerlicher Existenzen in Kauf.

Aber bei allem Streit sollte uns doch gleichwohl ein Anliegen einen: Wir müssen aus der Krise schnellstens herausfinden. Denn die Corona-Zeit ist eine scheußliche Zeit. Der Weg aus der jetzigen Situation kann nur über den Boden der geistigen Auseinandersetzung führen: Beide Seiten müssen auf Augenhöhe diskutieren und Argumente in der Sache austauschen.

Die derzeitige Praxis, dass die Befürworter der Corona-Maßnahmen aus einer Position angemaßter Überlegenheit die Gegner dieser Maßnahmen verunglimpfen, bringt uns demgegenüber keinen Schritt weiter.

Ich habe mir mit großem Aufwand ein Bild vom Diskussionsstand über jene Fragen verschafft, zu denen Wolfgang Wodarg sich geäußert hat. Dabei hat sich gezeigt, dass Vieles bereits im Grundsätzlichen umstritten ist und dringend geklärt werden sollte. Nach meinem Eindruck ist weder die fachliche Begründung der CoronaMaßnahmen unbestreitbar richtig noch die Kritik von Wolfgang Wodarg eindeutig verfehlt. Es lohnt sich mithin, noch einmal darüber zu sprechen, wie gefährlich das Virus wirklich ist und welche Gefahren umgekehrt die Corona-Maßnahmen ihrerseits heraufbeschwören (…)

(…)Die Corona-Krise stellt uns in vielerlei Hinsicht vor große Herausforderungen. Das gilt auch für den Versuch, sich zum Gefahrenpotential von SARS-CoV-2 und zur Bewertung der Art und Weise, wie die Politik darauf reagiert, eine eigene Meinung zu bilden. Mir geht es nicht anders als den allermeisten Menschen: Ich verstehe selbst nichts von Medizin (…)

Ich merke seit dem Beginn der Corona-Krise, dass ich mich mit einer eigenen Meinungsbildung schwertue. Da ich nicht über ausreichendes Wissen verfüge, gibt es für mich nur eine einzige Orientierung stiftende Direktive – das persönliche Vertrauen. Ich muss mich entscheiden, auf wessen Expertise, wessen Rat und wessen Empfehlung ich mich verlasse.

Vertrauen ist eine Gemütsregung, die man weder voraussetzen noch gar einfordern, sondern allenfalls einwerben kann. Vertrauen ist entweder da oder eben nicht. Auch die Akteure von Politik und Wissenschaft sind (ganz generell und gerade in der Zeit seit März 2020) ganz maßgeblich auf das Vertrauen der Menschen angewiesen und müssen es sich verdienen. Das wird ihnen umso besser gelingen, je glaubhafter sie die von ihnen zugrunde gelegte Risikoeinschätzung kommunizieren und wie glaubwürdig die handelnden Personen dabei selbst wirken.

Offenbar verzeichnen die Personen, die derzeit in Deutschland Regierungsverantwortung tragen, indieser Hinsicht in den vergangenen Monaten beträchtliche Erfolge. Eine große Mehrheit der Menschen nimmt den Regierenden ab (oder hat es ihnen zumindest für eine gewisse Zeit abgenommen), dass siehart um das Wohl der Menschen ringen und nur das Beste wollen. Es wird, so die herrschende Stimmung, Gesundheitspolitik betrieben, bei welcher der Mensch im Mittelpunkt steht.

Daneben hat sich aber von Beginn an Kritik geregt. Mit unterschiedlichen Argumenten wird vorgetragen, den Corona-Maßnahmen fehle das wissenschaftliche Fundament. Daneben wird offen in Zweifel gezogen, dass es den Regierenden wirklich um das Wohl der Menschen geht, für die sie Verantwortung tragen. Manche vermuten hinter der Corona-Politik andere, teilweise sehr weitreichende und dem Gesundheitsschutz ganz und gar entrückte Motive und Ziele.

In weiten Teilen der Medienberichterstattung haben die Kritiker einen schweren Stand. Beiträge, in denen das Handeln der Regierenden gutgeheißen wird, halten jenen Kritikern vor, sie verbreiteten Verschwörungstheorien. Diese Beiträge sind teils auf ganz besonders weit hergeholt wirkende Deutungsversuche gemünzt.

Wie sich indes zeigen wird, reichen mittlerweile aber auch schon bloße Zweifel an den fachlichen Grundlagen der Corona-Maßnahmen aus, um in die Ecke eines Verschwörungstheoretikers gestellt zu werden.

Indes genügt es, an dieser Stelle eine ganz allgemeine Einsicht festzuhalten: Triebfeder von Vermutungen über gesundheitsfremde Zwecke der aktuellen Corona-Politik – mögen sie nun die Qualität von Verschwörungstheorien erreichen oder nicht – ist im Ausgangspunkt das tiefe Misstrauen gegenüber den politischen Entscheidungsträgern (…)

(…) Die Leitmedien, die man an sich als „gute“ Medien apostrophieren möchte und denen man gemeinhin Seriosität und Qualitätssicherung bescheinigt, sind gerade in der Corona-Berichterstattung beides auf der ganzen Linie schuldig geblieben. Befürworter und Gegner der Corona-Maßnahmen werden dort mit zweierlei Maß gemessen. Die Gegner dieser Maßnahmen werden aus der Position angemaßter Deutungshoheit zielgerichtet und teilweise mit augenfälliger Boshaftigkeit in ein schlechtes Licht gerückt. Gleichzeitig sind die Recherchen lückenhaft und hören gerade dort auf, wo das Ergebnis dieser Recherchen auf eine optimistischere Einschätzung der Bedrohung durch SARS CoV-2 hindeuten könnte. Die persönlichen Angriffe gegen die Maßnahmengegner verschleiern die Abwesenheit durchgreifender Sachargumente. ARD und ZDF sind schließlich in jüngerer Zeit dadurch in Erscheinung getreten, dass sie menschenverachtende und gewaltverherrlichende Computerspiele haben produzieren lassen und anschließend öffentlich zur Nutzung bereitgestellt haben (…)

(…). Um sicherzustellen, dass die Politik die richtige Reaktion auf SARS CoV-2 findet, muss über die Corona-Maßnahmen eine ergebnisoffene Diskussion stattfinden, in der sämtliche Positionen im Ausgangspunkt als gleichwertig respektiert werden. Die pauschale Verunglimpfung von Kritikern ist der falsche Weg.

(Auszüge aus dem Gutachten von Professor Dr. Martin Schwab, Universität Bielefeld.)

www.conservo.wordpress.com     5.12.2020
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