China und das Weltwirtschaftsforum

(www.conservo.wordpress.com)

Von Dieter Farwick, BrigGen a.D. und Publizist *)

Die entscheidenden Persönlichkeiten in dem Weltwirtschaftsforum in der Schweiz sind der chinesische Parteichef und „Kaiser von China“ Li Xinping sowie Klaus Schwab, der deutsche Professor und Gründer des Weltwirtschaftsforums in Davos im Jahre 1971.

Über die Jahre hat Klaus Schwab ein globales Imperium aufgebaut, das zunächst unterschätzt wurde. Schwab hat bedeutende Persönlichkeiten als Unterstützer, Mitglieder, Sponsoren und Geldgeber gewinnen können – von Bill Gates bis Antonio Guterres, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen.

Sein Imperium hat Büros in den wichtigsten Metropolen der Welt – so auch in Peking. 1000 bedeutende Konzerne spinnen sein Netz über den Globus. Das WEF hat insgesamt 800 Angestellte.

Das Highlight ist das Jahrestreffen – bisher in Davos, 2021 erstmalig bei Luzern.

Die Schweizer Armee sichert den Tagungsort seit Jahren auf dem Land und in der Luft mit vielen Soldaten weiträumig ab für die jährlich bis zu 3000 Teilnehmer. Diese lassen es sich nicht nehmen, auf der Parade der Spitzenpolitiker zu erscheinen – auch wenn es nur für Stunden ist. Man gehört zur Elite der Welt – zu den „ Erleuchteten“. Die großen Medien schreiben und senden ihre Kommentare in die gesamte Welt.

Deutsche Spitzenpolitiker – von Merkel über von der Leyen bis hin zu Schäuble – sehen in der momentanen Pandemie eine Krise, die Reformen erleichtert – auch den „ Great reset“.

So war es auch im Januar 2017 in Davos

Prof. Schwab gelang ein besonderer PR- Coup: für sein Unternehmen und für den „Kaiser von China“ Li Xinping.

Seit Jahrzehnten wird der amerikanische Präsident am 20. Januar in sein Amt in Washington D.C. eingeführt. Schwab hätte seine Veranstaltung verschieben können – und müssen, um den neuen/alten Präsidenten der Weltöffentlichkeit mit einer Grundsatzrede zu präsentieren. Allerdings war Schwab nie ein besonderer Anhänger der Vereinigten Staaten und des im November des Jahres  gewählten Präsidenten Donald Trump. Ein Affront.

Schwab hatte einen “genialen” Einfall: Er „erklärte“ Donald Trump als unabkömmlich und präsentierte den „Kaiser von China“ als „ guest speaker“ am 17. Januar 2017. Xinping präsentierte sich als „Hüter des freien, fairen Welthandels“ – unabhängig von der wirtschaftlichen Stärke und seiner finanziellen Mittel. Er propagierte die „Vierte industrielle Revolution“, die die Interessen der Wirtschaft mit den Interessen der Menschen in Harmonie bringen sollte.

Er bekam vor Ort rauschenden Beifall. Die Teilnehmer waren begeistert von den Seitenhieben auf Donald Trump, dem er an erster Stelle unfairen Protektionismus vorwarf.

Diese Message ging um die Welt. Der virtuelle und informelle Führer der „neuen Weltordnung“ war geboren. Er hatte eine „carte blanche“ gezogen.

Studiert man heute in Ruhe die Rede von Li Xinping vor dem Hintergrund der aggressiven Weltpolitik und den rigiden Unterdrückungsmaßnahmen – besonders der islamischen Muslime in Xinjang, der Entwicklung zum totalen Überwachungsstaat mit Bewegungs- und Gesichtserkennung

in Sekunden, der Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit inkl. im Internet und jüngst die Zerschlagung des Sonderstatus von Hongkong, u.a. mit Gefängnisstrafen für Studierende, das verstärkte Säbelrasseln gegen Taiwan, die weitverbreitete Korruption bis in die Spitzen der Parteiführung und Besitzer hoher Ämter in Staat und Militär, die Vertuschung des Coronaausbruchs um Wochen – fragt sich der Leser, was ist damals in Davos im Januar 2017 geschehen? Eine kollektive Gehirnwäsche? Das kann es nicht sein, da etliche Stichworte des Vortrages von Li Xinping wieder in dem jüngst erschienen Buch von Prof. Schwab und in vielen Politikerreden zu hören sind – auch von Antonio Guterres, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen.

Der „Great Reset“ (Der „Große Neustart“)

Es ist erstaunlich, wie wenig über den „Great Reset“ in Deutschland informiert und diskutiert wird.

Es wäre die vornehme Aufgabe der Regierungen in Bund und Ländern, die deutsche Öffentlichkeit über die tektonischen Verwerfungen, die ein Abkommen für uns alle bringt, frühzeitig zu informieren.

Eine löbliche Ausnahme ist die konservative Wochenzeitung „ Junge Freiheit“, mit brisanten Themen, die sie kritisch betrachtet. Professor David Engels schreibt in seinem Gastkommentar „Zwei Ideen fusionieren“ u.a.:

„Gerade jene Konzerne, die am ehesten das liberale Ideal des „Selfmademan“ bedienen, wie etwa Google, Facebook, Twitter, Microsoft, Amazon oder selbst Ikea, treten klar für ein kulturell wie politisch links verankertes Weltbild ein. Sie sind gegenwärtig die wichtigsten Kräfte hinter dem pseudo-sozialistischen „Great Reset“, also der schon seit längerem angestrebten, nun mit Hilfe der Corona-Krise beschleunigten und mit schönen Worten wie Klimaschutz, Toleranz, Multikulturalismus, Selbstentfaltung und Gleichberechtigung bemäntelten Umgestaltung unserer Gesellschaft“ ( s.“ Junge Freiheit“ vom 6.Dezember 2020).

Die „ großen Medien und die Regierung schweigen dazu.

In meinen Augen wird das Abkommen zu einer Diktatur der Supereichen werden.

Nationalstaaten, die gerade in der Corona-Pandemie wieder an Bedeutung gewonnen haben, sollen – wie die Mittelschicht – verschwinden. Auf der anderen Seite soll die „Corona- Pandemie“ den Umbruch beschleunigen, da die getroffenen politischen Maßnahmen – wie Einschränkungen während der Pandemie – weite Teile der Bevölkerung schon in die Passivität treiben. Sie werden sich nicht mehr wehren.

Es soll eine kleine Oberschicht geben, die als Weltregierung die „neue Weltordnung“ gestalten soll.

Die große Masse soll durch staatliche Versorgung ruhig gestellt werden. „Für Brot und Spiele“ wird gesorgt.

Ist das alles?

Was können wir als mündige Bürger noch tun?

Ich hoffe, dass es noch Chancen gibt, die Katastrophe zu verhindern – auch im Blick auf unsere Kinder und Enkelkinder, denen wir vernünftige Zukunftschancen übergeben müssen.

Innere und äußere Sicherheit sind die beiden Seiten der Medaille: wehrhafte Demokratie. Beide Säulen sind angeschlagen.

Eine deutliche Mehrheit der Deutschen steht auch in Zeichen der Corona-Pandemie im Bund und in den Ländern noch hinter den Regierungen, obwohl die konstruktiv-kritischen Stimmen zunehmen. Die von den Regierungen angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie werden überwiegend eingehalten. Es gibt Kritik an den Entscheidungen, die häufig zu generellen Maßnahmen führen, die zu wenig die speziellen und regionalen Besonderheiten berücksichtigen.

Das föderale System hat das Ansehen von Bund und Ländern deutlich beschädigt.

Die Länder verteidigen den Föderalismus und ihre Rechte. Sie verhindern in der Krise schnelles und gemeinsames Handeln – nicht nur im Bereich der Bildung.

Spätestes im etwas ruhigeren Sommer haben es Bund und Länder nicht geschafft, einen „Bildungsnotstand“ zu erklären – mit einer zeitlich begrenzten Einschränkung der Befugnisse der Länder. Im Bund sollte ein „Notparlament“ die notwendigen Beschlüsse fassen.

Die chaotische Öffentlichkeitsarbeit der Ministerien und deren nachgeordneten Behörden haben zu einem gravierenden Vertrauensverlust geführt, der durch – auch gewaltbereite – Demonstrationen ausgenutzt wird. Mit dem Staat verlieren Polizisten und Rettungspersonal ebenfalls an Ansehen und Respekt. Die Polizeiführungen vermissen den notwendigen Rückhalt der Regierungen, bei denen der Wunsch nach „De-Eskalation“ zu häufig im Vordergrund steht.

Die Tatsache, dass Gerichte wiederholt die Entscheidungen und Maßnahmen der Regierungen aufheben, verstärkt den Vertrauensverlust, der nur schwer und langfristig zu beheben ist. Auf der anderen Seite erleichtert er subversive De-Stabilisierung von außen – die zu wenig beachtet und zu wenig bekämpft wird.

Die Fähigkeit unseres Staates, Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden auch militärisch zu verteidigen, hat in den letzten 15 Jahren schwer gelitten. Unsere Bundeswehr gilt seit Jahren als „bedingt einsatzbereit“.

Die NATO ist auch durch die Unterlassungssünden Deutschlands geschwächt. Bei den Sicherheitskonferenzen in München verkünden deutsche Spitzenpolitiker, dass Deutschland bereit ist, in Fragen der Sicherheit mehr Verantwortung zu übernehmen. Nette Versprechungen, denen bis heute die notwendigen Kräfte und Mittel nicht zur Verfügung gestellt worden sind. Die „wehrhafte Demokratie Deutschland“ ist so schwach geworden, dass Erpressungen und Einschüchterungsversuche von innen und außen erleichtert werden. Der in Umfrage festgestellte Behauptungswillen und die Verteidigungsbereitschaft sind bereits heute unbefriedigend.

Im Rahmen von „hybrider Kriegsführung“ sind manche Einfalltore bereits geöffnet.

Jeder potentielle Eroberer freut sich über ein „Mehr“ an weißen Fahnen der Kapitulation.

Die europäischen Verteidigungsanstrengungen sind zu vernachlässigen, auch wenn deutsche Spitzenpolitiker von einer autonomen europäischen Verteidigungsfähigkeit träumen mögen.

Die EU ist gespalten – politisch und wirtschaftlich. Sie ist kein „Global Player“ mehr. Dieser Schaden ist mit einigen kosmetischen Korrekturen nicht zu beheben.

Die häufig erkennbare Unterwerfung einiger europäischer Staaten unter die Fuchtel Chinas schwächt auch die Abwehr des „Great Reset“, der kein Selbstläufer ist.

Dazu später mehr.

Auch in der neueren Geschichte der Menschheit – z.B. im Kommunismus und Sozialismus oder im Islam – hat es wiederholt Versuche gegeben, den „neuen Menschen“ zu schaffen. Sie sind unter großen Opfern gescheitert. Allerdings bleibt der Islam eine Bedrohung für unsere Art zu leben.

Äußerungen von deutschen Spitzenpolitikern, der Islam gehöre zu Deutschland, sind mir unverständlich.

Einige Staaten leiden noch heute mit ihren Menschen unter den Irrwegen verschiedener  “-ismen”.

Zum Glück gibt es noch Menschen auf dem Globus, die als Individuen leben wollen. Sie wollen anders sein als andere. Sie wollen ihr eigenes Leben gestalten. Ihre Gestaltungsfreiheit soll dort enden, wo sie den Freiraum anderer Menschen gefährden.

Diesen Lebensstil will der „Große Neustart“ vernichten.

Li Xinping und Prof. Schwab wollen beide die „Weltherrschaft“ – die Macht über uns Menschen.

Das dürfen wir nicht kampflos hinnehmen.

Wir müssen unsere Kinder und Enkelkinder immunisieren gegen Fanatiker, indem wir sie von den Vorteilen unserer demokratischen Grundordnung – trotz vorhandener Mängel – überzeugen.

Wir dürfen ihnen allerdings mögliche Hindernisse auf ihrem Lebensweg nicht ersparen. Im Gegenteil – wir müssen sie lehren, Hindernisse zu überwinden.

Diese Aufgaben können nicht allein den Eltern überlassen bleiben. Lehrer und besonders Lehrerinnen, die in vielen Lehrkörpern die Mehrheit bilden, sollten den Mut entwickeln, klare Forderungen zu stellen. Das gilt auch für die beiden Staatskirchen, die in den letzten ihren Erziehungsauftrag vergessen haben. Die hohen Zahlen der Kirchenaustritte haben die Kirchenfürsten nicht veranlasst, über diese Tatsachen nachzudenken und mit den verbliebenen Gläubigen zu diskutieren – einschl. der sexuellen Straftaten und ihren Ursachen.

Das erzieht zu Demut, die heute zu wenig vorgelebt wird.

In der Erziehung darf es nicht darum gehen, in den Bildungseinrichtungen bei Benotungen um Stellen hinter dem Komma zu kämpfen.

Wir müssen Persönlichkeiten anstreben, die physisch und psychisch robust genug sínd, gegen Widerstände zu kämpfen.

Bei der Auswahl politischer Kandidaten muss wieder stärker auf den Charakter sowie zivilberufliche Erfolge über einen längeren Zeitraum – z.B. fünf Jahre – geachtet werden. Eine Laufbahn über Kreißsaal, Hörsaal und Plenarsaal sollte es nicht mehr geben. Kenntnisse in Digitalisierung und Automatisierung mit Hilfe der „künstlichen Intelligenz“ sind so wichtig wie die englische Sprache.

Als Wahlbürger sollten wir Persönlichkeiten fördern, die über eine bewiesene Urteilsfähigkeit verfügen.

Der Sport bietet, hoffentlich auch nach einer Pandemie, viele Möglichkeiten, sich als Trainer – besonders als Jugendtrainer – zu engagieren. Das fördert auch die eigene Disziplin und die Fähigkeit, Menschen zu führen.

Wir müssen einen Beitrag leisten, die Qualität der Parteien auf allen Ebenen zu verbessern. Wissen, Können und Charakter müssen eine Einheit bilden.

Aufenthalte in fremden Ländern sollen den eigenen Horizont erweitern. Das schließt Fremdsprachenausbildung im import- und exportorientierten Deutschland ein.

Wer ist auf unserer Seite?

„Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“

Selbst die Weltmacht China hat auch schwache Seiten, die man ausnutzen kann – mit Selbstbewusstsein, Dynamik, Entscheidungsfreude und Optimismus.

Es ist auch noch nicht entschieden, ob Li Xinping oder Klaus Schwab die „Weltregierung“ führen werden. Beide streben nach der Weltherrschaft. Im Duo oder als Solisten?

Da es keinen nationalen Alleingang für Deutschland geben kann, muss es gleichgesinnte Partner finden – mit ähnlicher Interessenlage und ähnlichen Werten in Europa, Asien, Afrika, Ozeanien und Lateinamerika.

Deutschland muss seine zu große Abhängigkeit von China reduzieren.

China wird Probleme mit seiner demographischen Entwicklung bekommen.

Wir dürfen China nicht größer machen, als es tatsächlich ist, und uns nicht kleiner darstellen..

Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass erfolgreiche Nationalstaaten – von den USA bis zur Schweiz – sich freiwillig einer „Weltregierung“ unterwerfen.

Schon die Wahlen zum europäischen Parlament zeigen, dass es nahezu unmöglich ist, von „oben“ eine „europäische Identität“ zu verordnen. Die Vielfalt der Kulturen und Traditionen muss wieder die Stärke der europäischen Nationalstaaten werden. Kann man sich da „Weltbürger“ vorstellen? Europa muss wieder ein Bollwerk gegen Versuche der Auflösung der Nationalstaaten werden.

Dieses Europa soll sich bescheiden, sich zu einer neuen Gemeinschaft – einer neuen Wirtschafts- und Handelsunion – zu entwickeln. Mit Blick auf die „HANSE“ die für 450 Jahre den freien Handel und den Frieden in weiten Teilen Europas erhalten hat – ohne eine ausufernde Bürokratie und eine einengende Bevormundung.

Auch in Demokratien muss geführt werden von kompetenten, weltoffenen Persönlichkeiten – keine Bürokraten und Funktionäre, die jede Verantwortung für ihr Tun ablehnen – und damit davonkommen.

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*) Brig.General a.D. Dieter Farwick wurde am 17. Juni 1940 in Schopfheim, Baden-Württemberg, geboren. Nach dem Abitur wurde er im Jahre 1961 als Wehrpflichtiger in die Bundeswehr eingezogen. Nach einer Verpflichtung auf Zeit wurde er Berufssoldat des deutschen Heeres in der Panzergrenadiertruppe.
Vom Gruppenführer durchlief er alle Führungspositionen bis zum Führer einer Panzerdivision. In dieser Zeit nahm er an der Generalstabsausbildung an der Führungsakademie in Hamburg teil. National hatte er Verwendungen in Stäben und als Chef des damaligen Amtes für Militärisches Nachrichtenwesen.
Im Planungsstab des Verteidigungsministers Dr. Manfred Wörner war er vier Jahre an der Schnittstelle Politik-Militär tätig und unter anderem an der Erarbeitung von zwei Weißbüchern beteiligt. Internationale Erfahrungen sammelte Dieter Farwick als Teilnehmer an dem einjährigen Lehrgang am Royal Defense College in London.
In den 90er Jahren war er über vier Jahre als Operationschef im damaligen NATO-Hauptquartier Europa-Mitte eingesetzt. Er war maßgeblich an der Weiterentwicklung des NATO-Programmes ´Partnership for Peace` beteiligt.
Seinen Ruhestand erreichte Dieter Farwick im Dienstgrad eines Brigadegenerals. Während seiner aktiven Dienstzeit und später hat er mehrere Bücher und zahlreiche Publikationen über Fragen der Sicherheitspolitik und der Streitkräfte veröffentlicht.
Nach seiner Pensionierung war er zehn Jahre lang Chefredakteur des Newsservice worldsecurity.com, der sicherheitsrelevante Themen global abdeckt.
Dieter Farwick ist Beisitzer im Präsidium des Studienzentrum Weikersheim und führt dort eine jährliche Sicherheitspolitische Tagung durch.
Seit seiner Pensionierung arbeitet er als Publizist, u. a. bei conservo.
www.conservo.wordpress.com     7.12.2020   
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