Tod eines „Philantropen“ – von 150 Jahren Haft hat der Anlagebetrüger Bernie Madoff knapp zwölf verbüßt

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Von Notan Dickerle,  Anwärter auf den Leuchtturmpreis für mutigen Journalismus gegen „Bunt”

Ich gebe zu, diesen Nachruf hätte ich nicht geschrieben, wenn der Wikipedia-Nekrolog den am 14. April im Gefängnis verstorbenen Bernard L. Madoff nicht als „ US-amerikanischen Börsenmakler, Anlagebetrüger und Philanthrop” präsentiert hätte.

Unter Philanthropie versteht man allgemein menschenfreundliches Denken, gerne auch „allgemeine Menschenliebe“, wie sie im postreligiösen Zeitalter bei den um Vorurteilslosigkeit und voraussetzungsloses Menschsein bemühten „Liberals”, also den Linksliberalen, Hochkonjunktur haben. Der von manchen Auguren (wie dem belgischen Philosophen David Engels) prognostizierte „Milliardärssozialismus” als neue Gesellschaftsform nach erfolgtem „Great Reset” kommt ohne die großzügigen Gaben milliardenschwerer Philanthropen nicht aus.

Schwerpunktmäßig sind sie auf der anderen Seite der Atlantik-Brücke anzutreffen, wo etwa ein Drittel aller Milliardäre dieser Welt ihren Lebensschwerpunkt haben. George Soros und Bill Gates sind die bekanntesten Namen, die für diese Art von Wohltätigkeitskultur stehen. Auch Bernie Madoff war Teil dieses Systems.

Eigentlich war der Enkel jüdischer Einwanderer aus Osteuropa ein Selfmademan, der sich aus bescheidenen Verhältnissen zum Vorsitzenden der Technologiebörse Nasdaq emporgekämpft hat, sein Hauptgeschäft aber mit Anlageberatung machte, hinter der sich im Wesentlichen ein Schneeballsystem („Ponzi-Schema”) verbarg. Das ging jahrzehntelang gut, bis in der großen Finanzkrise des Jahres 2008 zu viele Kunden auf einmal ihre Einlagen zurückforderten, die Madoff nicht auszahlen konnte.

Bei einem Schaden im Umfang von mindestens 65 Milliarden USD und ca. 4800 Geschädigten bezeichnete das „Wall Street Journal” den Fall Madoff als den wahrscheinlich größten Finanzbetrug der Geschichte. Entsprechend wurde der Hauptverantwortliche, der sich in Hoffnung auf einen „Deal” in allen Anklagepunkten (insbesondere Diebstahl, Geldwäsche und Urkundenfälschung) schuldig bekannte und sogar zugab, schon jahrelang keine wirklichen Anlagen mehr getätigt sondern nur frische Einlagen akquiriert zu haben, im Juni 2009 zur Höchststrafe von 150 Jahren Haft verurteilt. Ein Whistleblower hatte bereits zehn Jahre früher auf die höchst zweifelhaften Methoden des Anlageberaters Madoff aufmerksam gemacht, was von der US-Börsenaufsicht SEC ignoriert worden war.

Damals gehörten die Eheleute Ruth und Bernard Madoff schließlich noch zu den Wohltätern und oberen Zehntausend, traten als Spender für zahlreiche karitative und kulturelle Einrichtungen insbesondere jüdischer Träger auf und waren Mitglieder im Vorstand von Theatern und Colleges. Dieses philanthropische Erscheinungsbild bewog wiederum andere Stiftungen, Madoff ihr Geld anzuvertrauen – mit entsprechend fatalen Konsequenzen: So mussten etwa „Justice, Equality, Human dignity, and Tolerance (JEHT)” oder die „Fair Food Foundation of Ann Arbor” nach der Festnahme Madoffs ihre Aktivitäten mangels Spendeneingängen einstellen. Die „Elie Wiesel-Stiftung” des gleichnamigen Friedensnobelpreisträgers zum Kampf gegen Intoleranz und Ungerechtigkeit in der Welt verlor 2008 fast ihr gesamtes Vermögen. Mehrere geschädigte Privatpersonen begingen Selbstmord.

Madoff gehörte jahrelang zu den größten Spendern der Demokratischen Partei, also der Hoffnungsträger, die nach den (angeblichen) Horrorjahren des bösen Donald Trump jetzt endlich wieder den Menschenrechten und dem materialistischen Universalismus weltweit zum bedingungslosen Sieg verhelfen wollen. Geld stinkt bekanntlich nicht (auch wenn es in seiner baren Form neuerdings von Spürhunden auf Flugplätzen bei den Reisenden erschnüffelt wird), und der gute Zweck hat schon oft die obskure Herkunft der so dringend benötigten Mittel in den Hintergrund gedrängt.

Politische Parteien haben davon bekanntlich besonders viel nötig, was sich als mögliche Erklärung für so manche ihrer überraschenden Volten anbietet. Wie schmal der Grat zwischen Betrug und „Philanthropie” sein kann, wie ambivalent das Verhältnis von Wohltat und Verbrechen, das zeigt der Fall des verstorbenen „Lügengenies” (so der deutsche Titel des Films „The Wizard of Lies” mit Roberto de Niro als Bernie Madoff) auf exemplarische Weise auf: Nicht überall, wo Philantropie draufsteht ist sie auch drin!

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