Rezensionen auf dem Weimarer Sofa und anderswo

Von Helmut Roewer

Zuweilen treibt mich das schlechte Gewissen um. Zu lange liegen nun schon etliche Rezensionsexemplare gelesen, aber unbesprochen kreuz und quer in meiner Wohnung, im Auto und in unausgepackten Reisetaschen herum. Jetzt, wo ich endlich Abhilfe schaffen will, muss ich die Bücher mühsam zusammenklauben. Hoffentlich habe ich kein Wichtiges vergessen – wobei wie stets gilt: Was ich nicht für lesenswert halte, das bespreche ich nicht.

Egon W. Kreutzer: Der Goldesel. Roman. Norderstedt, Books on Demand, 2020, 448 Seiten.

Dieses Buch stelle ich an die Spitze meiner Besprechungen, da es mir gute zwei, drei Stunden Unterhaltung geboten hat. Es spielt im deutsch-italienischen Verbrecher-Milieu, in das ein typischer Michel ungewollte verstrickt wird. Man legt es zum Schluss amüsiert aus der Hand und sagt hernach: Ja, so isses. Was will man mehr.

Manch einer mag einwenden, dass der Autor doch „eigentlich“ ein Blogger und Buchautor mit strikt wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Themen sei. Auch richtig, aber, wie man sieht, er  kann auch anders. Seine Figuren sind äußerst realistisch, mit ironischer Distanz gezeichnet, und es bleibt dem Leser überlassen, ob er den Helden für den Helden hält.

Moralische Zeigefinger sucht man vergeblich. Die Details der Handlung will ich für mich behalten. So viel sei gesagt: Der Spannungsbogen dieses vortrefflichen Verbrecherstücks hält bis zur letzten Seite. Den Goldesel kann ich empfehlen.

Während ich die vorstehenden Zeilen konzipiere, sehe ich in meinem Arbeitsrechner zur Sicherheit nach, ob ich schon was über den Goldesel geschrieben habe. Offenbar nein, dafür stoße ich unter dem Suchwort Goldesel auf ein merkwürdiges Detail. Das Wort ist meinem Rechner weitgehend unbekannt. Er mach allerdings eine Ausnahme. Diese betrifft ein ganz anderes Buch, das ich im Traum nicht zu besprechen beabsichtigt hatte. Nämlich dieses hier, das ich nicht für gut, aber für entlarvend halte. Es ist die Entzauberung seiner selbst.

Klaus Schwab/Thierry Malleret: Covod-19. Der Große Umbruch. Cologne/Genf, Weltwirtschaftsforum, Forum Publishing. 2020, 235. Seiten.

Wie gesagt, ich wäre im Traum nicht auf den Gedanken gekommen, das Buch eines Mannes und seines Hilfs-Sherifs zu besprechen, der von Genf aus dem Rest der Welt – jedenfalls soweit diese nicht zu den Leadern (Führern) zählt – das Heil der Besitzlosigkeit predigt. Dies alles tun er seit vielen Jahren unter dem Stichwort des Great Reset. Jetzt schwelgt er in Sachen Corona, von dem er schildert, wie es die Schwabisten auf dem Umweg über das Seuchengeschehen, den eigenen Zielen näher bringt – endlich. Viele Reiche, die diese Lehren konsumieren, nicken hierzu weise mit dem Kopf, denn sie sind sich sicher: Für sie selbst gilt das nicht. Den Verzicht sollen andere üben.

Schwab & Co sind Spinner auf höchsten Niveau. Ihre Gefährlichkeit folgt aus dem Umstand, dass sie die Gurus für eine Riege von realen Machtmenschen geworden sind, die rücksichtslos umzusetzen bereit sind, was der Vordenker predigt. Zu diesen gehorsamen First Class-Jüngern zählt sein etlichen Jahren die Noch-Kanzlerin Merkel. Wer’s nicht glauben mag, lese ihre Auslassungen, die sie Jahr um Jahr in Genf zum Weltwirtschaftsforum absonderte.

Besonders geärgert hat mich immer wieder, wenn Leute, die sich für glänzend politisch unterrichtet halten, von einem Klaus Schwab und dessen segensreichem Wirken noch nie gehört haben. Denen sei dieses Buch zur Lektüre empfohlen. Allen anderen, die auf der Suche nach Munition gegen diese Totalitarismus-Anbeter sind, ebenso. Es sind Selbstauskünfte, an deren Ernsthaftigkeit kaum zu zweifeln ist.

Da wir gerade dabei sind, will ich die Liste der nicht zu empfehlenden Werke durch ein weiteres ergänzen, über das ich wegen seiner unfreiwilligen Komik Tränen gelacht habe. Hier ist es:

Robert Koch-Institut/Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hg.): Das Impfbuch für alle. Mit Beiträgen von Dr. med. Eckart von Hirschhausen. 1. Auflage, Köln, Juni 2021, 80 Seiten.

Dieses Heft, in deutschen Apotheken als Grapsch-Ware ausgelegt und vom Steuerzahler bezahlt, ist als eine staatliche Aufklärungsschrift über den Segen von Corona-Impfungen konzipiert und dementsprechend ausgestaltet. Wenn man den Inhalt mit nur 4 (!) Monaten Abstand nach seinem Erscheinen mit der Wirklichkeit vergleicht, leuchtet rasch ein, was es wert ist: Nichts.

Denn ernsthaft empfiehlt der Fernseharzt Hirschhausen seinem Publikum, sich impfen zu lassen, weil die Geimpften gegen Corona-Infektion geschützt seien, so dass sie ihn in seinen Veranstaltungen wieder persönlich aufsuchen könnten. Darauf freue er sich.

Ja, darauf freue ich mich auch. Nicht etwa, dass ich Hirschhausen die Aufwartung machen würde – nein, sicher nicht, wer kommt denn aus sowas? –, sondern darauf, wie er seinem Publikum erklärt, dass gut die Hälfte der derzeit an Covid-19 Erkrankten doppelt geimpft ist – einschließlich derer, die da gläubig vor ihm sitzen.

Und nochmal Hirschhausen (er ist wirklich zum Schreien komisch): „Ich war einer von tausenden freiwilligen Testpersonen. Wir sind alle vorher gründlich über die möglichen Risiken informiert worden. eingetreten ist davon bei mir nichts. Kein Wunder, …, gehörte ich durch die Zufallsverteilung zur Kontrollgruppe, die nur ein Scheinmittel bekam…“ Tusch, man krümmt sich

vor Lachen und wird erst wieder ernst, wenn man die jüngsten Aussagen der Impfstoff- Studienleiterin in der britischen Medizin-Literatur nachliest – jener Frau, die für den Pharma- Riesen Pfizer die Untersuchungen an lebenden Testpersonen vornahm und nun schildert, dass bei der Anmeldung des Präparats zur Zulassung die zahlreichen Fälle mit den festgestellten Impffolgen einfach weggelassen  wurden.

Oder wie gefällt Ihnen dieser Hirschhausen hier: „Pandemie ist überall. Und deshalb ist diese Pandemie auch erst vorbei, wenn nicht nur wir in Deutschland mehrheitlich geimpft sind,…“ Aha. Merke: Die Sache ist bei uns nicht vorbei, weil im Kongo die Leute immer noch nicht geimpft sind. Und in Obervolta auch nicht. Ist doch einleuchtend.

Ich empfehle jedem, dieses Heft aufzuheben, damit er morgen und übermorgen noch weiß, wie er durch Propaganda reingelegt wurde. Allerdings nur, wenn er dann noch genügend Strom geliefert bekommt, um nach Feierabend im beleuchteten Zimmer noch lesen zu können. Denn was auf der Schwelle lauert, ist dieses hier:

Wulf Bennert: Blackout. Kleines Handbuch zum Umgang mit einer wachsenden Gefahr. Erfurt, Kaleidoscriptum, 2020, 60 Seiten.

Seit einigen Jahren weisen die Veröffentlichungen von Bauphysikers Wulf Bennert darauf hin, dass der Industriestandort Deutschland kein Ponyhof ist, in dem man bei Kerzenschein, seinen Weltverbesserungs-Spinnereien nachgehen könnte. Doch es ist so, als sei es gegen die Wand gesprochen. Atom- und Kohleausstieg stehen auf der politischen Agenda. Nicht irgendwann, sondern wir sind mittendrin. Unabhängig von den Gesetzen der Physik verhandelt unsere politische Klasse deren Außerkraftsetzen per Parteitagsbeschluss. Das ist die Realität in unserm Land. Mit andern Worten: Real ist die Aufhebung der Realität.

Wer die Notwendigkeit verspürt, in die Daten der Stromversorgung und ihrer Grenzen eingeführt zu werden, der ist bei der Bennert an der richtigen Adresse. Das Buch ist so nüchtern formuliert, dass man es alle zwei, drei Seiten beiseite legen muss, um die Erkenntnisse sacken zu lassen. Bennerts Fazit: Der Blackout kommt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit und des Hinzutretens einer nicht vorausgesehenen Störung. Die kann bereits bei längerer Windstille eintreten.

Über das, was Blackout bedeutet, lässt die Bennert’sche Broschüre keinen Zweifel aufkommen. Es ist ein Ereignis, das nach wenigen Tagen in eine nicht mehr zu steuernde Katastrophe einmünden wird. Das wird wohl so kommen, da nicht zu erkennen ist, dass die politischen Entscheidungsträger in unserm Land auf die Idee kommen könnten, dem entgegenzuwirken. Das ist kein Wunder, denn sie glauben im Ernst, dass sie Stromausfällen bei Windstille durch den Aufbau von noch mehr Windmühlen entgegenwirken könnten. Das erinnert stark an die Bürger von Schilda. Sie vergaßen, ins Rathaus Fenster einzubauen, und versuchten, dem Mangel abzuhelfen, indem sie vor der Tür Sonnenlicht auf Schubkarren luden, um das Rathaus zu beleuchten. Mit wahrhaft glänzendem Erfolg.

Bei soviel Katastrophenstimmung ist es wohltuend in unsere heile Welt zurückzukehren, eine Welt, die von der Vernunft regiert wird, auch wenn Zweifel hieran erlaubt sein dürfen:

Josef Kraus: Der deutsche Untertan. Vom Denken entwöhnt. München, LMV, 2021, 351 Seiten.

Seit Jahr und Tag ist Josef Kraus ein unermüdlicher Streiter wider die Bildungsmisere in Deutschland. Jetzt hat er seine Perspektive auf den Deutschen an sich erweitert.

Herausgekommen ist, wie das Titelbild ausweist, ein Blick auf den lebenden deutschen Gartenzwerg. Selbstgenügsam, beschränkt, ängstlich, obrigkeitsfromm. Ja, das ist er, was sollte man dagegen sagen? Nichts.

Es ist ein besonderes Verdienst von Kraus, dass er schildert, was schief läuft, und wie es nach seiner Ansicht mit Vernunft grade zu rücken wäre. Der Verkaufserfolg des Buches lässt keinen Zweifel: ungezählte Deutsche stimmen dem Autor zu. Und doch bleibt ein kleines Doch. Der Text

Es ist ein besonderes Verdienst von Kraus, dass er schildert, was schief läuft und wie es nach seiner Ansicht mit Vernunft gradezurücken wäre. Der Verkaufserfolg des Buches läßt keinen Zweifel: ungezählt Deutsche stimmen dem Autor zu. Und doch bleibt eine kleines Doch. Der Text von Kraus besticht wie gewohnt durch seinen konzilianten Ton. Kein Leser fühlt sich verletzt. Man sitzt bei der Lektüre wie auf dem sonnenbeschienenen Balkon und betrachtet die Parade der Gartenzwerge. Das Gegenbild wäre wohl ein unaufgeräumtes Zimmer mit einem überdimensionierten leicht beschlagenen Spiegel. Davor der Leser. Er sieht: Der Gartenzwerg, das bin ich. Aber dann wäre der Bestseller kein Bestseller. Nehmen wir ihn also so, wie er ist. Und hoffen, dass steter Tropfen den Stein höhlt.

Ganz anders geht es in den nun folgenden beiden Gegenwartsbeschreibungen zu Sache:

Bernd Kallina: Unhaltbare Zustände. Interviews und Beiträge im deutschen Interesse. Bad Schussenrieth, Gerhard Hess Verlag, 2021, 236 Seiten.

Nein, das ist kein freundliches Buch. es handelt sich vielmehr um die Versammlung von Interviews, die der ehemalige Deutschland-Funk-Redakteur und heutige Herausgeber des Deutschland-Journals mit einer Vielzahl von Personen geführt hat, die bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Ansichten eines eint: Sie sind keine Mainstream-Plapperer. Hier eine Auswahl: Günther Deschner, Gernot Facius, Karl Wilhelm Fricke, Armin-Paulus Hampel, Christian Jung, Hans-Helmuth Knütter, Vera Kosova, Konrad Löw, Werner Patzelt, Rüdiger Proske, Günter Rohrmoser, Erika Steinbach, Rolf Stolz, Peter Streichan, Michael Wolffsohn, Alfred de Zayas.

Kallina ordnet seine Interviews vier Themenblöcken zu: Schattenthemen der deutschen Zeitgeschichte; Deutschlands Multi-Kulturalisierung und deren Folgen; Altparteien und die neue Kraft: die AfD; CSU-Ausgrenzung gegen „Rechts“: der Fall Beckstein. Damit ahnt man, worum es geht. Ich habe es als bemerkenswert empfunden, dass es vor allem ehemalige und langgediente CDU-Leute sind, die zu Wort kommen, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Bei mir selbst hat das die Frage ausgelöst: Warum haben diese Leute seit vielen Jahren nichts bewirkt? Ich bitte, dies nicht als Schmähkritik misszudeuten, sondern es ist auf meiner Seite die pure Neugierde.

Und schließlich: Das Interview mit Vera Kosova, sie ist die Bundesvorsitzende der Vereinigung von Juden in der AfD, hat mir am meisten zu denken gegeben. Das sind völlig andere Töne, als wir sie aus den diversen öffentlich bekannten und subventionierten Räten gewohnt sind und schon deswegen unbedingt lesenswert.

Ulrich Schödlbauer: Die Grenzen der Welt. Essays, Band 2. Heidelberg, Manutius Verlag, 2021, 378 Seiten.

Das ist das nun mit Abstand komplizierteste Buch der heute besprochenen Serie. Vorab: Eine Sammlung der vorliegenden Art hat es oft an sich, dass man mit manchem absolut nichts beginnen kann, während man anderes schlechthin als brillant empfindet. So ist es – ich sage das ohne jeden Schäh – auch hier. Genaueres wird bei der nächsten Rezension folgen, denn ich habe keine Lust, dies komplexe Buch übers Knie zu brechen. Versprochen.

©Helmut Roewer, November 2021