«Ich glaube nicht, dass wir vor dem Dritten Weltkrieg stehen»

Territoriale Entwicklung der Ukraine 1922 - 1954. (c) Spiridon Ion Cepleanu, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Die Atommächte USA und Russland wollen eine direkte Konfrontation in der Ukraine vermeiden, meint der Friedensforscher Daniele Ganser im Gespräch mit «Corona-Transition».

Veröffentlicht am 25. Februar 2022 von RL.

Territoriale Entwicklung der Ukraine 1922 – 1954. (c) Spiridon Ion Cepleanu, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Die Ereignisse in der Ukraine überschlagen sich. Unlängst hat der Kreml die Separatistengebiete Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine anerkannt. Am 24. Februar hat das russische Militär einen grossflächigen Angriff auf die Ukraine gestartet. Berichten zufolge sind inzwischen sogar erste russische Einheiten bis in die Hauptstadt Kiew vorgedrungen. Der Historiker Daniele Ganser befasst sich seit Jahren mit dem Ukraine-Konflikt. Gegenüber Corona-Transition gibt der Friedensforscher seine Einschätzung ab.

Corona-Transition: Herr Ganser, Putin spricht davon, die russischsprachige Bevölkerung im Donbass vor einem «Genozid» zu schützen. Der ukrainische Präsident wiederum sieht sein Land bedroht vor einer russischen Invasion. Wie schätzen Sie die gegenwärtige politische Situation ein?

Daniele Ganser: Die Invasion von Russland in die Ukraine ist für mich ein klarer Verstoss gegen das UNO-Gewaltverbot und daher illegal. Aber die Invasion hat eine Vorgeschichte. Die Volksrepubliken Luhansk und Donezk, auch als Donbass bezeichnet, befinden sich seit acht Jahren im Konflikt mit der Regierung in Kiew. Weil es ein bewaffneter Konflikt ist, gibt es Tote auf beiden Seiten. Wir haben also hier schon seit Jahren einen mehr oder weniger stillen Krieg, über den in unseren Medien aber kaum berichtet wurde. Das Thema Corona hat alles andere verdrängt.

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