Protest gegen Putin – der Mut der Gerechten

Viewsridge, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

(www.conservo.blog)

Von Peter Helmes

Viewsridge, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Offensichtlich wächst der Protest gegen Putins Vorgehen gegen die Ukraine in der russischen Bevölkerung. Besonders beeindruckt hat der aufsehenerregende Protest der russischen Journalistin Marina Owsjannikowa im staatlichen Fernsehen. Owssjannikowa hatte in den Hauptnachrichten des russischen Staatsfernsehens ein Protestplakat gegen den Krieg in der Ukraine in die Kamera gehalten. Sie wurde umgehend zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie in einem zuvor aufgenommenen Video zu Protesten gegen den Krieg aufgerufen hatte. Ob es weitere juristische Konsequenzen gibt, steht noch nicht fest. Ihr Anwalt befürchtet, daß sie wegen ihres Protestes im Fernsehen nach dem neuen russischen Mediengesetz zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt werden könnte.

Marina Owssjannikowa verdient jedoch internationales Lob für ihre Antikriegsbotschaft. Die russische Fernsehjournalistin ist bekannt gewesen als Putins persönliche Favoritin. Der Präsident hat sich bei mehreren Gelegenheiten von ihr interviewen lassen. Daß es gerade sie ist, die auf diese Weise gegen Putins Krieg und die Propaganda des Kremls vorgeht, sagt einiges über ihren Mut aus. Gleichzeitig kann es weiterhin sein, daß der Präsident, wenn die Aufmerksamkeit von außen abgenommen hat, Owssjannikowa benutzen kann, um ein Exempel zu statuieren. Es ist für russische Medien weiter verboten, ein anderes Weltbild zu vermitteln als das, was Putin ihnen erlaubt hat.

Marina Owsjannikowa hat der Welt gezeigt, daß sich auch unter Putins repressivem Regime die Wahrheit nicht dauerhaft unterdrücken läßt. Mit unglaublichem Mut drang sie im staatlichen Fernsehsender Kanal 1 in eine Direktübertragung der Nachrichten ein und hielt ein Plakat gegen den Krieg in die Höhe. Es war auch ein Notruf des Teils der russischen Bevölkerung, der Putins Zensur und seine Lügen über den Krieg in der Ukraine durchschaut hat. Für kurze Zeit fiel die Fassade in der sonst so streng kontrollierten russischen Medienwelt.

Es sind solche Menschen wie Owsjannikowa, die es nicht zulassen, daß die Ehre und die Würde der Menschheit nicht vollständig verloren gehen. Das erinnert an einen alten Witz, der noch aus Sowjetzeiten stammt: Ein Mann teilt in Moskau Flugblätter aus und wird sofort vom KGB verhaftet. Aber auf der Wache sehen alle, daß es sich nur um weißes Papier handelt. Diese Geschichte wiederholte sich nun.

Ein Film von einer Anti-Kriegsdemonstration in Nischni Nowgorod zeigt eine Demonstrantin, die nur deshalb festgenommen wird, weil sie ein weißes Blatt in die Höhe hält. Das ist das Klima, das in Russland herrscht, und trotzdem stellt sich eine Redakteurin in einer laufenden Nachrichtensendung mit einer Botschaft gegen den Krieg in die Kamera. Putin mag es geschafft haben, viel von dem Widerstand gegen sein Regime und seinen Krieg zu brechen. Aber auch im Zarenreich gab es Volksaufstände. Der von 1905 führte zur Schaffung eines Parlaments, der von 1917 zur Revolution.

Auch die Reise der Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien nach Kiew war ein Zeichen des Mutes und der Solidarität.

Sie wagten sich in die ukrainische Hauptstadt Kiew, die von Russlands Streitkräften mit Raketen und Bomben angegriffen wird. Die Botschaft an die Regierung und die Menschen der Ukraine ist klar: Ihr seid nicht allein. Der Krieg kann mit diesem Besuch nicht beendet werden. Und doch sind solche starken Symbole wichtig – auch als Signal an den Kreml. Russlands Präsident Putin hat vor seinem Überfall auf die Ukraine offenbar darauf spekuliert, daß die USA und die EU-Staaten keine gemeinsame Antwort auf sein brutales Vorgehen finden werden. Doch darin hat sich Putin getäuscht

Der Besuch war deshalb ein wichtiger Moment für den ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Zum ersten Mal seit Beginn der russischen Invasion sprach er nicht nur per Telefon oder Videokonferenz, sondern direkt mit Regierungschefs der EU-Staaten. Für die Ukrainer war der Besuch mehr als nur eine symbolische Geste der Solidarität: Er machte ihnen Mut.

www.conservo.blog     16.03.2022