Putinversteher

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von altmod

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Vorbemerkung Maria Schneider: Ich veröffentliche unterschiedliche Meinungen, die ausschließlich die Meinung des Autors widergeben.

Dies gilt auch für verschiedenste Artikel zu Russland und der Ukraine. Deren Veröffentlichung bedeutet nicht, dass dieser Blog automatisch die USA, Russland oder die Ukraine unterstützen würde.

Ziel ist, wieder Raum für Debatten zu schaffen, auch und gerade, wenn man davon überzeugt ist, dass der andere verblendet ist. Wie bereits erwähnt, werden der linksgrüne Klimawahn, Kommunismus und LGBT-Propaganda nicht unterstützt. Bleiben Sie bitte bei den Diskussionen, in denen durchaus harte Fakten sprechen sollten, menschlich. Denn sonst sind wir nicht besser als jene, die wir als unmenschlich verurteilen.

Betrachtet man die Kommentare auf conservo zu den Themen Ukraine/Russland, hat man den Eindruck, die Leserschaft besteht fast beherrschend aus „Putinverstehern“ (PV). Verbunden ist in vielen Kommentaren ein (über-)kritischer Antiamerikanismus, und fast in einem Atemzug wird dann noch die Ukraine gerne als Schurken-Anhängsel des USA-Imperialismus ausgemalt, oder je nach gusto auch als jüdisch dominierte Oligarchen-Plutokratie, seltener auch als Nazi-Hort.
Was mich verwundert dabei, ist – das sei vorweg schon gesagt – dass dieser Amerikakritik gleichzeitig ein Moralismus übergestülpt wird, der aber nicht auch kontrapunktisch bei der Betrachtung von Putins Händeln zu erkennen ist.
Nüchtern analysierende Beiträge, wie die von Peter Helmes, General Farwick oder mancher von Helmut Roewer, rufen dann den Unmut unter der Putin-verstehenden Community der Kommentatoren hervor.

Jürgen Fritz schreibt auf seinem Blog: „Zur Semantik: „Putinversteher“ ist ein ganz schlechter Ausdruck. Deutlich besser ist: „Putin-/Russland-„ respektive „Faschistensympathisant“.“
Da ist was Wahres dran, wenn man so manchen von den Kommentaren analysiert und die Tendenz  mancher Schreiber zu den unterschiedlichsten Themen.
Man sollte auch zwischen „Verstehen“ im Sinne von Begreifen, wie das Gegenüber „tickt“ und billigendem Verständnis unterscheiden. Was nicht immer zu erkennen ist.

Mein Bekenntnis ist ganz klar: Ich möchte weder einen Staatsrepräsentanten a la Putin für mich haben; grundsätzlich keinen Russen. Aber auch keinen Polen, Franzosen oder Italiener etc. und deren Ideen – und auch nicht einen US-amerikanischen Plutokraten und dessen Modelle.
Und „billigendes Verständnis“ kann ich für einen imperialistisch motivierten Krieg – von jeglicher Seite auch immer – nicht aufbringen.
Dass das mal klar ist, bevor man denn ob dieses Beitrags über mich herfällt.

Prominente PV

Ich könnte mir eigentlich prinzipielle Erörterungen zum Thema „PV“ ersparen. Man lese nur unter diesem Schlagwort auf Wikipedia nach und man erfährt eine reiche Auswahl von hierzulande durchaus geschätzten Persönlichkeiten, die sich als Putinversteher geoutet haben. PV befinden sich in bester Gesellschaft von immer noch – mehr oder minder – geschätzten Politikern, Männern und Frauen.

Ich will also mal ausführlich Wikipedia zitieren. Da liest man u.a.:

„Der Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) tadelte den Umgang des Westens mit der Krim-Krise 2014, Putins Vorgehen hingegen empfand er als „durchaus verständlich“. Der letzte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière (CDU), war von 2005 bis 2015 Vorsitzender des Gesprächsformats Petersburger Dialog. Noch am 25. Februar 2022, dem Zeitpunkt des russischen Überfalls auf die Ukraine, sagte de Maizière: „… weite Kreise der russischen Gesellschaft denken so, dass Russland mit seiner Weltsicht mehr Respekt verdient habe und seine Lebensweise auch verteidigen müsse.“ Putin habe diese Sichtweise seiner Landsleute verstanden und vertreten. Hamburgs ehemaliger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) gab Anfang 2022 in einem Interview Folgendes zu Protokoll: „Ich sehe keine Radikalisierung bei Putin. Ich sehe eher die konsequente Verfolgung seines Ziels, wieder ein Faktor in der Weltpolitik zu werden.“ Der Westen habe Putin an die Seite Chinas gedrängt, um des Friedens willen müsse Deutschland die Amerikaner davon überzeugen, die Feindschaft mit Russland zu beenden. Der ehemalige Ministerpräsident des Saarlandes und Mitgründer der Linkspartei Oskar Lafontaine forderte im Februar 2022 gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Der Westen muss zum Putinversteher werden, sonst gibt es keinen Frieden.“ Der Politik der westlichen Staaten unter Führung der USA warf er Lügen vor, die USA hätten Russland und China „eingekreist“. Matthias Platzeck (SPD), der 2013 als Ministerpräsident von Brandenburg zurücktrat und im Jahr darauf den Vorsitz des Deutsch-Russischen Forums übernahm, forderte im November 2014, die Annexion der Krim völkerrechtlich anzuerkennen: „Die Annexion der Krim muss nachträglich völkerrechtlich geregelt werden, so dass sie für alle hinnehmbar ist. Wir müssen eine Lösung finden, bei der Putin nicht als Verlierer vom Feld geht.“ …

Die Publizistin Alice Schwarzer schrieb im März 2014 in einem Essay mit der Überschrift „Warum ich trotz allem Putin verstehe!“ auf ihrer Website: „Putin scheint heute das kleinere Übel – und in den Augen seiner Landsleute mutiert er gerade zum Helden. Der Westen wäre also gut beraten, weniger hoffärtig zu sein.“ Die Annexion der Krim setzt Alice Schwarzer mit der einseitig erklärten Loslösung des Kosovo von Serbien gleich. Zur Situation des Landes sagt sie: „Heute ist Russland umzingelt: an der Südflanke von überwiegend islamistisch beherrschten Staaten, an der Westflanke von Demokratien, die in dem satten Gefühl ihrer ökonomischen Macht in der Offensive sind.“
Der Liedermacher Konstantin Wecker schrieb nach der Intervention auf der Krim einen offenen Brief und reagierte auf die Kritik der Bundeskanzlerin Angela Merkel an Russland mit Whataboutism: „Was ich zum Kotzen finde, Frau Bundeskanzler, ist, dass Sie alle Verstöße der USA oder der NATO gegen das Völkerrecht anscheinend völlig in Ordnung finden.“ Und weiter: „Viele meiner FreundInnen sind bei ihren Versuchen, gegen die völkerrechtswidrigen Kriege der NATO und der USA zu demonstrieren, ähnlich martialisch verhaftet worden, wie die Friedensfreunde in Russland.“ Der von Russland finanzierte Fernsehsender RT Deutsch lud den ostdeutschen Kabarettisten Uwe Steimle zu einem „Gespräch unter Putinverstehern“ ein. In seinem Bühnenprogramm vom Oktober 2017 bezeichnete sich Steimle ernsthaft selbst als Putinversteher: „Für mich hat Wladimir Putin bis jetzt den dritten Weltkrieg verhindert. Da kann man nur sagen: Danke.““

Das scheint eine reputierliche Aufzählung von Personen und Argumenten. Mir fällt auf, dass es – bis auf Lothar de Maiziere (trotz „CDU“ irgendwie immer eine rote Ex-DDR-Socke) – SPD-Genossen bzw. Linke sind, die sich als russo- oder putinophil geben.
In der Aufzählung fehlen noch Manuela Schwesig (SPD) und Ex-SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder, den man offen als bezahlten Einflussagenten bezeichnen kann. Schwesig wohl auch, denn dazu muss man wissen, dass Mecklenburg-Vorpommern Anfang 2021 eine sogenannte Klimastiftung gegründet hatte, millionenschwer finanziert von Gazprom, ohne Gegenstimmen im SPD-dominierten Landtag.
Aber auch der AfD Vorsitzende Timo Chrupalla und seine Stellvertreterin Alice Weidel sprechen vom „russischen Partner, dem endlich glaubwürdige Angebote gemacht werden“ sollten.

Betrachten wir einmal die Argumente dieser o.g. Putinversteher.

Ob Helmut Schmidt nach der offensichtlichen Aggression Putins gegen seinen Nachbarn dies auch noch als „durchaus verständlich“ betrachten würde, ist wohl eine hypothetische Überlegung.

Aber dass Lothar de Maiziere mit seiner vertretenen Auffassung, „weite Kreise der russischen Gesellschaft denken so, dass Russland mit seiner Weltsicht mehr Respekt verdient habe und seine Lebensweise auch verteidigen müsse …“, wirklich recht hat, kann bezweifelt werden. Russland mag seine „Lebensweise“ verteidigen mögen. Aber was bedeutet dies, wenn man sie dann dem Nachbarn überstülpen will?
Klaus von Dohnanyi sah vor einem Jahr keine „Radikalisierung“ von Putin. Ist es, einen Angriffskrieg anzuzetteln, keine radikale Handlung? Gleichwohl macht er sich wie Oskar Lafontaine diese Einkreisungs-Saga durch den Westen zu eigen. Ein Quatsch, betrachtet man die geographische Lage Russlands,  dessen Größe und den Charakter der meisten Nachbarländer – vom Rande Europas bis Asien. Russland hat z.B. noch immer keinen Friedensvertrag mit Japan abgeschlossen und beharrt unverändert auf seinen imperialen Eroberungen im Pazifik. Der ewige Sozialdemokrat Dohnanyi rückt denn auch aktuell, nach dem Einmarsch der Russen in die Ukraine nicht von seiner russophilen Sicht ab und äußert auch noch Verständnis für Putins Krieg.
Für den ehemaligen SPD-Vorsitzenden Matthias Platzeck ist es im Sinne eines russophilen Appeasements wichtig, dass „Putin nicht als Verlierer vom Feld geht“. Von welchem Feld, frage ich. Dem offensichtlich russo-faschistischen, nationalistisch-aggressiven Erdboden; vom neu bestellten Ackerboden Mütterchen Russlands mit einer nicht zu leugnenden Stalin-Wiedererweckung?
Alice Schwarzer ist ohnehin eine Person, deren politische Bekundungen in keinem  Kontext ernst zu nehmen waren. Mir ihren Aussagen vom „satten Gefühl (der) ökonomischen Macht des Westens“ bestätigt sie nur ihre ur-linke, kapitalismuskritische Position; verleugnet aber im Blick auf Russland plötzlich ihre anti-patriarchalische, feministische und „aufklärerische“ Positur.
Der bekennende Jammer-Barde und „Antifaschist“ Konstantin Wecker („Gestern haben sie den Willy erschlagen“ – insgesamt 9x ließ ihn Wecker im Lauf der Zeit erschlagen) und Varieté-Pazifist kennt nur „Verstöße der USA oder der NATO gegen das Völkerrecht“ – und Nazis natürlich allenthaalben. Von Putin veranlasste Kujonierungen von Oppositionellen, Wiederbelebung des Gulags für solche, die ganz bestimmt von Putin geduldeten (oder gar angeordneten) Giftmorde an Abweichlern, das alles blendet er aus.

Uwe Steimle hat 2017 Putin als „Weltkriegsverhinderer“ bezeichnet. Mit welcher Begründung? Aufgrund welcher Erkenntnisse oder Fakten? Gefühlsbestimmte Russen-Nostalgie? Ich sehe mir schon lange nicht mehr seine, inzwischen in Albernheit abgedriftete, bald DDR-krypto-nostalgischen Machwerke an. Steimle ist für mich zu einem bedauernswerten Fall geworden. Ob er tatsächlich noch immer ein PV ist, läßt sich augenblicklich für mich aber nicht eruieren.
Zu Schwesig und Schröder ist das Zugehörige hinreichend bekannt.

Es ist nicht zu verhehlen, dass es die (offensichtlich geschichtsvergessenen) Sozialisten sind – SPD, Linke und die sich inzwischen in Teilen oft unverhohlen (national-)sozialistisch gebende AfD, dazu linke „Kulturschaffende“ – die als Putinversteher hervorgetreten sind.

Die SPD, die Grünen und ihre „Friedensbewegungen“ waren nachweislich schon je vom angeblich friedlichen Osten, von Stasi und KGB, infiltriert und unterstützten sich gegenseitig.
Zu glauben, dass ein ehemaliger KGB-Offizier als Staatspräsident sein Metier aufgegeben hat, ist naiv. Seine seit langem erkennbar revisionistisch motivierte Politik in Richtung eines Wiedererstehens Russlands in der Größe der Sowjetunion mit der Rehabilitierung Stalins hat auch dies offensichtlich werden lassen.

Einflussagenten und Maulwürfe?

Der vom russischen Staat auf die Beine gestellte West-Sender „Russia Today“ ist offensichtlich zu einem beliebten Informationsforum der PV geworden.

Wer die politischen Nachrichtensendungen und Talkshows des russischen Staatsfernsehens kennt, weiss, dass es dort keine Massenmedien in unserem – noch einigermaßen freiheitlichen – Sinne gibt. Man lese mal nur mal bei dem Russland-Kenner Boris Reitschuster nach. Mit Emotionalität, Aggressivität und Absurdität werden von diesen Staatsmedien Vorgänge internationaler Politik in antirussische Verschwörungen verdreht, außen- und innenpolitische Hetze wird mit Halbwahrheiten und vor allem bizarren historischen Mythen verbreitet.
Dort geht das noch weit über das hinaus, was dem westlichen Zuschauer und den PV auf RT oder von Sputnik News präsentiert wird.
In Russland verbreiten fast alle Medien mit hoher Reichweite denselben Einheitsbrei aus selektiver Berichterstattung, manipulierten Nachrichten und abstruser Paranoia. Hierzulande kennen wir wenigstens noch eine gewisse Pluralität und Ausweichmöglichkeiten in der Information, dank alternativer und sich inzwischen auch wandelnder und kritischer werdender Massenmedien. Auch werden kritische Journalisten wenigstens noch nicht in den Gulag gesteckt oder um die Ecke gebracht.

Ich kann es nicht verstehen, habe es noch nie begriffen, dass man sich die moralisch-scheinheilige, aggressive und undemokratische Politik Wladimir Putins aneignen mag. Auch bei aller sentimental gestimmter Russenliebe. Ich kann nicht verstehen, dass man glaubt, die Weltanschauung von Wladimir Putin reproduzieren zu müssen und man dazu die Behauptungen bzw. Falschbehauptungen Wladimir Putins ungeprüft übernimmt.

Man reagiert dazu mit Relativierungen, Beschwichtigungen, „Whataboutismus“, Abstreiten, Fake-News- oder Kontra-Propaganda-Vorwürfen und verlangt, dass man die Ansichten des Diktators Wladimir Putins im Westen doch tatsächlich ernst(er) nehmen muss.
„Whataboutismus“: Damit wird versucht, die Bösartigkeit des Protagonisten dadurch zu relativieren, abzuschwächen, einzuschränken oder gar vollkommen aufzuheben, indem das Negative von anderen – hier vor allem der USA, der NATO und des Westens – permanent hervorgehoben wird; bei Aussparung der wesentlichen Unterschiede und bei Aussparung auch des arteigenen Positiven, um so den Eindruck hervorzurufen, die anderen wären auch nicht besser.

Einen Großteil der PV eint die Ablehnung oder gar Hass auf die Vereinigten Staaten von Amerika.

PV wurden und werden mit ihrer Einflussnahme gewollt oder ungewollt zu Agenten, zu Maulwürfen, die Europa und den Westen in ihrem, damit in Putins Sinne destabilisieren wollen.

Im Bundestag scheint man sich jetzt quer durch alle Bänke einig in der Verurteilung von Putins Angriffskrieg, wenngleich auch dort bei Teilen der unverbesserlichen grün-roten Linken dazu auch weiterhin antiwestlicher „Whataboutismus“ aufscheinen muss.

Im Blick auf all das aktuelle Geschehen möchte man diesen Satz von Franz Josef Strauß wieder ausgraben: (doch) lieber ein kalter Krieger, als ein warmer Bruder!