Fahrraddieb, Typ Nordafrikaner – eine Satire aus dem wirklichen Leben

Von Peter Helmes

„Am Kaiserplatz ist ein Fahrrad umgekippt“ ist eine genauso wichtige Nachricht wie „am Kaiserplatz wurde ein Fahrrad geklaut“. Jedenfalls scheint es so, wenn man ein solches Fahrrad besitzt.

Gesucht: Fahrrad-Dieb von Bonn Zeichnung: Fridolin Friedenlieb
Gesucht: Fahrrad-Dieb von Bonn
Zeichnung: Fridolin Friedenlieb

Und ehe Sie weiterlesen: Bitte überprüfen Sie Ihre tägliche Bekleidung nebst Inventar: Dazu gehören (mindestens) ein Schreibstift, ein Notizblöckchen, ein Photohandy – und eine gute Konstitution (mit entsprechendem Schuhwerk); denn evtl. müssen Sie rennen – wenn Sie denn wollen.

Das alles benötigen Sie natürlich nicht, wenn Sie nicht täglich mit Diebstahl rechnen und meinen, unsere Polizei habe Wichtigeres zu tun, als geklauten Fahrrädern nachzulaufen. Und afrikanische Gazellen holen sie eh nicht ein, gell!Wie zur Bestätigung aller Vorurteile – also aller politisch korrekten Fehlschlüsse – erfahre ich heute von meiner lieben und guten Bekannten namens Ulli (aber das tut hier nichts zur Sache) eine Fahrraddiebstahlgeschichte, die sich tatsächlich ereignet hat und sich jederzeit wiederholen könnte.

Ihre Meldung lautet: „Fahrraddieb Freitag in Bonn, Tatort: Dresdner Bank am Kaiserplatz. Am Freitag, 7.8.2015, zwischen 14:30 und 15:00 Uhr, wurde vom Radständer vor der Bank am Kaiserplatz ein Damenrad gestohlen. Zeuge: Ulli J.“

Selbstverständlich hätte sie gerne ihre Beobachtung der Bonner Polizei mitgeteilt, aber es war ja nicht ihr Radl, ihr Eigentum, sondern fremdes! Nun hadert Ulli: „Freitag ist Fahrradtag. Ob sie (die Polizei) überhaupt reagieren würde? Mir egal, sollen sie sich doch amüsieren!“

Fachkraft für Eigentumsumverteilung

Ulli J. schildert ausführlich ihre Beobachtung (natürlich mir, nicht der Polizei; denn sie geht das ja eigentlich nix an):

„Eine männliche Fachkraft für spontane Eigentumsumverteilung hatte sich zwischen die Fahrräder geklemmt und kniff ein einfaches Fahrradschloß mit einer kleinen Zange auf. Die hatte er in einer kleinen weißen Plastiktüte. Zu hören war das Geräusch von “Drahtdurchknipsen”.

In diesem Moment fuhr ich mit meinem Rad von der Kaiserstr. aus rechts einbiegend auf dem Radweg daran vorbei Richtung Hofgarten und wunderte mich über dieses Geräusch und die Tatsache, daß dort jemand tätig war, dem das Damenrad mit Sicherheit nicht gehörte.

Ich kehrte um und sah, wie der Täter mit dem Rad davonfuhr, gleich um die Ecke herum an der Evang. Kirche entlang. Er hielt kurz an, nahm das am Lenker befindliche Einkaufskörbchen ab und stellte es einfach auf dem Gehweg ab.

Wie das so ist, stellt man fest: Hinter dir um die Ecke herum tobt das Leben. In dieser Straße ist aber außer dir und dem Bereicherer niemand! Du hast aber (wieder ´mal) kein Handy dabei, und wenn, dann wäre es vergraben gewesen in irgendeiner Tasche.

Du hast keinen Fotoapparat dabei, der schnell genug zur Hand, schnell genug aktiviert und in Blitzeseile den Kerl aufs Bild festgehalten hätte. Irgendwelche Rufe verhallen ungehört in der Gasse und in der Gosse.

Du warst nur unterwegs, um dich für 2 Stunden zu einem Klönschnack mit Freunden zu treffen. Dazu brauchst du kein Handy und keinen Fotoapparat. Nur einen Geldbetrag als Gegenwert für ein Weizen.

Nach zwei Stunden willst du dich dann wieder auf den Heimweg machen. Und dann das: Um die Ecke und weg!

Den Täter (auf meinem Rad) verfolgend, konnte ich ihn an der nächsten Ecke zur Rede stellen, weil er anhielt. Ich machte ihm lautstark verständlich, daß ich ihn beim Diebstahl beobachtet hätte. Er aber behauptete frech, es sei sein Rad, und er hätte nur den Fahrradschlüssel vergessen. Klar, wenn ich meinen Schlüssel vergesse, habe ich für solche Vorkommnisse immer eine kräftige, handliche Drahtzange dabei.

Zudem stelle ich meinen Fahrradkorb gerne einfach auf den Gehweg, wenn ich ihn nicht brauche, und fahre dann ohne ihn weg. Als Machogockel bevorzuge ich natürlich Damenräder, damit komme ich bei den Kumpels gut rüber.

Er machte sich aus dem Staub Richtung Kaiserstr.

Ich nahm das Körbchen an mich, um darin eine Nachricht mit der Beschreibung des Täters sowie meiner Telefonnummer zu hinterlassen, falls ein Zeuge gesucht wird. Für die Nachricht nahm ich die Rückseite eines Vordrucks für eine Geldtransaktion in der Bank und die Hilfe eines Kulis in Anspruch, der die Bank in ihrer Großherzigkeit den Kunden zur Verfügung bereithält. Denn, wie schon gesagt: nix Handy, nix Foto, auch nix zum Schreiben. Wollte nur zum Klönen.

Das Körbchen trug ich dann mit spitzen Fingern an den Tatort zurück, wo bereits eine genervte Frau stand, die ihr Rad schmerzlich vermißte. Ich bot ihr nochmals an, sich an mich zu wenden, wenn sie den Diebstahl zur Anzeige bringen wollte. Sie schien hoffnungslos und meinte, sie habe das Rad nicht von der Polizei codieren lassen, und daß man sich für so eine Lappalie auf die Suche machte, hielte sie für sehr unwahrscheinlich.

Da könnte sie zweifelsfrei recht haben! Sie suchte auch die Hauptschuld bei sich selbst: Hätte sie doch nur ein besseres Schloß verwendet, statt an dieser Stelle zu sparen. Das kann man so sehen, muß man aber nicht.

Der Bereicherer, ca. 25 Jahre (oder etwas jünger), 170 cm groß, hagere oder magere Gestalt, Typ Marokkaner, Tunesier, Libyer – also Nordafrikaner irgendwie, schwarze Kappe, aus der die schwarzen Kopfhaare bis zum Nacken herausragten, grobe Nase, großer Mund mit sehr ausgeprägtem Gebiß, kurzer schwarzer Bart hauptsächlich um die untere Gesichtshälfte herum.

Ein Ziegengesicht, Bonn ist bunt. Eine schöne Stadt.

Ist alles sicher nur ein Einzelfall oder sogar wegen Unkenntnis der Rechtslage nicht strafbewehrt. Man kann sich ja mal irren; denn irren ist menschlich.

Das erstbeste Stück Papier und den erstbesten Bleistift, der mir kurz danach zur Hand kam, nahm ich, um meine Eindrücke festzuhalten.

Ich muß zugeben, ich habe versagt: Zur rechten Zeit am richtigen Ort und dann kein Händi (sowas haben Flüchtlinge), keinen Fotoapparat (den brauchen Flüchtlinge nicht, ist alles im Händi), und ich habe ihn nicht an die Wand geschmissen. Zumindest hätte ich ihm gerne die Zähne grade gestellt. Hab ich aber nicht. Okay. machisch beim nächsten Mal!

Die Realität schreibt die besten Satiren, ich habe sie nur wiedergegeben.

Sollte sich die Geschädigte zu einer Diebstahlsanzeige entschlossen haben, stehe ich als Zeugin zur Verfügung. Wie berichtet, hat sie meine Telefonnummer. Bei weiteren Ermittlungen in der Sache stehe ich gerne auch mit weiteren Auskünften zu meiner Person bereit.“

Postskriptum: Es ist dem Autor nicht gelungen zu erfahren, ob eine Diebstahl-Anzeige erstattet wurde. Wir brauchen schließlich keine Abschreckeffekte! Und außerdem rät die Polizei: „Nicht in Händel verwickeln lassen! Besser Einzelheiten merken!“ – und abhauen. Überlassen wir doch besser unsere Straßen denen, die lieber fremde Fahrräder fahren, als einer geregelten Arbeit nachzugehen. Isso! Jedenfalls – Ulli sei Dank – werde ich mir das merken!

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