SPD-Spruch der Woche: Wir haben “Keine Zeit für Sprüche.” – Offene Kritik an Scholz?

Michael van Laack

Papier ist geduldig. Wahlplakate sind aus Papier. Mehr muss man eigentlich nicht wissen, wenn man auf die aktuell anfahrende Wahlkampagne der SPD zur Wahl in Niedersachsen schaut. Zudem stellt das erste Wahlplakat einen Affront gegen den Bundeskanzler dar. Doch darauf – so hofft man nicht nur bei den norddeutschen Sozialdemokraten – wird in diesen Zeiten niemand achten!

“Wir beginnen unsere erste Welle von Großflächen” mit dem Spruch “Keine Zeit für Sprüche”. Läuft!

Tatsächlich aber lebt die SPD aktuell mehr als alle anderen Parteien von Sprüchen. Der Kanzler ruft eine “Zeitenwende” aus , in der niemand never alone walken muss

und verkündet zusammen mit den beiden Ampelkoalitionären ein Hilfspaket nach dem anderen, dass entweder nicht greift, befristet ist, deutlich zu wenig Entlastungen für die Zielgruppen enthält, Rentner und Studenten nicht im Blick hat oder oft erst in einigen Monaten seine “Wirkung” entfalten wird.

Der Rest an Volksnähe droht zu verdunsten

Währenddessen steigt bei vielen Bürger das Paniklevel ob bevorstehender dramatischer Erhöhungen bei Gas und Strom und beständig steigenden Lebensmittelpreise. Schnäppchenaktionen der Discounter sollen heile Welt vorgaukeln und dazu gibt es Tipps, wie der normaldoofe Bürger Energie sparen kann, während die Absenkung der Mehrwertsteuer den Sparwillen vieler Bürger (selbstverständlich nicht der Sozialschwachen und der unteren Mittelschicht, die schon seit Längerem auf jeden Cent achten müssen verlangsamen wird.

Für die Unternehmen ist die Absenkung nur scheinbar irrelevant, gibt sie ihnen doch die Möglichkeit, durch nicht vollständige Weitergabe der Entlastung ihre Gewinne zu erhöhen, nachdem sie zuvor bereits die Gasumlage großzügig zu ihren Gunsten aufgerundet haben wird.

Der Ausbau erneuerbarer Energien wird ein Luftschloss bleiben

Und auch in anderen Bereichen bleibt es eher bei Sprüchen, Absichtserklärungen und dem üblichen Ankündigungsweltmeisterschaftswettbewerb. Sei es beim Ausbau der erneuerbaren Energien, der nicht nur wegen des Ukrainekrieges zum scheitern verurteilt scheint, sondern weil zum einen nicht genug Material produziert bzw. eingekauft werden kann (massive Lieferkettenprobleme seit Pandemiebeginn) und zum anderen nicht genug Fachbetriebe vorhanden sind, um Windparks im gewünschten Umfang in den angekündigten Fristen zu bauen oder halb Deutschland unter Solardächern verschwinden zu lassen.

Nicht einmal eine Verkürzung der Planungs- und Genehmigungsverfahren bekommen jene Sprücheklopfer auf die Reihe, die zeitnah eine kernenergiefreie Zukunft erzwingen wollen und von einem gas-, kohle- und ölfreien Deutschland 2030 ohne Energiespeicher träumen.

Auch im Bereich der E-Mobilität nur Sprüche. Ganz abgesehen von den Anschaffungskosten für solche Fahrzeuge und fehlender Ladestationsinfrastruktur wird Deutschland – so die aktuellen Einschätzungen selbst wohlmeinendster Fachleute – in den nächsten Jahrzehnten weder genug Strom produzieren noch von Dritten einkaufen können, um jedem Bürger den Wechsel in die E-Mobilität zu ermöglichen bei gleichzeitiger Umstellung der deutschen Großindustrie (Chemie, Stahl, Aluminium) auf grüne Energie.

Sprücheklopfer aller deutschen Parlamente, vereinigt Euch!

Sie sind und bleiben Sprücheklopfer. Ob sie nun Weil heißen, vier Jahre nur Sprüche geklopft haben und hoffen, mit dem Slogan, es zukünftig nicht mehr tun zu wollen, für vier weitere Sprücheklopfjahre gewählt zu werden; ob sie Scholz heißen und sich an nichts mehr erinnern können, wenn es darauf ankommt; ob sie Kubicki heißen und mit undurchsetzbaren Forderungen links und rechts Schulterklopfer einsammeln wollen.

Ob sie Merz heißen, der aktuell scheinbar gegen vieles steht, was die Merkelpartei über Jahrzehnte verursacht, auf den Weg gebracht und mitverantwortet hat, aber sich doch dem Mainstream beugt, sobald ein Shitstorm über ihn hineinbricht; oder ob Sie gar Habeck heißen, von Mut und Zusammenhalt im heißen Herbst und harten Winter fabulieren und sich dann doch der Verantwortung entziehen, den Bürgern unmissverständlich zu sagen: Sehr viele von Euch werden bald die Heizung nicht mehr bezahlen können, ohne dass der Staat Euch helfen kann und/oder will. Eure Jobs sind in Gefahr und einen Blackout kann nicht einmal ich verhindern, wenn wir zu wenige Sonnen- und Windstunden bekommen.

Nichts sagen oder die Wahrheit mäßig entstellen, dann klappt das mit der (Wieder)Wahl!

Sie alle haben halbherziges Handeln und doppelzüngiges Sprücheklopfen gemeinsam. denn sie alle sind Politiker. Politiker dürfen niemals die ganze Wahrheit sagen, sonst werden sie (in guten wie in schlechten zeiten) nicht mehr gewählt.

Das war 1949 so und das ist heute so. Auch deshalb ist das eingangs verlinkte Wahlplakat so überflüssig wie ein Kropf. Es bedient lediglich die primitivsten Bedürfnisse des Wahlvolkes, dass bedauerlicherweise immer noch mehrheitlich an die Anständigkeit und Aufrichtigkeit der meisten Politiker glaubt. Sonst würden sie nicht immer und immer und immer wieder gewählt.

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