Warum Fußballfans für den politischen Widerstand gar nicht mal so übel sind

Thomas Böhm
Thomas Böhm

Ein satirischer Sportkommentar von Thomas Böhm*)

Jede anständige Widerstandsbewegung benötigt ein Fußvolk, das die vielen klugen Reden und schlauen Texte in die Tat umsetzen kann. Die Ereignisse der letzten Wochen haben uns gezeigt, dass dieses Fußvolk schon in den Startlöchern hockt und ungeduldig mit den Füßen scharrt. Es sind die so genannten „gemeinen Fußballfans“, die sich hier bestens präsentieren. Und wer genauer hinschaut (zum Beispiel bei der Sportschau), erkennt auch schnell, warum sich diese „gemeinen Fußballfans“ so hervorragend für den politischen Kampf eignen:

Die gemeinen Fußballfans sind bei klarem Verstand (auch wenn sie benebelt sind), denn sie wissen immer, auf wessen Seite sie stehen. Sie denken nicht kompliziert, sondern geradeaus (auch in der Ostkurve). Sie wissen, wo vorne und hinten ist (Angriff und Verteidigung). Sie wissen, wo unten und oben ist (Abstieg und Aufstieg). Sie haben kein Problem mit der linken oder rechten Ecke, Hauptsache der Ball geht von dort aus direkt vors Tor.Fans

Die gemeinen Fußballfans stehen geschlossen und in fester Treue zu den Protagonisten auf dem politischen Spielfeld – wenn diese sich für ihren Verein, also für die Interessen ihrer Fans einsetzen. Sie verehren nur Leute, die halten, was sie versprechen (z.B. gute Torwarte). Sie folgen, wenn es sein muss, ihren Helden in den Abgrund (Regionalliga), sparen aber auch nicht mit konstruktiver Kritik (verpiss Dich, Trainer), Stinkefingern (verpiss Dich, Manager) und mit Pfeifkonzerten bei Fehlurteilen (Schiedsrichter, Telefon!).

Die gemeinen Fußballfans sind mutig und tapfer, lassen ihre Mannen auch nicht im Feindgebiet alleine (Auswärtsspiele), sie dulden keinen Rückzieher, auch wenn es hart auf hart kommt (es sei denn, es ist ein Fallrückzieher), und wehe der Gegner zieht ´ne linke Nummer ab und foult vor ihren Augen einen ihrer Freunde. Dann wird gebrüllt, dann wird gepöbelt, dass sich jeder Bösewicht freiwillig vom Platz stellen lässt.

Die gemeinen Fußballfans sind Netzexperten, sie können Hymnen singen und das auch noch im Chor (…nach Hause gehen), und die Ruhepausen im politischen Kampf nutzen sie äußerst sinnvoll (auftanken und entleeren).

Die gemeinen Fußballfans können auch in den hintersten Reihen oder auf den billigsten Plätzen nicht mundtot gemacht werden, pfeifen jeden Verräter gnadenlos aus (wenn er denn nach Bayern geht). Und wenn der politische Kampf mal in die Verlängerung gehen muss, bleiben sie geduldig auf ihren Rängen sitzen.

Die gemeinen Fußballfans haben ein klares Ziel vor Augen, was vielen anderen Bürgern mittlerweile abgeht und von dem sie auch nicht abrücken: Das Runde muss ins Eckige.

Das Wichtigste aber: Die gemeinen Fußballfans stehen auch bei schlechtem Wetter ihren Mann und können auch im volltrunkenen Zustand mit der Deutschlandfahne winken und wissen, dass man gut treffen muss, um den Gegner abzuschießen.

Und für alle gemeinen Fußballfans ist eins sonnenklar: Der politische Widerstand, der Kampf um Freiheit und Demokratie ist nie zu Ende. Denn:

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!

*) Thomas Böhm ist Chefredakteur des Mediendienstes „Journalistenwatch“ und regelmäßiger Kolumnist bei conservo.

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