Vor 100 Jahren: „Bozner Blutsonntag“ – schweres Unheil kündigte sich an

Von Südtirol-Info *)

Die bewaffneten Faschisten mischten sich in den Festumzug
Die bewaffneten Faschisten mischten sich in den Festumzug

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründete, Vereinigung, die für die Selbstbestimmung Südtirols eintritt, hat mit nachstehender Presseaussendung an ein ebenso bedeutsames wie trauriges Ereignis in der Geschichte des Landes erinnert.

Dass es den Faschisten darum ging, Südtirol seiner Tiroler Identität zu berauben, wurde schon vor ihrer Machtergreifung klar. Als anlässlich der Abhaltung der ersten Bozner Messe nach dem Ersten Weltkrieg verlautete, dass als Rahmenveranstaltung am 24. April 1921 ein großer Trachtenumzug stattfinden sollte, hatte das die Faschisten auch außerhalb Südtirols alarmiert.

Diese betrachteten die Mehrheit der Südtiroler als „germanisierte“ ursprüngliche Italiener und die Ladiner waren in ihren Augen ohnedies nichts anderes als abtrünnige Italiener. Es galt aus der Sicht der Faschisten, der Bekundung Tiroler Identität entschieden entgegen zu treten.

Aufruf zur faschistischen „Strafexpedition“

Einer der vielen Aufrufe des Zentralkomitees der „Fasci“ in Mailand.
Einer der vielen Aufrufe des Zentralkomitees der „Fasci“ in Mailand.

Das Zentralkomitee der „Fasci di Combattimento“ („Faschistische Kampftruppen“) in Mailand richtete am 16. April 1821 ein Schreiben an die politischen Sekretäre der Fasci von Brescia und Verona, das zur Teilnahme an einer „Strafexpedition“ am 24. April in Bozen aufforderte. In dem Schreiben hieß es (in deutscher Übersetzung):

„Verehrte Freunde des Direktionskomitees der Fasci von Brescia und Verona – Der Fascio di combattimento von Bozen hat beschlossen, am Sonntag, den 24. des laufenden Monats, eine Kundgebung der Italianita zu veranstalten. Sie ist unbedingt nötig, da die Tiroler an diesem Tag in Massen in Tracht auftreten werden, um ihre Ansprüche auf die Stadt zu erheben, den äußersten Wachposten des Vaterlandes.

Obwohl der Wahlkampf die Faschisten mehr oder weniger überall in Anspruch nimmt, glaubt dieses Zentralkomitee diesen kühnen Manipel der treuen Italiener doch nicht im Stich lassen zu können; deshalb ersucht es Euch innig dafür zu sorgen, dass eine möglichst umfangreiche Squadra am kommenden Sonntagmorgen nach Bozen kommt. … Wir rechnen mit Eurer Solidarität und Eurem Opferwillen.“ (Wiedergegeben in: Stefan Lechner: „Die Eroberung der Fremdstämmigen – Provinzfaschismus in Südtirol 1921-1926“, Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs Band 20, Innsbruck 2005, S. 125)

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* (Quelle, mit Dank an Herrn Dr. Kümel für die Übermittlung: http://suedtirol-info.at/rueckblick-auf-unterschiedliche-gedenken/ )
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