Staatskrise in Peru: Die Verschwörung der linken Gutmenschen ist gescheitert

Peter Helmes

Zwei Lager streiten: Das eine für eine liberale Marktorientierung und das andere für Verstaatlichung. Die Absetzung und Verhaftung des bisherigen Präsidenten Pedro Castillo ist hoffentlich der Schlußpunkt einer Krise im Andenstaat Peru, den politikerfahrene Beobachter seit Monaten voraussahen. Ein Ideologie-verwirrter „Gutmensch“ ist an seinen Aufgaben krachend gescheitert.

Die Justiz wirft ihm Rebellion und Verschwörung vor: Um mögliche Komplizen zu ermitteln und eine Flucht zu verhindern, mußte Ex-Präsident Castillo in Untersuchungshaft. Demnach wird gegen den entmachteten Staatschef wegen des Verdachts auf Rebellion und Verschwörung ermittelt. 101 Parlamentarier stimmten dafür, den Staatschef abzusetzen, 6 dagegen und 10 enthielten sich. Die Verfassung des südamerikanischen Landes sieht für diesen Fall vor, daß die Vizepräsidentin die Amtsgeschäfte übernimmt. Castillo soll noch versucht haben, in der mexikanischen Botschaft Zuflucht zu suchen.

Der Staatsstreich ist gescheitert

Der Ex-Präsident hatte sich offenbar verkalkuliert: Nachdem er vor wenigen Tagen die Auflösung des Kongresses angekündigt hatte, gingen ihm zahlreiche Kabinettsmitglieder von der Fahne, allen voran Vizepräsidentin Boluarte:

Ich lehne die Entscheidung von Pedro Castillo ab, durch die Auflösung des Kongresses den Zusammenbruch der verfassungsmäßigen Ordnung herbeizuführen. Das ist ein Staatsstreich, der die politische und institutionelle Krise verschärft, die die peruanische Gesellschaft unter strikter Einhaltung der Gesetze überwinden muß,

schrieb sie auf Twitter.

Castillos Regierung stand seit dem Amtsantritt des ehemaligen Dorfschullehrers im Juli vergangenen Jahres unter Druck. Wegen verschiedener Vorwürfe oder Meinungsverschiedenheiten räumten immer wieder wichtige Minister ihre Posten. Erst vor zwei Wochen ernannte Castillo eine neue Kabinettschefin – die fünfte in knapp eineinhalb Jahren. Seit seinem Amtsantritt hatte Castillo bereits zwei Amtsenthebungsverfahren überstanden.

Permanente Kämpfe um die Macht konnten kein gutes Ende nehmen

Die Regierung des Linkspolitikers befand sich zudem in einem permanenten Machtkampf mit dem Parlament. Zuletzt verweigerte der Kongreß dem Staatschef die Erlaubnis, zum Gipfel der Pazifik-Allianz nach Mexiko zu reisen, und ließ das Treffen damit platzen. Auch gegen zahlreiche Parlamentarier wird wegen verschiedener Vorwürfe ermittelt. Zwei von Castillos Vorgängern wurden in ähnlichen Verfahren ihres Amtes erhoben.

Die politische Krise in Peru ist jedoch mit der Übernahme der Amtsgeschäfte durch Vizepräsidentin Dina Boluarte keineswegs abgeschlossen. Sicherlich hat die peruanische Demokratie an Reife gewonnen, indem sie auf dem Boden der Verfassung geblieben ist und einen Staatsstreich verhindert hat, aber es werden doch mehrere Reformen benötigt, die eine Wiederholung verhindern.

Die geltende Verfassung hat mehrere Schwächen aufzuweisen, die es zu korrigieren gilt, um auch künftig die Gewaltenteilung zu garantieren, wie es sich für eine Demokratie gehört. Die Tyrannei der einen Säule gegen die anderen ist genauso inakzeptabel wie ein konstitutionelles Chaos durch einen ständigen Kampf zwischen Exekutive und Legislative.

Die Krise ist beendet… Vorerst!

Allerdings scheint die akute Krise – Stand heute (10.12.22) – vorerst beendet zu sein. Klare Antworten darauf, ob es der neuen Prädentin Dina Boluarte gelingt, das Land politisch zu stabilisieren und wirtschaftlich zu stärken, wird es aber noch nicht geben.

Die ehemalige Vizepräsidentin, Rechtsanwältin Dina Boluarte, ist zwar kein politischer Neuling – sie war unter dem abgesetzten Präsidenten Pedro Castillo Vizepräsidentin sowie Ministerin für Entwicklung und soziale Inklusion. (Seit dem 7. Dezember 2022 ist sie die Präsidentin von Peru.), aber sie verfügt im Kongreß nicht über eine Partei, die ihr den Rücken stärkt. Deshalb ist sie gezwungen, möglichst viele Kräfte im Kabinett, somit auch unterschiedliche Interessen, zu berücksichtigen.

Dabei sieht sie sich einer besonders schwierigen Situation gegenüber: Peru ist wirtschaftspolitisch tief gespalten in zwei Lager: das eine ist für eine liberale Marktorientierung, und das andere setzt auf Verstaatlichung. Sollte der Präsidentin ein Balanceakt zwischen beiden Positionen gelingen, könnte sie für eine Weile an der Spitze stehen.

30 Jahre nach Fujimori – Für viele Peruaner ein Déjà-vu

Trotzdem fragt man sich, was mit Peru los ist. Für viele Millionen Peruaner waren die letzten Tage der blanke Horror; denn sie fühlten sich an die Zeit vor 30 Jahren erinnert, als der damalige Präsident Alberto Fujimori das Parlament auflösen ließ und die alleinige Macht an sich riß. Pedro Castillo hatte dagegen weniger Glück, und das liegt sicherlich auch daran, daß sich die peruanische Demokratie und der Rechtsstaat in dieser Zeit gefestigt haben und daß  die Armee verstanden hat, daß sie die demokratische Ordnung zu respektieren hat und nicht nach Belieben Präsidenten stürzen kann.

Als Präsident Castillo vor anderthalb Jahren die Wahl gewann, war er die Hoffnung der armen, indigenen Mehrheit der Peruaner, die von der weißen gebildeten kreolischen Elite diskriminiert oder schlicht vom öffentlichen Leben ausgeschlossen worden war. Doch der nun abgesetzte Castillo hat sich verrannt, die Macht ist ihm über den Kopf gewachsen. Er hat alle enttäuscht, die es satt haben, von einer korrupten politischen Elite aller Schattierungen von links bis rechts regiert zu werden.

Von Beginn an ungeeignet und zum Scheitern verurteilt

Unerfahren, von einem Mischmasch ultralinker Ideologien besessen und von einer Gruppe korrupter Berater umgeben, war der frühere Landschullehrer Pedro Castillo nie für das Amt geeignet, das er vor 17 Monaten gewann: Präsident von Peru. Am Mittwoch (7.12.) beging er nun seinen bisher größten Fehler: einen Plan anzukündigen, den Kongreß aufzulösen, das Gerichtswesen zu „reorganisieren“ und per Dekret zu regieren. Die schnelle, durchschlagende und friedliche Zurückweisung dieses Griffs nach der Macht durch die peruanische Gesellschaft sendet ein hoffnungsvolles Signal für die Zukunft der Demokratie aus – in der Anden-Nation mit ihren 33 Millionen Einwohnern und auch ganz allgemein. Eine stabile Demokratie und weniger Korruption ist ganz klar das, was die Peruaner wollen.

Jetzt hat Peru mit Dina Boluarte eine neue Präsidentin, die erste in der Geschichte des Landes, und Institutionen, die genug Kraft gezeigt haben, Castillo zu stoppen. Aber in sechs Jahren gab es sechs Präsidenten, die Tentakel der Korruption haben sich ausgebreitet und das Mißtrauen gegenüber der Politik ist gewachsen. Es müssen jetzt schnell Neuwahlen ausgerufen werden, und die Kräfte, die Castillo gestoppt haben, müssen sich zusammenschließen, um die chronische Krise Perus zu beenden.

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