Zur Kündigung Thilo Sarrazins:

Herr Präsident, das ist einfach peinlich!

Dr. Thilo Sarrazin hat sich inzwischen aus dem Vorstand der Bundesbank verabschiedet – unter kräftiger Mithilfe unserer lieben Frau Bundeskanzlerin und des Herrn Bundespräsidenten, dessen Rolle in diesem absurden Theater außerordentlich fragwürdig ist. So meldete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 15. September dieses Jahres exklusiv, der Bundespräsident habe in der Causa Sarrazin „mehr Einfluß auf die Bundesbank genommen, als bisher bekannt war“. Vertreter des Bundespräsidenten hätten alleine mit Sarrazins Anwalt verhandelt und dessen Bedingungen akzeptiert. Repräsentanten der Bundesbank seien vermutlich bei diesen Verhandlungen nicht anwesend gewesen. „Das widerspricht“, so die FAZ weiter, „den Angaben des Bundespräsidenten“. Das Bundespräsidialamt habe bislang nur mitgeteilt, daß es den freiwilligen Rückzug Sarrazins eingefädelt und die Rolle der Mediation eingenommen habe. Welch ein Amtsverständnis! Welch ein Amtsverständnis hat der Bundespräsidenten-Novize Wulff, der in der Sache zudem als befangen zu gelten hat, da nur er eine Entlassung Sarrazins aus den Diensten der Bundesbank hätte aussprechen können? Wulff hat in dieser Sache so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte – von einer Beeinträchtigung der „Würde des Amtes“ ganz zu schweigen. Da wagt ein Mann, nicht nur offen seine Meinung über die Probleme der Integration zu sagen, sondern auch noch auf die Fehler der Politik hinzuweisen. Das reicht offensichtlich dem politischen Establishment, das Fallbeil zu ziehen und diesem Mann die berufliche Existenz zu rauben. Vermutlich war (und ist) die Woge der Zustimmung, die Sarrazin aus dem Volk erhielt, noch ein zusätzlicher Anreiz gewesen, ihn politisch und gesellschaftlich auszugrenzen. Falsch gedacht, Herr Bundespräsident! So schnell verschwindet der Autor nicht in der Versenkung; denn zunächst ist er in der allgemeinen Volksmeinung zum „Märtyrer der Meinungsfreiheit“ geworden. Daß sich ausgerechnet Bundespräsident Wulff dazu hergab, in diesem „Fall“ einseitig Partei zu ergreifen und die „Kündigung“ Sarrazins indirekt zu befördern, zeigt ein äußerst gestörtes Amtsverständnis. Da sehnt man sich direkt nach der klaren, überlegten Art des Bundespräsidenten Köhler zurück. Und man versteht vielleicht auch, warum gerade diese Persönlichkeit keinen Ausweg aus der politischen Intrigenkaste fand und von sich aus reinen Tisch gemacht hat. Was jedoch Wulff lieferte, darf man getrost einen Gipfel an Peinlichkeit heißen. Alle beschädigt Bundespräsident Wulff hätte statt dessen in einer Rede an die Deutschen klarmachen können, daß Integration keine Einbahnstraße ist, daß wir Probleme mit Migranten haben und daß man darüber auch offen diskutieren dürfe. Er hätte auch durchaus Sarrazin kritisieren können, warum nicht? Diese Gelegenheit hat Wulff versäumt. In diesem miserablen Schauspiel sind nun alle Beteiligten beschädigt – Bundesbank, Bundeskanzlerin, Bundespräsident und vor allem Sarrazin. Man will es nicht glauben: Der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland hat mit seinem Tun der „Unabhängigkeit der Bundesbank“ einen Tritt verpaßt und die Bundesbank zur politischen Befehlsempfängerin degradiert – mit tatkräftiger Unterstützung der Bundeskanzlerin Merkel.

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