§ 130 StGB und das Human Rights Committee

Dr. Wolfgang Thüne, den Lesern meiner Bücher und Kommentare wohlbekannter Autor zeitgeistkritischer Werke, weist mich auf einen Punkt hin, der in der Öffentlichkeit wenig bekannt bzw. beachtet ist: Grundlage der Bildung der Vereinten Nationen (UN) waren die berühmten „Vier Freiheiten für jeden Menschen“, darunter die Freiheit, ein jeder könne sich frei informieren und seine Meinung frei äußern und dürfe von niemanden, auch nicht vom Staat, daran gehindert werden.

Um das sicherzustellen, wurde das Human Rights Committee der UN eingerichtet, das u. a. den Mitgliedsstaaten vorschreibt, welche Einschränkungen der Meinungsfreiheit diese ausnahmsweise ihren Bürgern auferlegen dürfen, und welche auf keinen Fall. Diese Vorschriften heißen „General Comments“. Comments deshalb, weil sie die von der UN-Vollversammlung beschlossenen Grundsätze zwecks Ausführung kommentieren sollen.

In dieser Hinsicht wurde in der 102. Sitzungsperiode des Human Rights Committee im Juli 2011 in Genf der veraltete General Comment Nr. 10 ersetzt durch den General Comment Nr. 34. (Da Deutsch nicht Amtssprache ist, liegen amtliche Ausfertigungen nur in englischer, französischer, spanischer, russischer und chinesischer Sprache vor.) Der General Comment Nr. 34 ist in 52 Teile („Paragraphen“) gegliedert. Wichtig für uns Deutsche ist der § 49, wonach der deutsche § 130 Strafgesetzbuch (StGB) – „Volksverhetzung“ – nicht zulässig ist.

Gemäß Artikel 25 des Grundgesetzes gehen die General Comments den deutschen Gesetzen vor, woraus Rechte und Pflichten für die Bewohner des Bundesgebietes abzuleiten sind – u. zw. sofort und ohne daß Einführungsbestimmungen erforderlich wären.

Die Bundesrepublik Deutschland gehört dem Human Rights Committee als Vollmitglied an. Zu allen Versammlungen darf die Bundesregierung einen stimmberechtigten Abgeordneten entsenden,  so daß sie also über die beschlossenen General Comments unverzüglich informiert ist. Nun darf man doch fragen, warum die Bundesregierung die deutsche Öffentlichkeit bisher nicht über die im General Comment Nr. 34 gewährten Rechte informiert hat. In diesem Zusammenhang wird es interessant sein zu verfolgen, wie zwei anhängige Revisionsverfahren (April 2012), bei denen die Beklagten den General Comment Nr. 34 an den Anfang ihrer Revisionsschrift gestellt haben, ausgehen werden. Die Entscheidungen eines OLG und des BVG stehen noch aus. Es bleibt auch noch die Frage, warum die deutschen Medien kein Wort bzw. keine Zeile über den General Comment Nr. 34 übrig haben. „Im Dienste der Wahrheit“ zu stehen, würde anders aussehen.

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