Leichen pflastern seinen Weg – Westliche Putinversteher schweigen den Horror tot!

altmod*

Keiner zweifelt mehr, dass der Tod (die »Liquidierung«) Prigoschins von Putin unmittelbar bzw. in dessen Auftrag von Dritten angeordnet wurde, oder? Weit gefehlt! Ich habe nach entsprechenden Stellungnahmen zu dem Vorgang aus dem Mund oder der Feder mir bekannter Putinverstehern gesucht, aber…

Der sonst so alerte Roger Köppel von der Weltwoche** – den ich als Journalisten durchaus schätze – hat dazu noch nichts zu seinem Besten abgegeben. Totenstille auch auf zahlreichen sich früher als liberal-konservativ definierenden Blogs, die sich peu à peu zu “sozialpatriotischen” Sprachrohren um Chrupalla und Höcke gewandelt haben. Als herausragendes Beispiel hierfür möchte ich die Seite “Philosophia perennis” des sich selbst als “Pazifist” lesenden David Berger anführen.

Diese Leute haben Putin gern zu einem Opfer des perfiden Westens, der hinterlistigen USA und der aggressiven Nato hochstilisiert. Leute, die das anders sahen, wurden auf diesen und anderen Blogs abgemeiert; vermutlich, weil auch rechts Meinungsfreiheit nur im engen Meinungsspektrum und -korridor der eigenen Blase oder gar der jeweiligen Redaktion gilt.

Korrumpierter Schauspieler versus gemeingefährlicher Psychopath

Ich bin auch kein Anhänger des korrupten Ukraine-Regimes. Aber einen korrumpierten Schauspieler als Präsident kann ich noch eher hinnehmen als einen gemeingefährlichen Psychopathen an der Spitze einer beängstigenden Militärmacht und eines unter Wahnvorstellungen leidenden Volkes:

Den Putinverstehern muss doch aufgefallen sein, dass sich schon seit vielen Jahren kein Kritiker oder gar Gegner Putins mehr seines Lebens sicher sein konnte, was in unseren Tagen noch einmal verschärft gilt.

Eine Chronologie des neostalinistischen Grauens

  • April 2003 – Mord an Sergej Juschenkow von der Partei »Liberales Russland«
  • Juli 2003 – qualvoller Tod für den Journalisten Juri Schtschekotschichin
  • Oktober 2006 – Mord im Fahrstuhl an der Journalistin Anna Politkowskaja
  • November 2006 – Eine tödliche Tasse Tee mit Polonium für Alexander Litwinenko
  • Januar 2009 – Ermordung des Menschrechtsanwalts Stanislaw Markelow und der Journalistin Anastassija Baburowa
  • Juli 2009 – Menschenrechtsaktivistin Natalja Estemirowa tot im Straßengraben
  • Februar 2015 – Mord an dem ehemaligen Minister und Putin-Kritiker Boris Nemzow   
  • März 2018 – Nervengiftanschlag auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal
  • September 2018 – Vergiftungsymptome bei dem Pussy-Riot-Aktivisten Pjotr Wersilow.
  • April 2019 – Giftanschlag auf den Dichter und Satirriker Dmitrij Bykow.
  • August 2019 – Tiergarten-Mord mitten in Berlin – an dem Georgier Selimchan Changoschwil durch einen Auftragsmörder
  • August 2020 – Gift in der Unterhose bei Alexei Nawalny.
  • September 2022 – Fenstersturz des Oligarchen Rawil Maganow.
  • August 2023 – »Flugzeugabsturz« des Warlords und Putin-Kritkers Prigoschin

Ausführlich erläutert diese “beeindruckende Bilanz” der DW-Artikel “Lange Liste: So gefährlich leben Putins Kritiker“.

Zumindet virtuell klebt an den Händen unserer Putinversteher Blut

Und das alles haben die Putinversteher ausgeblendet? Wenn nicht, dann apperzipieren sie auf gleichem Niveau wie ihr Held.

Heuchlerisch hat Putin den Angehörigen von Prigoschin kondoliert, den er als »begabten Menschen mit schwerem Schicksal« bezeichnete. Die Mimik Putins bei seiner »Beileids«-Bekundung sprach Bände:

Dass Prigoschin nach seinem Putsch vor zwei Monaten noch frei herumlief, wurde wohl nicht nur in Russland als ein Zeichen der Schwäche von Putin interpretiert; das konnte er nicht hinnehmen. Bei Putin darf niemand aus der Reihe tanzen, das musste auch Prigoschin gewusst haben; dennoch war er so töricht, trotzdem nach Russland zurückzukehren.

Putin ist sogar noch stolz auf seine Falschheit, Verschlagenheit und kaltblütige Rücksichtslosigkeit. Charakterzüge, die jedem vernünftigen Beobachter schon früh aufgefallen sein mussten.

»Leichen pflastern seinen Weg« lautet der Titel eines »Brutalo«-Westerns aus dem Jahr 1968 mit dem „Filmschurken“ Klaus Kinski. Nun haben wir es einmal mehr mit einem realen „Staatsschurken“ zu tun, und wer das nicht erkennen mag, dem ist nicht zu helfen!

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*) Blogger „altmod“ ist Facharzt und seit Beginn Kolumnist bei conservo.

Dieser Artikel wird in den nächsten Tagen (ggf. mit einer anderen Überschrift) auch auf seinem Blog erscheinen.

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**Hinweis der Redaktion: Der mit “Der sonst so alerte Roger Köppel” beginnende Abschnitt wurde von der conservo-Redaktion modifiziert und entspricht im Wortlaut nur noch in Teilen, in der intention allerdings vollständig der Vorlage des Autors.

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