Argumentationshilfen für den Wahlkampf 2017 / Folge III: „Todsünde“ Rettung des €uro

(www.conservo.wordpress.com)

Von Dieter Farwick, BrigGen a.D. und Publizist

„Wenn der Euro scheitert, dann scheitert Europa. Es entsteht wieder Kriegsgefahr“

Dies war ein anderes Mantra der Kanzlerin und CDU-Parteivorsitzenden Angela Merkel, in dieser Volksverdummung unterstützt von dem undurchsichtigen Präsidenten der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, mit seinem Satz: „Die Dämonen des Krieges in Europa schlafen nur“.

In meinen 39 Jahren als Berufsoffizier – Jahrzehnte vor der Einführung des Euro – habe ich keine Situation oder Planübung in Deutschland oder in der NATO erlebt, bei dem ein Szenario eines drohenden Krieges zwischen NATO-Partnern oder EU-Mitgliedsstaaten ein Thema war.

Mit dem Schüren von Kriegsangst – immer ein probates Mittel, wenn überzeugende Argumente fehlen – wurde den Mitgliedstaaten vorgegaukelt, der „Euro“ bedeute Frieden, seine Aufgabe bedeute Krieg in Europa. Es zeigte sich bald, dass eine gemeinsame Währung mit zuletzt 19 Staaten unterschiedlicher Wirtschafts- und Finanzkraft, Kulturen und Traditionen ohne eine vorausgegange „Politische Union“ nicht erfolgreich sein konnte.Die Krise der maßlosen Überschuldung der südeuropäischen Staaten

Die als „Eurokrise“ bezeichnete Situation war in Wahrheit die Krise der maßlosen Überschuldung der südeuropäischen Staaten, dem damit verbundenen Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und der hohen Arbeitslosenquote – besonders bei jungen Leuten.

Im Jahre 2010 kam es im Mai zur Zuspitzung der Lage. Es ging um die Frage „Grexit – ja oder nein“?

Die sog.“no-bail-out- Klausel“ des Maastrichter Vertrages spielte die Schlüsselrolle. Bis zu diesem Zeitpunkt verbot diese Klausel, dass ein Staat einem anderen Staat aus einer dramatischen Verschuldung helfen durfte – eine wichtige Säule des Maastrichter Vertrages.

Also „Grexit“? Weit gefehlt. Bei einem der zahlreichen Krisengipfel in der Zeit davor und dann vom 8.- 10. Mai wurde diese Stabilitätsklausel gebrochen – auf starkes Betreiben der deutschen Kanzlerin auf heftiges Drängen des damaligen französischen Präsidenten Sarkozy.

Der erste Rechtsverstoß, dem im Laufe der folgenden Jahre weitere folgen sollten. Die verschuldeten Länder bekamen immer wieder zig Milliarden Euro zur Behebung ihrer selbstverschuldeten Misere.

Das Vertrauen in die EU und in die Eurozone sowie deren Image haben schwer gelitten. Deutschland ist bei allen finanziellen Maßnahmen mit 27 Prozent beteiligt.

Folgen:

–          Es kam nicht primär zur Eurorettung oder der betroffenen Staaten, sondern zur Rettung der Banken im Verhältnis 10 : 90. Die großen Banken erhielten den Stempel „to big to fail“ – wie 2017 auch die großen italienischen Banken. Gegen eigene Gesetze erlaubte die EU Italien den Einsatz von Staatshilfen in Höhe 20 Milliarden Euro. Das falsche Signal für alle Staaten und Großbanken.

–          Die mit sehr günstigen Krediten verbundenen Auflagen, die besonders von Deutschland gefordert waren, erwiesen sich als kontraproduzent. Sie trafen nicht die Banken, sondern den sog. “kleinen Mann“. Rentner und Pensionäre – deren Renten und Pensionen drastisch gestrichen wurden, während die griechischen Großreeder die Steuerfreiheit behielten.

–          Im Mittelpunkt aller fraglichen Rettungsaktionen stand und steht die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem heutigen italienischen Präsidenten Mario Draghi. Seine lockere Geldpolitik und seine Ankündigung zur Hilfe von Staaten und Banken – whatever it takes“ – führte zu einem dramatischen Zinsverlust gegen Null. Seine monatlichen 60 Milliarden, die er ohne Rücksprache mit den Nationen zu einer Politik des billigen Geldes (quantitive easing) missbraucht, haben den Euro dramatisch geschwächt. Die Staaten können billiges Geld beinahe zum Nulltarif aufnehmen und damit arbeiten, während der deutsche Rentner und Sparer jährlich an die 100 Milliarden Euro verliert.

–          Wenn die EZB die angestrebte Inflationsrate von 2 Prozent bei gleichbleibend niedrigen Zinsen erreicht, dann bricht das Kartenhaus „Eurozone“ endgültig zusammen.

–          Ein besonderes Problem sind die sog.“ Target2 Salden“. Das Target2-System transferiert und misst Geldüberweisungen zwischen den nationalen Notenbanken aufgrund internationaler Überweisungsaufträge, die von den jeweiligen Geschäftsbanken erledigt werden. Das noch reiche Deutschland hat über 800 Millionen Euro Schulden von Eurostaaten auf seinem Target2-Konto. So hat Italien über 300 Milliarden Schulden bei Deutschland. Ob und wann Italien diese Schulden abbauen kann, steht in den Sternen. Sollte Italien eines Tages die Schulden nicht begleichen wollen und können, wäre das für Deutschland ein Verlust in Höhe eines Jahreshaushaltes des Bundes. Die deutsche Wirtschaft profitiert von diesem System, weil es den Export unterschützt. Importeure aus diesen Ländern kaufen deutsche Produkte, die sie sich sonst nicht leisten könnten.

–          Auch wegen der Befürchtung, über die Target2-Salden viel Geld zu verlieren, wird Deutschland seine Schuldner immer wieder vor dem Crash bewahren, koste es, was es wolle. Ein Fass ohne Boden.

–          Deutschland muss fordern, dass die Target2-Verpflichtungen jeweils innerhalb von drei Jahren nach Zahlungsbeginn beglichen werden.

–          Fazit: Der Euro, der Europa einen sollte, hat Europa gespalten.

Dringend notwendige Konsequenzen:

–          Die politischen Führer müssen erkennen und zugeben, dass es heute heißen muss:

“Wenn der Euro nicht scheitert, scheitert Europa“

–          Sie müssen zeitnah die Reißleine ziehen, um Übergangsregelungen zu entwickeln und umzusetzen.

–          Deutsche und internationale Wissenschaftler haben Modelle vorgestellt, was man machen kann und muss, wenn man eine „überraschende“ und harte Bruchlandung vermeiden will.

–          Der Vorschlag zu einer Parallelwährung von Euro und von nationalen Währungen könnte ein sinnvoller Weg sein.

–          Deutschland muss dazu beitragen, eine bessere Balance zwischen notwendigem Sparen und gezielten projektbezogenen Investitionen – z.B. in den Tourismus – zu schaffen, die schnellen Fortschritt versprechen.

–          Der Brexit – auch eine Folge verfehlter EU-Politik – sollte als Chance genutzt werden, Europa als Ganzes zu überdenken und zu neuem Leben zu führen – mit allen beitrittswilligen Staaten wie den starken Staaten Großbritannien, Schweiz und Norwegen – mit einem reduzierten „Moloch“ Brüssel , mehr nationaler Eigenverantwortung und Souveränität sowie dezentralen Strukturen.

–          Europa hat theoretisch das Potential zu einem „Global Player“ – aber nicht mit der EU oder der Eurozone.

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Weiterführende Literatur: Hans-Werner Sinn: „Die Targetfalle“, Joachim Starbatty: „Tatort Euro“

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Anmerkung: In einer lockeren Folge werden wir weitere Argumentationshilfen für ausgesuchte Themen der deutschen Politik erarbeitet.

Mit Blick auf die Wahlen am 24. September 2017 wird hier eine Bilanz gezogen, die jeder Leser aufgrund seiner Erfahrungen ergänzen kann.

Wenn Sie die einzelnen Folgen kopieren und vielleicht auch weitergeben können, wären wir Ihnen dankbar. Sie haben damit die „gängigsten“ Argumente zum Wahlkampf an der Hand.

Bisher erschienen sind Folge I: „Die 17 politischen ´Todsünden` der Kanzlerin“ (am 11.08.´17) (https://www.conservo.blog/?s=tods%C3%BCnden+der+kanzlerin

sowie Folge II: „Todsünde“ illegale Masseneinwanderung“ (am 14.08.´17) (https://www.conservo.blog/2017/08/14/argumentationshilfen-fuer-den-wahlkampf-2017-folge-ii-todsuende-illegale-masseneinwanderung/)

www.conservo.wordpress.com   17.08.2017
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