Olaf Scholz, Kanzler der Chinesen

Dieter Farwick, BrigGen a.D. und Publizist *)

Der Zeitplan von Kanzler Scholz vor seinem Besuch in Peking war eng. Er hat sich selbst unter Druck gesetzt. Die Entscheidung zum Verkauf eines Areals des Containerhafens Tollerort an die chinesische Firma Cosco – eine der  größten Reedereien Chinas – wollte Scholz vermutlich als Gastgeschenk für die chinesischen Regierung in der Tasche haben.

Sechs deutsche Fachminister wollten den Deal verhindern – bis zu letzten Minute. Der Verkauf des Areals bringt der Hafengesellschaft rd. 46 Millionen Euro Einnahmen.

Was machte die Entscheidung so schwierig?

In den letzten Jahren  hat China maritime Stützpunkte entlang wichtiger Handelslinien gekauft. Die Anlagen für die Unterstützung der chinesischen Handels – und Kriegsflotte sind wichtig für China, denn sie sind ein wesentlicher Teil der chinesischen Gesamtstrategie „One Belt – one road“ – ein weltumspannenden Netz chinesischer strategisch-operativer Interessen und Ziele für den Welthandel sowie zukünftige maritime Operationen weltweit. Ihre Fangarme reichen bereits über Piräus und Duisburg hinaus. Hamburg ist seit Jahren ein geopolitisch attraktives Ziel – mit Blick nach Skandinavien und in die- Nordsee – und Nordatlantik.

Diese mögliche Zukunft Hamburgs hat dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz imponiert. Mit dem interessierten Hamburger Ersten Bürgermeister Olaf Scholz konnte und wollte China ins Geschäft kommen. In der Zwischenzeit wurden die wahren Absichten der chinesischen Führung jedoch deutlicher.

Die in Betracht kommenden asiatischen Staaten bekamen attraktive Angebote für Darlehen chinesischer Investoren mit damals tragbaren Zinsen. Das hat sich für die betroffenen Staaten – wie Sri Lanka (früher Ceylon) negativ entwickelt.  Sri Lanka konnte die vereinbarten Zinsen nicht mehr bezahlen. Das reiche China konnte es sich leisten, als Helfer in der Not einzusteigen.

Für nen Appel und nen Ei…

Die Bauruinen wurden durch China günstig übernommen. Die betroffenen asiatischen Staaten sind enttäuscht von dem Verhalten Chinas, aber sie sind China gegenüber hoffnungslos auf Jahre hoch verschuldet. Die hochgepriesenen Hafen- und High-Tech-Anlagen sind heute als Bauruinen zu besichtigen.

Es war wenig erstaunlich, dass bei diesen teuren Infrastrukturmaßnahmen nur chinesisches Personal eingesetzt wurde. Die asiatischen Bevölkerungen haben von diesen Summen wenig Geld gesehen. Das kann sich in der Zukunft ändern, aber es gibt bislang keine Anzeichen.

Es wäre allerdings von Vorteil gewesen, wenn eine hanseatische Prüfkommission den einen oder anderen Hafen in Asien besucht hätte – einschließlich vorhandener chinesischer Arbeiterkolonien. Trotz geäußerter Bedenken hätte es sich politisch gelohnt, eine sorgfältigere Prüfung vorzunehmen, zumal beide Seiten vereinbart hatten, den Vertrag Ende des Jahres 2022 zu unterzeichnen.

Herr Scholz hat die Richtlinienkompetenz – Basta!

Es stellt sich die Frage, ob sein Aufenthalt in Peking von 11 Stunden die langen, teuren Flugzeiten rechtfertigt – angesichts der damit verbundenen Emissionen. Eine Telekonferenz hätte der Sache umweltfreundlicher und kostengünstiger auch gedient.

In seinem Gastkommentar der FAZ von Anfang Oktober schreibt Olaf Scholz, dass Deutschland seine China-Strategie ändern würde – auch mit Blick auf den Parteikongress der Kommunistischen Partei im Oktober 2022. Einzelheiten nennt Scholz noch nicht.

Dieser Kongress hat die Position Li Xinpings bis an dessen Lebensende zementiert. Er ist der „Kaiser von China“. Er hat ein strategisches Ziel: 2049. Es wird das 100jährige Jubiläum der Kommunistischen Partei und die Weltherrschaft Chinas sein.

Wie wird die geänderte China-Strategie aussehen?

Die ersten Hinweise deuten in die falsche Richtung.Die dramatischen Folgen der einseitigen Abhängigkeit von Russland haben in der deutschen Regierung nicht zu einem Umdenken geführt. Sie marschiert mit Volldampf in Richtung einer Abhängigkeit vor China – umfassender und weitaus gefährlicher als die von Russland.

Die neue Abhängigkeit von China gilt für mehr Bereiche der deutschen Wirtschaft und hat ein größeres Volumen als die bisherige Abhängigkeit von Russland, deren Reduzierung noch Jahre dauern wird. Außerdem sind wichtige Lieferketten nicht schnell ersetzbar.

China ist nach dem Parteikongress noch autoritärer geworden. Die deutsche Regierung sieht sich augenscheinlich wirtschaftlich in Augenhöhe mit China. Das ist eine fatale Fehleinschätzung, die für Deutschland und Europa n ein großes Desaster führen wird.

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*) Brig. General a.D. Dieter Farwick wurde am 17. Juni 1940 in Schopfheim, Baden-Württemberg, geboren. Nach dem Abitur wurde er im Jahre 1961 als Wehrpflichtiger in die Bundeswehr eingezogen und anschließend Berufssoldat. Einen Höhepunkt seiner Karriere bildete die Tätigkeit im Planungsstab von Bundesverteidigungsminister Dr. Manfred Wörner, wo er vier Jahre an der Schnittstelle Politik-Militär tätig war. In den 90er Jahren fand er über vier Jahre als Operationschef im damaligen NATO-Hauptquartier Europa-Mitte Verwendung und war maßgeblich an der Weiterentwicklung des NATO-Programmes ´Partnership for Peace` beteiligt. Schon während seiner Dienstzeit verfasste Farwick mehrere Bücher und andere Publikationen zu Fragen der Sicherheitspolitik und der Streitkräfte. Im „Ruhestand“ engagierte er sich viele Jahre als Chefredakteur eines Newsservice für sicherheitsrelevante Themen und organisiert heute noch Tagungen zu diesem Thema an renommierten Instituten.

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