Die Guten und die AfD: Das Projekt „Mit Rechten reden 2.0“ soll die Partei “entzaubern”

Michael van Laack

Man mag es kaum glauben. Ausgerechnet Liane Bednarz, in deren 2018 veröffentlichtem Buch „Die Angstprediger: Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern“ ich dankenswerterweise auch Erwähnung fand…

Auszug aus dem Buch “Die Angstprediger”

und die 2019 für kurze Zeit das Projekt „Mit Rechten reden“ für sich umsetzte, bevor ihre linken Freunde sie in sozialen Netzwerken „baten“,…

...sich doch der Ausgrenzungsstrategie anzuschließen, was sie dann bedauerlicherweise auch tat, fordert angesichts der aktuellen Umfragen erneut, dass man mit Rechten reden müsse.

Diesmal aber will sie nicht mit kleinen unbedeutenden Zahnrädchen wie mir reden, um sie von den in der Partei schlummernden dunklen Mächte und Kräfte zu überzeugen, sondern mit den wichtigen Playern wie Chrupalla, Weidel, Brandner, Gauland, Curio, Baumann und vielleicht sogar mit Höcke, die man stellen müsse, wie der Jäger Wild stellt.

Solcherlei forderte Bednarz am 03.07.23 in einem mit „Dieser Reflex ist gefährlich“ überschriebenen Artikel auf t-online:

Wobei das miteinander reden vermutlich eher als öffentliche virtuelle Liquidierung angedacht sein dürfte, indem z. B. die jeweiligen Moderatoren einer Sendung Behauptungen als Tatsachen darstellen, die Diskutanten der AfD regelmäßig mitten im Satz unterbrechen, die Teilnehmer der anderen Parteien wohlwollend eskortieren, das Publikum handverlesen aus dem rotgrünen Milieu wählen und so den Zuschauern demonstrieren: AfD-Politiker können nichts, wissen nichts, verbreiten nur Unzufriedenheit und Hass.

Das Projekt „Mit Rechten reden 2.0“ würde also letztendlich nicht zu einer inhaltlichen Debatte auf verschiedenen Politikfeldern führen, sondern lediglich eine leutseliger daherkommende Form der Ausgrenzung darstellen.

AfD wird in den Parlamenten Paria bleiben – so oder so!

Im Bundestag dürfte sich vermutlich niemand Bednarz‘ Vorschlag ernsthaft zu eigen machen. Zu sehr hat man sich in den vergangenen Jahren daran gewöhnt, jeden Kandidaten für das Bundestagpräsidium abzulehnen, Ausschussvorsitze zu verweigern, AfD-Kollegen und ihre Partei vom Rednerpult und auf den Gängen des Hohen Hauses zu beschimpfen und zahlreiche einer Rüge werten Zurufe aus dem Plenum während der Reden von Mitgliedern der „zutiefst nationalsozialistischen Partei“ geflissentlich zu überhören.

Nun könnte jemand einwenden: “Frau Bednarz meint es doch nur gut – freu Dich , statt ewig zu nörgeln und nur Übles zu vermuten!” Doch kann ich das kaum glauben, wie ich heute ich noch einmal im Kommentar zu einem Beitrag von ihr schrieb:

Am Endziel der AfD-Gegner ändert sich nichts

Denn das Motiv, zu reden, ist kein edles. Gemeint ist auch kein echter Diskurs. Gespräche sollen nicht ergebnisoffen geführt werden. Es geht nicht darum, im Wettbewerb gegeneinander im Gespräch für das beste Konzept zu einem Thema zu werben und dabei die Schwachpunkte im Konzept des jeweils anderen offenzulegen. Es geht auch nicht um Selbstreflexion, nicht darum den Kontrahenten wirklich anzuhören und auf seine Argumente inhaltlich einzugehen.

Die AfD soll entzaubert werden. Mit anderen Mitteln will man die Diskreditierungskampagne fortsetzen. „Unsere Demokratie” (wie ich das besitzanzeigende Fürwort in diesem Zusammenhang hasse) kann nur gerettet werden, wenn die „Zivilgesellschaft“ (wer genau das ist, bleibt bis heute undefiniert) Seit an Seit mit allen Nicht-AfDlern bunt und tolerant bleibt. Das ist die Prämisse!

Wer nicht für uns ist, ist ein “Nazi”

Verfassungs- und Demokratiefeind (“Nazi”) ist, wer nicht nur vor ungeordneter Migration warnt (das tun ja mittlerweile auch andere Parteien), sondern die konkrete Umsetzung von Beschlüssen fordert, die sie verringern – Verfassungs- und Demokratiefeind ist, wer die Genderdebatte nicht im Sinn der Asterisk-Community führt und behauptet, es gäbe nur zwei Geschlechter. “Nazi” ist auch, wer nicht glauben will, dass Deutschland das Weltklima retten kann und deshalb massive finanzielle Belastungen für die Bürger ablehnt.

Ebenfalls geht mit rechtsradikalem und verschwörungstheoretischem Gedankengut schwanger, wer auf Kriminalitätsstatistiken im Hinblick auf Herkunft und Religionszugehörigkeit hinweist. Ewiger Querdenker ist, wer verlangt, dass die Coronagesetzgebung und aus ihr erwachsenen Folgen der vergangenen Jahre nicht dem Vergessen anheimfällt. Klimaleugner und damit selbstverständlich auch ein Rechter ist, wer die Aktionen der „Letzten Generation“ nicht schweigend erträgt. Hass und Hetze betreibt, wer all diese und manch andere Themen (ganz gleich ob sachlich oder polemisch-populistisch) in den sozialen Netzwerken behandelt.

Dass möglichst viele Bürger genau dies am Ende der neuen Kampagne „Mit Rechten reden 2.0“ wie beschrieben sehen sollen (Demokratiefeind ist, wer…), dürfte das zwar nicht erklärte aber doch einzig sinnvolle Ziel sein.

“Mit Rechten reden” kann nur der zweite Schritt sein

Bednarz und andere sollten m. A. zunächst einmal einen anderen Weg gehen: z. B., indem sie dazu aufrufen, dass Bundestag und Landtage mit Blick auf die Postenvergabe ihre Blockadehaltung aufgeben. Das wäre eine vertrauensbildende Maßnahme. Ebenso sollten sie Sendeformate fordern, die nicht „Alle gegen einen“ als Konzept haben; ebenso Nachrichtensendungen, die auf dem Boden der Neutralität berichten (nicht nur, wenn es um Sonneberg oder die Wahl eines AfD-Bürgermeisters geht). Auch ihrem Brötchengeber „t-online“ sollte Bednarz raten, investigativen Journalismus gegen rechte Politiker und Strukturen ergebnisoffen zu führen und hin und wieder auch mal linksunten.media und andere extremistische Netzwerke zum Ziel ihrer Untersuchungen zu machen.

All das wird Frau Bednarz nicht tun und manch anderer, der wie sie plötzlich auch wieder mit Rechten reden möchte, macht das mit Blick auf seinen Wirkungsbereich ebenfalls nicht. Was wir in der neuen Forderung „Mit Rechten reden“ sehen, ist der (vielleicht schon verzweifelte) Versuch, den seit einigen Jahren als ausgemacht geglaubten Sieg einer politischen Religion zu retten, die nur deshalb von „unserer Demokratie“ spricht, weil sie weiß, dass ihre Demokratie nicht deckungsgleich ist mit der Demokratie, die Deutschland seit 1949 zu Wohlstand verholfen und zu einem vertrauenswürdigen Partner in Europa gemacht hat.

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