Rückbesinnung auf das Konservative

Warum ist eine Rückbesinnung auf  konservative Werte und Wurzeln notwendig? Und warum muß in unserem Land eine Bewußtseins- und Politik-Veränderung erfolgen? Viele Bürger dieses Staates, vor allem die konservativen Mitglieder der CDU/CSU, sind tief enttäuscht über die zunehmende Sozialdemokratisierung der Union. Beide Parteien sind dabei – wie Lemminge dem Zeitgeist folgend –, ihre konservativen und christlichen Wurzeln zu verraten. „Konservativ“ ist in den Unionsparteien bereits zum Unwort geworden, konservative Politiker sind kaum noch zu finden. Eine freundliche Rede der CDU-Vorsitzenden Merkel auf dem letzten Parteitag gegenüber dem „konservativen Flügel“ ersetzt noch lange nicht eine werteorientierte Politik, sondern verteilt „warme Worte“ wie Placebos.

Schlimmer noch scheint, daß die christliche Werteorientierung von vielen in der Union eher als Ballast denn als Chance begriffen wird. Blanker Opportunismus und reiner Pragmatismus machen sich breit – wobei diese negative Entwicklung schon unter Kohl begann. Merkel ist nur die Spitze der Entwicklung. Man beginnt allmählich zu begreifen, daß die von Helmut Kohl allzu oft besungene „Wende“ dadurch eine ganz andere Interpretation erlaubt. Die „alte“ Union lief offensichtlich nach Meinung ihrer Oberen Gefahr, für religiös gleichgültige Bevölkerungskreise nicht attraktiv zu sein und damit vermeintliches Wählerpotential zu verlieren. Die Union übersieht aber in ihrem „Zeitgeist-Eifer“, daß das Interesse an religiösen Themen in der Bevölkerung in den letzten Jahren wieder gestiegen ist. (Da die beiden großen Kirchen selbst zunehmend dem Zeitgeist huldigen, suchen manche dieser Bürger religiösen Ersatz bei Sekten und esoterischen Bewegungen. Aber das ist ein anderes, schwieriges Thema.) Die Union übersieht aber auch und vor allem, daß das Christentum quasi als „gesellschaftliches Programm“ zunehmend an Ansehen zurückgewinnt.

Nach einer Meinungsumfrage des Institutes für Demoskopie in Allensbach verbinden viele Menschen unseres Landes den Begriff „christlich“ (wieder) mit Selbstachtung, mit Verantwortung für andere, mit Wohltätigkeit, Achtung der Menschen und Friedfertigkeit. Gerade die Auseinandersetzungen mit dem Islam haben das Profil des Christentums geschärft – wobei notabene „Christentum“ nicht (mehr) mit „Kirche“ gleichgesetzt werden kann.

Was CDU und CSU nicht verstehen (wollen): Die Orientierung an christlich-abendländischen Werten bietet die Chance, ein gesellschaftspolitisches Programm anzubieten. Die Unionsparteien hängen zwar weit mehr als die SPD von dem Vertrauen in ihre Wirtschaftskompetenz ab. Dieser Teil ihrer (vermuteten) Kompetenz ist jedoch alleine für sich genommen zu schmalspurig. Gerade in unserer Zeit, in der weite Teile der Bevölkerung nicht mehr sicher sind, daß wirtschaftliche Dynamik auch ihnen Wohlstand und Beschäftigungschancen verspricht, reicht das nicht mehr aus, großen Rückhalt zu gewinnen. So hoppelt die CDU denn auch – wie bei der Echternacher Springprozession – von einer „Programm-Reform“ zur nächsten und wieder zurück. Eine belastungsfähige Leitlinie sucht man vergebens.

Zu einem gesellschaftspolitischen Gesamt-Programm gehört mehr: Einsatz für eine florierende Wirtschaft, die einen fairen Wettbewerb ermöglicht; Einsatz für Innovationen sowie für Bildung, die Werte vermittelt; Einsatz für Sicherheit des Bürgers und des Staates usw., kurz: ein Programm, das den Menschen und das Prinzip der (Eigen-)Verantwortung in den Mittelpunkt stellt. Dabei ist die Frage nach Standort-Politiken, nach Wirtschaftsentwicklung, sozialer Sicherheit und nationaler Identität eher kulturell zu beantworten als durch noch so viele Förderprogramme und das reine Kurieren an Symptomen:

Es ist zuvörderst die motivierende und kulturelle Kraft einer echten nationalen Identität, der Zusammenhalt eines Volkes und seines selbstbewußten Bürgertums, die die Koordinaten der Gesellschaft bildet – sozusagen „die gesiebte Vernunft des gesamten Volkes aus einem Jahrhundert ins andere“ (Ricarda Huch). Oder, wie es der Philosoph Odo Marquard kurz und knapp ausdrückte: „Keine Zukunft ohne Herkunft!“ Zu unserem Volk gehört unsere gesamte Geschichte und die christlich-abendländische Kultur. Wer dies zu überspielen und sich durch „Multikulti-Gedöns“ dem Zeitgeist anzupassen versucht, verliert seine Identität und wird unglaubwürdig. CDU und CSU zahlen einen hohen Preis für das Vergessen ihrer Wurzeln.

Der echte Konservative bewahrt das bewährte Gute, ist aber auch offen für neue Gedanken, die allerdings auf dem Prüfstand konservativer Werte kritisch bewertet werden müssen. Das aber setzt eine Orientierung auf festem Fundament voraus und ist gleichzeitig – bei notwendiger Rückbesinnung auf die abendländischen Werte – eine Garantie gegen alle extremistischen Gedanken. Eine solche – hier nur kurz angedeutete – Basis fehlt den Unions-Parteien inzwischen.

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