Vor den Scherben Seehoferscher Personalpolitik

seehofer2Wie heißt es so schön in Bayern: „Eimal neidappt, langt.“ – auf Hochdeutsch: Denselben Fehler zweimal zu begehen, ist eine große Dummheit. Wer fiel als erster auf den Blender Guttenberg herein? Antwort: Horst Seehofer war es, der diesen bis 2008 weitestgehend unbekannten Abgeordneten zu seinem ersten Generalsekretär berief und anschließend für seine Aufnahme ins Bundeskabinett sorgte, nach dem überraschenden Ausscheiden von Michael Glos als Bundeswirtschaftsminister im Jahre 2009.

Seehofer, Guttenberg, Scheuer, Aigner, Söder & Co….

Wie sich die heutigen Protagonisten an der Spitze der CSU doch gleichen, nach dem Motto: Mehr Schein als Sein. Seehofers Personalpolitik kennzeichnet eine wesentliche Maxime, wenn es um die Bewertung von persönlicher Qualifikation für ein Amt geht: Eine solide Ausbildung und Bewährung im eigenen Beruf ist überflüssig. Man gewinnt den Eindruck, eine Führungsperson in der sogenannten neuen Seehofer-CSU muß möglichst abhängig von Partei und Politik sein, damit ja niemand auf dumme Gedanken kommt, sich womöglich unabhängig von Zeitgeistströmungen in der eigenen Partei zu fühlen. Die von Seehofer als seine „Thronfolger“ ausgerufenen Politiker Ilse Aigner und Markus Söder entsprechen wie früher Guttenberg und heute Herr Scheuer exakt dem Typus des „ungelernten“ Berufspolitikers, der entweder keinen richtigen Beruf erlernt oder diesen nie ausgeübt hat. Frau Aigner behauptet  z. B. sie habe fünf Jahre in der Hubschrauberentwicklung gearbeitet. Tatsächlich ist sie eine ganz normale Elektrikerin (womit natürlich nichts gegen diesen ehrenwerten Handwerksberuf gesagt werden soll), die als Geselle ein paar Jahre im Elektrogeschäft der eigenen Eltern gearbeitet hat (die Hubschrauberindustrie weiß bis heute nichts über Frau Aigners Entwicklungen, auf die die Fachwelt immer noch gespannt wartet). Herr Söder schloß sein Jurastudium ebenso wie Kollege Guttenberg mit dem Ersten Staatsexamen ab. In beiden Lebensläufen wurde geflissentlich verschwiegen, daß es ja noch ein Zweites Staatsexamen gibt. Beide vermeintlichen Hoffnungsträger haben weder in einem klassischen juristischen Beruf noch in vergleichbaren Funktionen in der Wirtschaft gearbeitet. Söder wurde unmittelbar nach seinem Examen Landtagsabgeordneter und Guttenberg tingelte mit ein paar Praktika durch die Welt, bis er 2002 plötzlich Abgeordneter wurde, weil ihm nichts Besseres einfiel.

Wie der Herr, so‘s G’scherr

Apropos fehlende Berufserfahrung: Ministerpräsident Seehofer stolperte 1980 in den Bundestag, nachdem er sich vorher als einfacher Beamter in der Kommunalverwaltung und später im Landratsamt Ingolstadt betätigt hatte. Umgibt sich jemand, der weder akademische Weihen noch geschäftliche oder sonstige berufliche Erfolge vorzeigen kann, gerne mit geistigen Überfliegern? Seehofer wahrscheinlich schon deswegen nicht, weil er für Menschen mit besonderen beruflichen Qualifikationen überhaupt kein Gespür hat. Insofern war Scheuers Berufung zum neuen Generalsekretär für Seehofer eine ziemlich folgerichtige Entscheidung. Auch hierfür hält der bayerische Volksmund wieder einmal ein passendes Sprichwort parat:  „Wie der Herr, so’s G’scherr.“ Übersetzt: Wie der Chef, so seine Angestellten.

War früher alles besser?

Der von Seehofer eingeläutete Linksrutsch der CSU wurde auch von personellen Verflachungen begleitet. Vielleicht waren diese auch Mitursache der Aufgabe wichtiger Grundsatzpositionen. Die Erfolge der CSU in Bayern hatten auch etwas mit politischen Persönlichkeiten zu tun. Unter den Ministerpräsidenten Goppel, Strauß und zeitweise auch Stoiber wurden Kabinettsposten tatsächlich weitestgehend nach Qualität bzw. Qualifikation und nicht nur nach Proporz und Quote besetzt, durchaus auch mit eigenständig denkenden Persönlichkeiten, die nicht nur aus der Landtagsfraktion stammten. Wie will denn heute ein Kabinettsmitglied, das nie berufliche Erfahrungen außerhalb der Politik sammeln konnte, gegenüber der eigenen Ministerialbürokratie und den Herausforderungen eines linken Kampagnenjournalismus bestehen? Das von Max Weber zurecht abgelehnte „Leben von der Politik“ anstatt für die Politik war bislang eher ein „Markenzeichen“ linker Parteien. Die SPD wurde beispielsweise schon im 19. Jahrhundert als Funktionärspartei mit dem „Vorbild“ des linken Berufsrevoluzzers durchorganisiert. Die bürgerlichen Parteien konnten sich bis Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts von diesem zweifelhaften Funktionärsunwesen noch einigermaßen abgrenzen. Mit Helmut Kohl wurde dann allerdings der erste Berufsfunktionär, der sich seit seinem Ausbildungsende zu keiner Zeit außerhalb der Politik bewähren mußte, CDU-Chef. Die negativen Folgen seines viel zu langen politischen „Wirkens“ sind allgemein bekannt. Der Dreisatz Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal wird neuerdings in Österreich auf die Spitze getrieben, wo die ÖVP ein 27-jähriges „Bürscherl“ zum Außenminister ernannt hat.

Das „Leben für die Politik“ muß wieder zum Idealbild der CSU werden, das die  Führungspersönlichkeiten unserer Partei auch selbst verkörpern müssen. Dazu gehört die sofortige Abschaffung aller formellen und informellen Quoten. Die Diätenregelungen in den Parlamenten müssen radikal geändert werden. Seit Jahren liegen hervorragende Vorschläge auf dem Tisch, wie beispielsweise eine Übernahme des Betriebsratsmodells aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Demnach beträgt die Vergütung der freigestellten Betriebsräte nicht mehr als  das zurückliegende Einkommen als Firmenangestellter. Abgeordnete sollten während ihrer Mandatszeit daher nur das verdienen, was ihrem vorherigen Einkommen vor Aufnahme der Abgeordnetentätigkeit entsprach, natürlich versehen mit einer Kappungsgrenze nach oben für Selbständige oder Vorstandsvorsitzende großer Unternehmen. Berufsanfänger (also die Aigners, Söders, Scheuers und Co.) sollten eine Einstiegsvergütung erhalten, wie ihre Altersgenossen im öffentlichen Dienst, also Monatsbeträge zwischen 2.000 und 3.000 Euro. Gerne kann man noch eine kleine Aufwandspauschale für Büro und Reisen und einen Inflationsausgleich als jährliche Steigerung bezahlen. Die jetzige exorbitante Altersversorgung und die üppige Spesenregelung wären vollständig zu streichen. Lediglich die vor der Abgeordnetentätigkeit gezahlten Beiträge zur Altersversorgung (egal ob in der gesetzlichen Rentenkasse, als Beamter oder in berufsständischen Versorgungswerken) würde für die Mandatszeit weiter gezahlt werden.

Mit diesem Modell hätte sich das unsägliche Berufspolitikertum ein für alle Mal, auch zum großen Nutzen unserer Partei, erledigt, weil es finanziell nicht mehr attraktiv wäre, sein ganzes Berufsleben in der Politik zu verbringen. Blender, Schönredner und Weltverbesserer blieben uns weitestgehend erspart.

(“die-echte-csu“)

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