Die Freiheit Osteuropas muss das eigene Interesse Deutschlands sein

osteuropavon Freddy Kühne

Ein Deutschland, dass die Freiheit Osteuropas nicht wirklich kümmert, sondern sich lieber auf Kosten dieser Freiheit Osteuropas auf seine pazifistische Isolationspolitik zurückzieht, ist nicht für eine Führungsrolle der Demokratien in Europa – und schon gar nicht für eine Führungsrolle demokratischer Staaten weltweit – geeignet.

Ich selbst besuchte bereits 1990 – direkt nach dem Mauerfall – per Fahrrad die DDR. Und schon 1991 besuchte ich Polen: dort war ich innerhalb weniger Wochen sowohl in Südpolen, als auch in Warschau und in den Masuren unterwegs.

Und was mir in Polen auffiel, war wie freundlich wir als Deutsche empfangen und bewirtet worden – trotz all der Verbrechen die während des 2. Weltkriegs begangen wurden.

Doch fiel mir noch eines auf: während mein ostdeutscher Bekannter mit seinen Russischkenntnissen bei den Polen auf Granit biss – sprachen die anderen gern mit mir als “Wessi” entweder Englisch oder – in Ausnahmen – Deutsch.

Aber was gar nicht ging war Russisch…

Zudem bestand bei einigen Polen Angst vor – mir selbst als Deutschen unbemerkten – Ausländerfeindlichkeit bereits Anfang 1991 in Ostdeutschland: sie hatten Angst mit dem Zug durch Ostdeutschland zu fahren und als Polen aufzufallen. Ich verstand diese Angst damals überhaupt nicht – aber sie wurde mir gegenüber als Westdeutschem zum Ausdruck gebracht: im Westen Deutschlands – so die Polen – seien die Deutschen viel freundlicher gegenüber Polen.

Aus heutiger Sicht ist mir diese Sicht der Polen besser verständlich: im Westen – insbesondere in den Ballungsräumen z.B. des Ruhrgebiets bzw. in Nordrhein-Westfalen – waren wir es schon seit Jahrzehnten gewöhnt, mit Arbeitskräften und Familien aus Polen zusammenzuleben und zu arbeiten. In der DDR dagegen gab es solche Integrationserfahrungen wohl nicht oder fast nicht – bis heute (von West-Berlin bzw. Berlin abgesehen).

Jahrelange Unterdrückung durch Sowjetunion

Die Ablehnung des Russischen als Sprache in Polen und weiten Teilen Osteuropas ist zurückzuführen auf eine jahrzehntelange Unterdrückung der Freiheiten Osteuropas durch die Sowjetunion.

Diese Erkenntnis muss für die Einheit Europas in der deutschen Aussen- und Sicherheitspolitik eine gewichtige und stärkere Rolle spielen als bisher: will Deutschland Europas Einheit, dann muss es seine Scheu vor militärischer Stärke, die es zum Schutz der Demokratien in Osteuropa einzusetzen bereit sein muss, zwingend ablegen.

Anderenfalls drohen durch den von Putin gerufenen Geist des russischen Nationalismus weite Teile der Ukraine und ggf. weitere osteuropäische Gebiete durch militärische Gewalt zu verschluckt zu werden. Das vermutlich jüngste Opfer dieses von Putin aus der Flasche gelassenen antiwestlichen antidemokratischen russisch-nationalistischen Geistes ist der russische Oppositionspolitiker Boris Nemzow.

Boris Nemzow für friedliche Kooperation

Boris Nemzow unterstützte bereits seit 2005 die orangene Revolution in der Ukraine, sprach sich gegen den Ostukraine-Krieg Russlands und gegen die Annexion der Krim aus. Nemzow wollte eine friedliche Kooperation der Ukraine und zugleich eine Liberalisierung der russischen Gesellschaft und Wirtschaft. Mit Nemzow stirbt die Hoffnung auf eine Annäherung zwischen den Werten Westeuropas und der USA sowie Russlands.Osteuropa wird sich nach dem Tode Nemzows – sollte Deutschlands Politik sich nicht umgehend stärker für die Freiheit Osteuropas einsetzen – verstärkt hilfesuchend an die USA richten.

Deutschland wird in diesem Fall in den nächsten 50 Jahren voraussichtlich keine neue Chance mehr erhalten, das sicherheitspolitische Vertrauen Osteuropas wiederzuerlangen. Die deutsche Politik muss endlich erkennen, dass Deutschland als stärkste wirtschaftliche Macht Europas endlich aus seinem Schuldkomplex herauswachsen und verstehen lernen muss, dass Freiheit der Demokratien nur durch äussere und innere Stärke und Entschlossenheit auch in der Sicherheitspolitik erfolgen kann.

Deutschland: raus aus dem Schuldkomplex!

Die deutsche Europapolitik ist derzeit sowohl finanz- und währungs-, aber auch sicherheitspolitisch dabei, das gesamte Projekt der europäischen Einheit zu gefährden. Denn sowohl ein auf die Interessen der deutschen Industrie und Banken fixierte Finanz- und Währungspolitik, welche dauerhaft zulasten Südeuropas geht, als auch eine zu schwache Sicherheitspolitik zum Schutze der Freiheit Osteuropas, kann das gesamte Projekt der Europäischen Freiheit und Einheit in Gefahr bringen.

Diese Gefahr kann nur durch entschlossenes Umdenken abgewendet werden: in der Währungs- und Finanzpolitik bedeutet dies: nur ein Schuldenschnitt und Euroaustritt helfen den schwachen Südländern wie Griechenland auf die Beine.

In der Sicherheitspolitik muss Deutschland umgehend die Interessen Osteuropas zu seinen eigenen Interessen machen. Europa braucht ein Deutschland, dass sich für Europa stark macht. Nur einem solchen Deutschland werden die Europäer langfristig vertrauen.

*) Freddy Kühne betreibt das Blog 99 Thesen – Christlich liberal konservatives Blog

www.conservo.wordpress.com

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