Lohnforderungen, Gewerkschafts-Funktionäre, Aufsichtsrat – Widersprüche

Die trockene Meldung des Tages lautet: „Gewerkschaft verdi will für das Kabinen- und Bodenpersonal bei der Lufthansa 5,2 Prozent mehr Geld erkämpfen“ (FAZ 21.3.13).

Liest sich erst ´mal gut – aus der Sicht der betroffenen Arbeitnehmer. Doch die Sache hat einen gewaltigen Haken: Wenn DGB-Sommer und Verdi-Bsirske immer wieder betonen, hohe Lohnforderungen seien gut für die wirtschaftliche Entwicklung und die Konjunktur unseres Landes, so sollten sie zuerst einmal in den Spiegel schauen, in ihren eigenen Laden.
Da sieht die Wirklichkeit nämlich bei weitem nicht so aus wie z. B. bei der Lufthansa. Daß die DGB-Bonzen ihre Mitarbeiter unter miserablen Bedingungen und mit Niedrig-Löhnen arbeiten lassen, ist hinlänglich bekannt. Gebessert hat sich da nix. Hohe Lohnabschlüsse, Urlaubsanspruch-Erweiterungen, nein zu Leiharbeitsverhältnissen oder gar kürzere Arbeitszeiten – davon dürfen Gewerkschafts-Mitarbeiter nur träumen. Was sie aber mit kräftiger Unterstützung der Bosse dürfen: Sie dürfen alle diese Wohltaten möglichst lauthals bei allen Unternehmen einfordern – nur nicht bei denen des DGB selbst. Da gehören kuschen, gehorchen und Mehrarbeit zum gewerkschaftlichen Alltag.

Und wenn der eine oder andere Genosse doch einmal wagt, solches zu fordern, dann tönt es unisono von der Spitze: „Liebe Kollegen (und Kolleginnen! – muß ja sein), wir müssen an die Zukunft denken und an die schlechte wirtschaftliche Situation unserer Organisation. Wir müssen an allen Ecken und Enden sparen, auch beim Personal. Deshalb kommen wir nicht umhin, die Arbeitszeiten zu verlängern, den Urlaubsanspruch zu kürzen und weitere Sparmaßnahmen zu ergreifen. Liebe Kollegen, wir erwarten solidarisches Handeln; denn wir wollen die gewerkschaftliche Schlagkraft ja nicht schwächen. Dafür müßt Ihr Opfer bringen…“ (Der Satz könnte glatt von Bsirske stammen.)

Gleiche Maßstäbe für Gewerkschaftsunternehmen wie für andere wie z. B. Lufthansa? Geht doch nicht – wie erst jüngst wieder demonstriert wurde: Da schlug der DGB den 750 Beschäftigten des DGB-Tochterunternehmens DGB-Rechtsschutz GmbH eine Tariferhöhung von sagenhaften 0,9 Prozent (i. W.: null-komma-neun) vor, woraufhin diese zunächst mit einem eintägigen Streik reagierten. Selbst aus den eigenen Reihen kam dann der Vorwurf, daß der DGB hohe Forderungen „draußen“ erhebe, aber den eigenen Leuten nur Mini-Zuwächse gönnten.
Verdi-Chef Bsirske hat derweil seine Schäfchen im Trockenen. Kräftige Lohnzuwächse für – ihn! Seine Jahresbezüge nähern sich der 200.000 Euro-Marke. Hinzu kommen bestens bezahlte Aufsichtsrats-Mandate (z. B. Lufthansa, Postbank), die sich allein im Jahre 2011 auf 308.000 Euro summierten. Zunehmend kommt Gewerkschafts-Funktionär Bsirske dem Aufsichtsrats-Mitglied Bsirske bei der Lufthansa ins Gehege. Gerade Bsirske wird von allen Seiten vorgeworfen, Streiks gegen die Lufthansa zu organisieren und zu forcieren, aber gleichzeitig als Stellvertretender Aufsichtsrats-Vorsitzender für das Wohl des Unternehmens mitverantwortlich zu sein. Das sind unüberbrückbare Gegensätze, besonders wenn man ein solcher Betonkopf wie der grüne Bsirske ist.

Bsirske merkte inzwischen, daß er in diesem Punkt auf einem heißen Stuhl sitzt – und ließ sich prompt einen schönen Plan einfallen: Durch die Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank sind nunmehr die Mitarbeiter der Postbank bei Betriebsratswahlen in der Deutschen Bank wahlberechtigt – was natürlich auch Auswirkungen auf die Arbeitnehmer-Vertretung im Aufsichtsrat (AR) hat. Fix verkündete Bsirske, seinen Sitz im AR der Lufthansa aufzugeben und stattdessen als Arbeitnehmer-Vertreter bei der Deutschen Bank AG anzutreten – mit dem Ziel, den stv. Vorsitz in deren AR zu übernehmen. Das wäre immerhin mit beachtlichen Zusatzbezügen von rd. 250.000 Euro im Jahr verbunden – ein Schelm, der sich Böses dabei denkt.
Sein Abschied aus dem Lufthansa-AR hinterläßt bei niemandem auch nur die Spur von Wehmut. Bsirske hatte sich in diesem Gremium von ganzem Herzen unbeliebt gemacht. Der von ihm hochgejubelte Streik brachte „seinem“ Unternehmen einen finanziellen Schaden in Millionen-Höhe, so daß ihm die Hauptversammlung im Jahre 2003 die Entlastung verweigerte. Zugleich wurde wegen des dauerhaften Interessenskonfliktes zwischen Gewerkschaft einerseits und Aktiengesellschaft andererseits gefordert, er möge bitte sein AR-Mandat aufgeben – was dank der Sturheit Bsirske zehn Jahre dauerte. Nichtsdestotrotz zögerte er keinen Moment, gemeinsam mit seiner verehrten Frau Gemahlin einen (dem AR zustehenden) 1.Klasse-Flug nach Los Angeles auf sich zu nehmen – dieweil seine Gewerkschaftskollegen sich während des gerade laufenden Arbeitskampfes die gewerkschaftlichen Hälse wundschreien durften. Daß Bsirske ausgerechnet während dieser Streiktage in Urlaub flog, verärgerte vor allem die eigenen Kollegen (und Kolleginnen). Wie ein Schuldanerkenntnis wirkte dann auch noch die anschließende Bereitschaft Bsirskes, den Flug nachträglich aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Da konnte ich so etwas wie ein wenig Mitleid ob dieses schweren Opfers kaum verhehlen.

Aber zum ersten Mal hat sich Bsirske verkalkuliert. Banker und eben auch Bank-Mitarbeiter lieben keinen Klamauk und tragen ihre Konflikte friedlich aus – was so gar nicht zum Typ Bsirske passen würde. Zudem reagieren Bank-Mitarbeiter seit je allergisch auf Fremd-Steuerung von außen. Die Arbeitnehmer-Bank im AR war deshalb von eigenen Betriebsleuten besetzt. Und das soll so bleiben. Einem Fremdfunktionär wie Bsirske wollte man, wenn man ihn schon nicht ganz im AR verhindern konnte, jedenfalls nicht die herausgehobene Funktion eines stv. AR-Vorsitzes andienen. Diese Funktion übernimmt jetzt Gesamtbetriebsratschef Hierling – also ein Mann aus den eigenen Reihen der Bank, der nicht fremdgesteuert sein dürfte.
Fazit: Was soll eigentlich ein Fremd-Funktionär als „Arbeitnehmer-Vertreter“? Arbeitnehmer eines Unternehmens sollten durch eigene Kollegen vertreten sein und nicht durch solche Funktionäre, die die als AR zu kontrollierenden Unternehmen allenfalls aus Kaffee-Fahrten kennen oder antreten, ihre gewerkschaftlichen Strategien zu erproben – die nicht immer zum Wohl des Unternehmens umgesetzt werden, wie das Beispiel Bsirske zeigt.

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