CSU ausgebremst! „Konservativer Aufbruch“ noch nicht ausgebremst!

(www.conservo.wordpress.com)

Über Betreuungsgeld, CSU-Rebellen und anderes Unheil in der CSU

Von Peter Helmes *)

In Bayern steppt der Bär, der Hund ist von der Kette, die Mäuse tanzen auf dem Tisch. Götterdämmerung, Resignation, Trotz, Wut – Begriffe, die gerade jetzt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) zum Betreuungsgeld in der CSU unüberhörbar sind. Die Nerven liegen blank. Schon spottet ein CSU-Mitglied: „Ein Zitat von FJS lautete: „Die Sozialisten bewegen sich ständig zwischen zwei Welten – zwischen Marx und Murks.“ Daraus leite ich ab: “Die CSU bewegt sich ständig zwischen zwei Welten: Zwischen Seehofer und Murks”.seehofer2

Zuviel ist schiefgelaufen, seit Seehofer die Partei führt. „Mautdesaster“ und vor allem „Betreuungsgeld“ stehen für eine ganze Reihe von Pech und Pannen. Die Knüller von einst erwiesen sich als Rohrkrepierer – krachend gescheitert. Eine Steilvorlage für die politische Konkurrenz der CSU.

CSU-Eigentor „Betreuungsgeld“1betreuungsgeld_476_dpa

Das BVG hat entschieden, das Betreuungsgeld – das derzeit bereits von fast 460.000 Familien bezogen wird – könne nicht Bundessache sein. Die formale Begründung macht das Gericht an der Frage fest, ob dies Geld zur „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ geeignet sei, wie es einst in der Begründung zur Einführung niedergeschrieben wurde. Das ist es aus Sicht des BVG nicht: Es ist Ländersache – aber eben nur aus Gründen der Zuständigkeit. Der Bund darf auf dem Feld der „öffentlichen Fürsorge“ nur tätig werden, soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht. Das Betreuungsgeld ist also noch nicht vom Tisch – wie manche Gegner voreilig meinen.

Manuela Schwesig jedoch kann das nun freiwerdende Betreuungsgeld für weitere Kitas ausgeben, also für Umerziehung, staatliche Bevormundung und Früsexualisierung. Ein klassisches Eigentor der CSU: Durch ihr unausgereiftes Vorgehen beim „Betreuungsgeld“ fördert sie jetzt nicht die Familie, sondern den Linksstaat. Die SPD feiert das Urteil des BVG. Es ist ein weiterer Schritt Richtung real existierenden Sozialismus. Es darf gelacht werden – aber nur bei SPD und Grünen. Für uns Bürgerliche bleibt – ja was denn? Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der CSU hat tiefe Risse bekommen.

Auch die grüne Frontfrau Katrin Göring-Eckardt, Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, höhnt: „Die Betreuungsgeldmilliarde sollte nun endlich für das ausgegeben werden, was Eltern wirklich wollen und händeringend suchen: gut ausgestattete Kitas mit gut ausgebildeten und gut bezahlten Erzieherinnen und Erziehern”. Ist es das, was die CSU wollte? Oder nicht?

Alarmierend ist die Begründung des BVG: Ein solches Gesetz falle nicht in die Kompetenz des Bundes. Einverstanden! Aber fällt es dann auch in die Kompetenz des Bundes, zur gleichen Zeit den Ausbau von Kitas massiv zu fördern? Hier zeigt das BVG erneut eine Tendenz gegen die tradierte Familie. Gleichheit gibt es offenbar nur, wenn der Staat die Erziehung selbst übernimmt. Wie weit sich das Bundesverfassungsgericht in der Familienpolitik bereits vom Grundgesetz entfernt hat (so auch in Fragen der Abtreibung, der Gender Mainstreaming-Ideologie etc.), zeigt sich unter anderem daran, daß das Urteil einstimmig verkündet wurde.

KADr. jur. Thomas Jahn, einer der Sprecher des KA: „Das gestrige Urteil ist allein aus juristischer Sicht so absurd, daß damit letztlich sämtliche Sozial- und Familienleistungen des Bundes, also auch das Kindergeld (Bundeskindergeldgesetz), als verfassungswidrig abgeschafft werden müßten. Das Urteil läßt sich nur durch die Zusammensetzung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts erklären, in denen sich Leute wie die linksgrüne Baer oder der DDR-Apologet Masing befinden.“

Mut machen: Pfeifen im Wald

Zurück zur CSU: Das öffentliche auf-die-Schultern-Klopfen des CSU-Generals und „Mia san Mia“-Rufe klingen heute eher wie das Pfeifen im Wald: „Herr, hilf!“ Und da bin ich mir ganz sicher: Wenn der Herr Franz-Josef noch lebte, würde er mit eisernem Besen durch die Führungsreihen der CSU fegen und die Richtung vorgeben – statt dem Zeitgeist hinterherzulaufen. Tempora passata! In München regiert das kleine Karo.

Wie immer in solchen Fällen – ob in der Familie, in der Schule oder bei der Arbeit: Schwache Geister geben durch Lautstärke und Rundumschlagen den dicken Maxe, in Wirklichkeit aber Zeugnis ihrer mangelnden Fähigkeit. Innerparteiliche Gegner darf es nicht geben, weil – oft beschworen – die Maxime gilt „Wir sind ja eine (Partei-)Familie!“ Und da steht man zusammen, Schulter an Schulter. Problem dabei: Stehen davorne aber Wackelpeter, wackelt auch der gesamte Schulterschluß, und die Front der wackeren Parteifreunde bricht zusammen.

„Auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit“

David Bendels, Mitgründer des KA und einer seiner Sprecher, nimmt kin Blatt vor den Mund:

„Unsere derzeitige Parteiführung führt unsere CSU geradewegs in die bundespolitische Bedeutungslosigkeit. Es fehlt der Wille zu einer stringenten, auf einem festen Wertesystem basierenden Konzeption unserer Politik. Es dominiert eine kurslose, wankelmütige Konzept- und Ziellosigkeit.”

Es gab Leute, die meinten, in der CSU herrsche eine Linie, die man im zähen Ringen miteinander gefunden habe und dann gemeinsam vertritt. Schnee von gestern. Heute wird „Parteidisziplin“ verlangt, also im Klartext: Vorne sagt einer, wo´s langgeht, und die Hinteren haben den Mund zu halten.

Es geht auch anders. Auffordern zum Disput, zum Dialog, zum Wettstreit der Ideen und Meinungen! So könnte es gehen. Aber das verlangt eine starke, kritikfähige Führung. „Kritikfähig“ heißt, Kritik einstecken zu können, und nicht nur zu verteilen. Dann schau´n mer mal, wie das bei der CSU läuft.

„Alles tanzt nach meiner Pfeife!“ – Aus dem Innenleben der CSU

Vor gerade ´mal einem Jahr hat sich innerhalb der CSU ein „Arbeitskreis“ gebildet, der sich den stolzen (und verpflichtenden!) Namen „Konservativer Aufbruch!“ („KA“) gegeben hat. Ihr Motto: „Wir geben den konservativen Mitgliedern der CSU-Basis wieder eine Stimme!“ Inzwischen zählen die Unterstützer des KA bereits mehr als 10.000 – wohlgemerkt: nur CSU-Mitglieder. Darüber hinaus gibt es Sympathisanten des KA zuhauf, auch (und erst recht) außerhalb Bayerns.

Mit hervorragenden und sogar von den Leitmedien gelobten Ideen und „Positionspapieren“ (siehe Homepage des KA „http://konservativer-aufbruch.de/) haben sich die (zumeist) jungen Leute des KA allerdings nicht überall Freunde gemacht, wagten sie es doch – und zwar deutlich – die Parteiführung zu kritisieren und einen anderen, einen klareren Kurs zu fordern (siehe „Gründungsmanifest“ weiter unten). Schnell war die CSU mit der abschätzig gemeinten Formulierung von den „CSU-Rebellen“ zur Stelle. Statt die diskussionsbereiten Parteimitglieder zu einem Dialog einzuladen, versucht man, sie „einzubinden“ (im wörtlichen Sinne) oder ihnen einen Maulkorb zu verpassen. Wie subtil das geht, weiß jeder, der sich im Innenleben einer Partei auskennt. Da wird nicht nur getreten, ausgegrenzt oder behindert, da greift man auch schon mal zu anderen „Maßnahmen“, die bis in die Existenzgrundlage renitenter Parteimitglieder reichen. Über Erfahrungen darüber verfügt der Autor in ausreichender Zahl.

Generalsekretär Scheuer
Generalsekretär Scheuer

Zwar hatte CSU-General Scheuer mit mildem Gestus „die jungen Leute“ zu einem Gespräch eingeladen. Aber das war´s. War´s das? Mitnichten! Wie Beispiel 1 zeigt:

Der „Berliner Kreis“, eine Gruppe konservativer CDU/CSU-Politiker um Dr. Christean Wagner, hatte die Sprecher des KA nach Berlin zu einem Meinungsaustausch eingeladen. Das Interesse war auf beiden Seiten groß, so daß eine „Abschlußerklärung“ vorgesehen wurde. Sozusagen auf den letzten Drücker vor diesem Treffen wurde den KA-Vertretern ohne Begründung oder Erläuterung mitgeteilt, es werde keine gemeinsame Erklärung geben. Da war wohl eine „ordnende Hand“ im Spiel.

„Wahre Lehre“ und „Spalter“

Beispiel 2 geht noch mehr in die Tiefe. In einem internen Bericht, der dem Autor vorliegt, schildert ein Aktivist des KA seine und seiner Freunde Erlebnisse mit stramm linientreuen Parteifreunden. Hier ein Auszug aus seinem Bericht:

„Am gestrigen Abend (20.7.) waren Vertreter des KA! zur Kreisausschusssitzung des Kreisverbandes Roth eingeladen, da man sich – so offizielle Aussage – Sorgen mache, Büchenbach möchte sich vom Kreisverband abspalten. (Kurze Anmerkung: Büchenbach ist der Ortsverband von O. R., P. H. und mir).

Anwesend waren u. a. der Landtagsabgeordnete und unser Kreisvorsitzender Volker Bauer sowie unsere Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler.

Aber es blieb nicht nur dabei, uns als Spalter zu bezeichnen, nein uns wurde auch noch vorgeworfen, dass wir der Partei dadurch schaden würden, dass wir Diskussionen zu aktuellen Themen führen und nicht alles so hinnehmen, was die Parteiführung diktiert. Man solle schließlich ein geschlossener Block sein, der nur eine Meinung hat – die der Parteiführung. (Kommt gerade noch so einem das Lied in den Kopf: Die Partei, die Partei, die hat immer recht)

Weiterhin wurde uns auch erzählt, dass die “wahre Lehre” (Wahrheit) eher etwas Schlechtes sei und wir auch Falschaussagen von Parteiführung und Abgeordneten akzeptieren sollen. Ebenso wurde uns vorgeworfen, dass wir keine Eier in der Hose hätten, weil wir uns an das Briefgeheimnis halten, da wir Mails nicht an Kreisvorsitzende und Abgeordnete weiterleiten, die uns von CSU Mitgliedern im Vertrauen geschickt wurden und eben absichtlich nicht an ihren Abgeordneten.

Vielen Dank hier nochmals an David Bendels (einer der Sprecher des KA., d. Red.), dass er gestern zu uns gekommen war und souverän die Diskussion für den KA! gewonnen hat. Fast muss ich schon sagen, trotz allem. Danke an unseren Kreisvorsitzenden, dass er uns dadurch noch bekannter gemacht hat und wir heute sogar noch eine Plattform auf der Facebook-Seite des Kreisverbandes Roth der CSU bekommen haben.

Und zum Abschluss noch ein paar Worte zu Marlene Mortler MdB. Nachdem die Diskussion über den KA! fertig war, erzählte Sie noch etwas zur Griechenlandabstimmung und warum Sie mit JA gestimmt hatte:

“Wenn ich alleine abgestimmt hätte, hätte ich mit Nein gestimmt. Wenn ich nur für Deutschland, rausgelöst aus dem großen Ganzen gestimmt hätte, hätte ich mit Nein gestimmt. Wenn ich für meinen Stimmkreis gestimmt hätte, hätte ich mit Nein gestimmt. Wenn ich für die Stammtische gestimmt hätte, hätte ich mit Nein gestimmt. Aber ich habe mit JA gestimmt, weil ansonsten kleine Robbenbabies gestorben wären.”

(Den letzten Satz hat Sie so nicht gesagt, aber so ähnlich.)

Eine Person hab ich ja ganz vergessen, Cornelia Griesbeck, Bezirksvorsitzende der Frauen Union Mittelfranken, welche den KA! dafür beschimpft hatte, dass letztes Jahr seitens unserer ein Initiativantrag (zum neuen CSU-Grundsatzprogramm. PH) auf dem Parteitag eingebracht wurde..“ (Der Name des Autors dieses Berichtes ist mir bekannt. PH)

An anderer Stelle heißt es weiter: „Ich fand, dass wir gestern ein sehr gutes Team waren (…) David hat sich auch nicht vom Kreisvorsitzenden zeitlich abwürgen lassen (…) Mir hat der gestrige Abend Folgendes gezeigt: 1. Wir haben noch einiges zu tun beim Thema Bekanntheit. Gestern haben einige Ortsvorsitzende noch nicht mal von uns gehört. 2. Landtags- und Bundestagsabgeordnete stehen uns sehr kritisch und oberlehrerhaft gegenüber. 3. Ich musste gestern wieder kopfschüttelnd registrieren, wie argumentativ schwach einige Mandatsträger sind. 4. Das muss kein Nachteil für die Zukunft sein. 5. Leidenschaft und Aggression scheinen verwechselt zu werden. Dies ist immer dann der Fall, wenn jemand nicht mehr mitargumentieren kann. 6. Zumindest kennen wir jetzt im Kreisverband die Linie, und wir wissen, wer wo und wie steht beim Thema KA. Das freut mich. Ansonsten toller Abend! Wir haben uns gut präsentiert und danke nochmal an David. Der Ball liegt nun in unserem Spielfeld. Wir werden Ihnen zurückgeben bei Gelegenheit.

Die Sofortreaktion eines anderen KA-Freundes war eindeutig: „Genau aus o.g. Gründen machen wir weiter. Vielleicht sollten wir noch mehr provozieren und wirklich Klartext sprechen! Unsere Abgeordneten sind doch nur noch lächerlich!“

Um Zweiflern vorzubeugen: Das Gründungsmanifest und die „Positionspapiere des KA sind an jeder Stelle mit dem CSU-Progrmm kompatibel. Der KA bemängelt aber, daß eben diese CSU sich nicht an ihre eigenen Programme hält:

Auszug aus dem „Gründungsmanifest“ des „Konservativen Aufbruchs“

Die Führungsgremien der CDU und der CSU haben die Wahlergebnisse der vergangenen Jahre weitestgehend falsch interpretiert und setzen den Kurs der Ausgrenzung konservativer und wirtschaftsliberaler Positionen in vielen wichtigen Themenfeldern leider unbeirrt fort (…)

Auch die Parteiführung der CSU kann in zentralen Fragen, wie der Euro-Politik, der sogenannten Energiewende oder in der Frage des Bürokratieabbaus kaum Erfolge vorweisen. Dadurch konnte sich neben der Union eine neue bürgerliche Partei etablieren, die sich vor allem aus langjährigen Unionsmitgliedern und Stammwählern der Union speist. Vor genau dieser Entwicklung haben wir seit Jahren – leider vergeblich – gewarnt.

Wir treten für eine Erneuerung der CSU auf christlich-konservativer und marktwirtschaftlicher Basis ein. Unsere Leitbilder sind die Grundsatzpositionen der CSU und das christliche Menschenbild. Unser Bestreben

gilt auch der Bewahrung von Gottes Schöpfung:

– Wir wollen, dass sich die CSU auf ihre Grundwerte besinnt und die auf dem Christentum fußenden Werte, vor allem in Fragen des Lebensrechts, der Familie und der Würde des Menschen im politischen Alltag umsetzt.     (…)

Die Institutionen “Ehe und Familie” sind die wichtigsten Grundlagen unseres Gesellschaftsmodells. Auch das Leitbild “Vater, Mutter, Kind” ist kein Auslaufmodell, sondern der elementare Grundpfeiler unserer Gesellschaft! Jetzt und in Zukunft! Unsere Initiative wird alles daran setzten, dass die CSU “Ehe und Familie” weiterhin schützt und fördert! So wie es der Art. 6 GG vorsieht…(Quelle: http://konservativer-aufbruch.de/files/Manifest_KA_in_der_CSU.pdf)

Was befürchtet die CSU eigentlich von diesem Programm des KA? Wäre die operative Einbindung des KA nicht viel nutzbringender für die gesamte Partei – und Bayern – als der Versuch, die KA-Anhänger auszubremsen? Dialog sieht ganz anders aus.

*) Peter Helmes, langjähriger Bundesgeschäftsführer der Jungen Union, ist seit 56 J. Mitglied der Union und gehörte 1980 zum Wahlkampfstab von Franz Josef Strauß. Seit 20 Jahren ist er selbständiger Publizist und Buchautor.

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