Klare Kante gegen den chines. Hegemon: Großbritanniens Ausschluß Huawei´s von 5G

(www.conservo.wordpress.com)

Von Peter Helmes

Der Ausschluß Huawei´s ist eigentlich keine große Überraschung, aber erstaunlich war doch, daß Premier Johnson sich die Entscheidung nicht als persönlichen Erfolg auf seine Fahnen geschrieben hat. Stattdessen versteckte er sich hinter US-Präsident Trump. Er deutete an, daß Washington und nicht Westminster über die Sicherheit der kritischen Infrastruktur in Großbritannien entscheide.

Vielen in seiner eigenen Partei war immer schon klar, daß Johnson ohnehin keine andere Wahl hatte – auch als er Huawei noch mit 35 Prozent am Ausbau des 5G-Netzes*) beteiligen wollte. Die Frage war nur, ob der Premier die Entscheidung freiwillig oder gezwungenermaßen treffen würde. Seltsamerweise entschied sich Johnson für Letzteres, nachdem er von den USA und auch von Australien dazu gedrängt wurde.—–

*) Redaktioneller Hinweis:

5G ist das Mobilfunknetz der fünften Generation. Die Telekommunikations-Unternehmen spielen seine höheren Geschwindigkeiten und seine größere Konnektivität aus. Tatsächlich soll es mindestens zehnmal schneller sein als das derzeit genutzte 4G-LTE-Netz, vermutlich sogar noch viel schneller. Ein noch nicht geklärtes Problem ist die bei 5G erhöhte Strahlenbelastung.

Zur Konnektivität erläutert Wikipedia: Konnektivität im Medienbereich verweist weitgehend auf soziale Verbindungen durch Kommunikationssysteme. Seit dem Aufkommen des World Wide Web und der Verbreitung der Mobilkommunikation ist die Konnektivität zum Mittelpunkt einer zusammenführenden globalen Vorstellungskraft geworden. Laut den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen van Dijck und Poell ist es ein Schlüsselelement der Social-Media-Kultur, eine materielle und bildliche Bedeutung einzunehmen. Konnektivität hat in Bezug auf den Medienbereich jedoch zusätzliche soziale und kulturelle Auswirkungen. Die wachsende Rolle der sozialen Medien im Alltag bildet die Grundlage für die Vernetzung im 21. Jahrhundert. Die Daten werden von den Nutzern und Nutzerinnen erstellt und den Diensten als selbstverständlich zur Verfügung gestellt.

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Johnson dürfte schlicht klargeworden sein, daß sich die Amerikaner nicht mit Kompromissen abspeisen lassen. Und zwar unabhängig davon, ob der Präsident Trump oder Biden heißt. Das dürfte auch in Berlin, Paris und sogar Bern registriert worden sein. Vor die Wahl gestellt, ob sie mit Peking oder Washington brechen wollen, dürften sie sich kaum anders entscheiden als die Briten.

„China wird zurückschlagen“

Schon haut Peking kräftig auf die Trommel und zeigt die Zähne: „China wird den Ausschluß nicht tatenlos hinnehmen“, kündigt die Xi Jinping-treue „Huanqiu Shibao“ aus Peking an (14.7.): „Die britische Entscheidung ist ein schwerer Schlag für Huawei, zumal Johnson Anfang des Jahres dem Netzwerkausrüster zumindest noch ein beschränktes Engagement zugesagt hatte. Der massive Druck aus Washington und die Erlassung des Sicherheitsgesetzes für Hongkong dürften London zu dieser 180-Grad-Wende bewogen haben. China wird zurückschlagen. Der Vergeltungsschlag muß Großbritannien so treffen, daß die Folgen für jeden, der sich nun ähnlich entscheiden will, sichtbar werden…“

Noch ist unklar, wie Peking sich rächen wird.

Aber die bilateralen Beziehungen haben sich bereits wegen Hongkong verschlechtert. Britische Firmen könnten nun zunehmend von China ausgeschlossen werden. In einer Zeit, in der sich Großbritannien wegen des Brexits aus dem weltgrößten Handelsblock zurückzieht, dürfte jede Einschränkung im Handel mit Peking die Position des Königreichs weiter schwächen. Der beste Schutz für Großbritannien wären starke, von multilateralen Institutionen gestützte Allianzen. Deshalb sollte der Westen näher zusammenrücken und somit neues Selbstbewußtsein zeigen.

Bedrohung für die globale Cybersicherheit

Großbritanniens Entscheidung hat aber auch Signalwirkung für andere Staaten. Für Trump ist die britische Entscheidung ein Erfolg auf seinem Feldzug gegen Huawei. Die USA sehen die Expansion des chinesischen Konzerns als Bedrohung für die globale Cybersicherheit.

Bei Huawei hält man die Entscheidung dagegen für wirtschaftlich motiviert und warnt die Briten davor, vom digitalen Fortschritt abgehängt zu werden. Auch wichtige Mobilfunkanbieter wie Vodafone zeigen sich unzufrieden, weil es zehn Jahre dauere, die chinesische Technologie zu ersetzen. Auf jeden Fall werden sich die Beziehungen zwischen London und Peking verschlechtern. Zudem steigt der Druck auf die übrigen Europäer, ebenfalls gegen Huawei vorzugehen

Mit dem Ausschluß von Huawei wird es beim Ausbau der 5G-Technologie unvermeidlich Verzögerungen geben. Die Kosten werden für alle Telekomunternehmen stark steigen. Das werden am Ende die Verbraucher zahlen. Aber die Angst vor amerikanischen Sanktionen sitzt tief. Die USA bestrafen weltweit Länder und Firmen, die von ihnen verhängte Strafen nicht befolgen. Aber auch China wird seinerseits mit Sanktionen reagieren. Damit gerät der Welthandel noch weiter unter Druck.

Verbot der Video-App „TikTok“

Der Welt könnte damit ein neuer Kalter Krieg drohen. Schon die Corona-Pandemie hatte die Rivalitäten zwischen China und den USA weiter eskalieren lassen. Trump und Chinas Staatschef Xi nutzen ihr Duell auf jeweils eigene Weise für innenpolitische Geländegewinne, wobei sie Kosten und Risiken ignorieren. Und nun geht der Streit in die nächste Runde, indem London auf Druck der USA Huawei ausschließt und immer mehr Länder die chinesische Video-App TikTok verbieten.

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Red. Hinweis:

Die weltweit genutzte TikTok-Video-App wird überwiegend von Teenagern genutzt. Über 500 Millionen Nutzer zählt die App (noch) – und liegt damit noch vor Twitter. Die Kurzvideo-App ist in den App-Stores von Apple und Google bereits an Youtube, Instagram und Facebook vorbeigezogen. Im Februar durchbrach TikTok die Schallmauer von einer Milliarde Downloads.

Schon im letzten Herbst kam die Meldung, daß auf der beliebten App praktisch kein Material zu den Protesten in Hongkong zu finden war. Tatsächlich hatte dort Zensur stattgefunden.

Zuletzt wurde das Unternehmen außerdem in den USA wegen illegaler Sammlung der Daten von Kindern zu einer Millionenstrafe verurteilt. Nun wird dort ein Verbot geprüft; in anderen Ländern wie Indien wurde dies schon erlassen. Das Unternehmen behauptet zwar, nichts mit der Regierung zu tun zu haben und auch keine Daten an Peking weiterzugeben. TikTok ist aber auf jeden Fall ein Sicherheitsrisiko.

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Kampf um die (weltweite) Informationshoheit

Wer sich die Nutzer-Zahlen der „sozialen Medien“ – „sozial“, ein deutsches Attribut, das die wahre Bedeutung verhöhnt – kritisch anschaut, wird den Kampf um die Technologie-Führung in diesem Bereich besser verstehen. Hier ballt sich eine Medienmacht zusammen, die jede bisherige Dimension sprengt. Die Weiterentwicklung ist also nicht nur ein Kampf um „Auflagen“, Reichweiten und Erreichbarkeiten. Es ist auch ein Kampf um die Nachrichten- und Meinungsführerschaft, also letztlich um die Informationshoheit.

Fazit:

Ein Unternehmen aus einem Land, dem man kein Vertrauen schenkt, kann nicht mit dem Aufbau eines wichtigen Informationsnetzwerkes beauftragt werden. Huawei auszuschließen war für Großbritannien eine schwierige Entscheidung für die Sicherheit und gegen die Wirtschaft. Was den Graben zwischen London und Peking entscheidend vertieft hat, ist die Lage in Hongkong. Die Regierung in Peking muß sich der Realität stellen, daß ihre wirtschaftliche Strategie gegenüber Großbritannien wegen ihrer rechthaberischen Außenpolitik einen Rückschlag erlitten hat.

Jetzt ist ein umfassendes Umdenken erforderlich. Wir müssen uns klar werden, wie wir an einen Punkt kommen konnten, an dem Huawei als fast unverzichtbar für 5G angesehen wurde, während gleichzeitig China einer ausländischen Firma niemals erlauben würde, eine solch wichtige Rolle in seiner wesentlichen Infrastruktur zu spielen.

Es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, was unsere eigenen technologischen und produktionstechnischen Prioritäten sind und sein sollten, wo unsere Unternehmen ihre Anstrengungen bündeln und wie sie dazu ermutigt und dabei unterstützt werden können

www.conservo.wordpress.com     15.07.2020
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