Waffe tragen – die verzerrte öffentliche Darstellung

Für viele Europäer ist die zur Zeit in den Vereinigten Staaten geführte Debatte um den freien Waffenbesitz hochgradig unverständlich. In Kontinentaleuropa hat man sich damit abgefunden, daß es ein sogenanntes “staatliches Gewaltmonopol” gibt. Dieses Monopol wird auch nicht weiter hinterfragt, obwohl es doch letztlich nur eine Schimäre ist. Gewalttaten gibt es natürlich auch hierzulande, Schulmassaker eingeschlossen. Gewalttaten lassen sich auch grundsätzlich nie vollständig verhindern, egal ob mit oder ohne staatliches Gewaltmonopol, egal ob mit oder ohne Recht auf freien Waffenbesitz.

Die Frage ist, wie man gegen Gewalt und Unrecht vorzugehen hat. Sollen allein staatliche Autoritäten berechtigt sein, gegen Gewalt und Unrecht vorzugehen, oder gibt es ein individuelles Recht auf Selbstverteidigung? Um diese Frage zu beantworten, muß auch die Effektivität des staatlichen Gewaltmonopols in Rechnung gestellt werden. Wenn zum Beispiel die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen in Deutschland gegen Null tendiert, dann ist dies gewiß keine überzeugende Begründung dafür, die Sicherheit der Bürger alleine der staatlichen Gewalt zu überlassen.

Verzerrte Debatte

In den deutschen mainstream-Medien wird die Debatte um den freien Waffenbesitz in den USA zumeist völlig verzerrt dargestellt. Zunächst einmal sind die “Waffennarren” in der Darstellung der GEZ-Medien und der Hamburger Medienschickeria tumbe Gesellen vom Land, unzivilisiert und rückständig, igitt. Verführt werden diese Hinterwäldler durch die dämonisierte “Waffenlobby”. Für diese steht die NRA (National Rifle Association). Diese ach so finstere Truppe macht quasi unsittliche Geschäfte und nimmt den Tod unbeteiligter Kinder gar billigend in Kauf.

Das ist jedoch keineswegs die Realität. Das Recht auf freien Waffenbesitz wird von der breiten Mehrheit der Amerikaner respektiert, es gehört zum gelebten Alltag der amerikanischen Verfassungswirklichkeit. Wie kam es dazu? Ein Blick in die Geschichte hilft, den amerikanischen Standpunkt besser zu verstehen. Als die zumeist aus England stammenden Siedler in Amerika ankamen und dort die britischen Kolonien gründeten, hatte sich das Parlament daheim in London gegen die Krone durchgesetzt. Als Ergebnis der “Glorious Revolution” trat die “Bill of Rights” in Kraft. Dem König war es fortan verboten, außerhalb von Kriegszeiten ein stehendes Heer im Inland zu unterhalten. Damit sich die Bürger vor staatlicher Willkür schützen konnten, wurde ihnen das Recht zugestanden, selbst Waffen zu besitzen. Zu Ende des 17. Jahrhunderts wurde also in England das genaue Gegenteil des staatlichen Gewaltmonopols begründet.

Recht auf Selbstverteidigung

Dieses Recht exportierten die Siedler also sozusagen in die “Neue Welt”. Auch ihnen war jegliche zentrale Regierung nicht geheuer, und das im 2. Verfassungszusatz schließlich verbindlich verbriefte Recht auf Waffenbesitz ist der bis heute sichtbare Beweis dafür, daß sich die Idee des staatlichen Gewaltmonopols in den USA nicht durchgesetzt hat. Die Bürger dort, jedenfalls in ihrer Mehrheit, wollen das Recht auf Selbstverteidigung nicht an staatliche Behörden delegieren, sondern selbst verantwortlich bleiben. Vor allem jedoch wollen sie das Recht behalten, sich selbst nicht nur vor Einbrechern und Dieben zu schützen sondern vor allem vor staatlicher Tyrannei, wenn es denn nötig sein sollte.

Gewiß, die Zeiten haben sich geändert. Vor über 200 Jahren gab es keine halbautomatischen Schnellfeuergewehre, mit denen Blutbäder veranstaltet werden können so wie zuletzt in Newton, CT. Aber solche Blutbäder sind auch in Deutschland, in Finnland oder sonstwo nicht zu verhindern.

Letztlich ist die Debatte um die Waffengesetze eine vorgeschobene. In Wirklichkeit geht es darum, wie weit die Befugnisse des Staates gehen und wo die Rechte des Einzelnen beginnen. Der Regierung das “Monopol” zu überlassen, heißt ihr unendlich zu vertrauen. Ebenso wie der Einzelne mit dem Recht auf freien Waffenbesitz rechtswidrig umgehen kann, ist auch der Staat vor Mißbrauch nicht gefeit. Wie oft ist es in der Geschichte vorgekommen, daß Regierungen/Staaten die Waffen gegen das eigene Volk oder Teile des eigenen Volkes richteten. Die Kulturrevolution in China kostete mehreren zig Millionen eigenen Bürgern das Leben, Stalins Säuberungen verursachten Millionen von Opfern, Pol Pots Regime wütete unter der kambodschanischen Bevölkerung. Die Beispiele ließen sich endlos fortsetzen. Und schließlich sei vorsichtig nachgefragt, ob es nicht auch in der deutschen Geschichte genügend Anhaltspunkte dafür gibt, daß staatliche Gewalt nicht per se über jeden Zweifel erhaben ist.

Claus Dehl, Washington-Korrespondent

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