Die beste Lösung: Bundestagswahlen um vier Jahre verschieben

(www.conservo.wordpress.com)

Von Dieter Farwick, BrigGen a.D. und Publizist *)

Ein Albtraum-Szenario:

Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble hatte dem „Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages“ eine Studie in Auftrag gegeben. Er wollte wissen, ob mit Blick auf die Corona-Pandemie die Bundestagswahlen um bis zu vier Jahren verschoben werden können. Das Ergebnis:

Es ist rechtlich möglich!

Diese Verschiebung würde wohl von allen im Bundestag verbliebenen Parteien begrüßt. Der gordische Knoten, der allen Parteien schwer auf der Brust liegt, würde elegant zerschlagen.Die Zustimmung der CDU/CSU

Es gäbe ein großes Aufatmen.

# Die Wahl eines Kanzlerkandidaten bliebe beiden Parteien erspart. Frau Merkel bliebe weitere Jahre im Amt. Ihre Strategie „Weiter so!“ würde ohne Widerstände beider Parteien fortgesetzt.

Die Wahl einer oder eines neuen Parteivorsitzenden könnte ebenfalls verschoben werden – zum Nachteil der Bundeswehr, die über weitere Jahre umweltfreundlich abgewickelt werden könnte – auch ohne Widerstände aller Parteien.

# Die SPD würde sich mit ihren jetzigen Spitzengenossen in die Fortsetzung der unvermeidlichen GroKo retten können. Sie hätten sogar die Chance, um ein oder zwei Prozent zuzulegen.

# „FDP“ und „Die Linke“ hätten weitere Jahre Freude an den Fleischtöpfen.

# „Die Grünen“ haben sich noch nicht entschieden. Sie wollen ihre Basis entscheiden lassen.

# Die „AfD“ wird von den anderen Parteien nicht gefragt. Man spricht nicht mit „Schmuddelkindern“. Die Partei würde die Verschiebung sehr begrüßen, da sie um ihre starke personelle Position in der Opposition fürchten müsste.

# Die Regierungsparteien in den Bundesländern könnten ihre Wahlen unbehelligt von der Regierung im Bund durchziehen.

Schluss mit lustig!

Aus dem Albtraum aufgewacht, sieht Deutschland allerdings anders aus:

Das „Urvertrauen“ der Bevölkerung in die Regierungen hat drastisch abgenommen – im Bund und in den Ländern.

Sie spürt die enormen Folgen der Krankheit, die für Querdenker und Impfgegner usw. keine besondere Krankheit ist, sondern eher eine leichte Grippe.

Entsprechend ist deren Widerstand in die Mitte der Bevölkerung vorangekommen.

Der Wechsel der Prognosen nervt die Menschen – wie auch der Wechsel von den Lock-Downs in Bund, Ländern und Kommunen.

Sollte die Pandemie in 2021 auf gleicher Höhe oder leicht gemildert weiterbestehen, wird es keinen gewohnten Wahlkampf geben.

Das Potential der Nichtwähler wird vermutlich den ersten Platz einnehmen

Was heißt das für CDU/CSU?

Der mehrfach verschobene Parteitag der CDU wird erst Mitte Januar 2021 stattfinden – zu spät für Merz, zu früh für Amtsinhaber wie Laschet, weil sie den Wahlkampf fürchten. In ihren Augen muss sich der letztlich gewählte Parteivorsitzende und Kanzlerkandidat auf Trommelfeuer aus allen Richtungen einstellen. Da könnte man Laschet die Zusage machen, ihn 2022 zum Bundespräsidenten zu machen.

Staatstragend reden kann er. Er kann die gespaltene deutsche Bevölkerung versöhnen – einschließlich der Muslims.

Dann könnte der Shootingstar der CDU – Jens Spahn – noch Nachfolger von Laschet in NRW werden.

Was könnte Friedrich Merz erreichen?

Bei einer Mitgliederbefragung in der CDU könnte er klarer Sieger werden. Deswegen kämpfen seine Bewerber dagegen an. Sie wollen eher eine Delegiertenversammlung, in denen die „treuen“ Funktionäre eine klare Mehrheit und die Unterstützung des Konrad-Adenauer- Hauses haben.

Diesen Block hat Merz bisher unterschätzt – auch als er AKK im Kampf um den Parteivorsitz knapp unterlag.

Merz hat nur dann eine Chance, wenn er einen guten Wahlkampf in 2021 machen könnte, wenn es ihm gelänge, eine kompetente, loyale Gruppe um sich zu bilden, die seinen Sieg über eigene Interessen setzen würde. Wo sind die? Und wo sind die Medien, die diese Gruppe einigermaßen neutral behandeln würden?

Er muss den Mut aufbringen, einen klaren, zukunftsorientierten Kurs einzuschlagen, der vom CDU-Establishment hart bekämpft werden würde.

Diese Apparatschiks ahnen, dass sie ihre Arbeitsplätze verlieren und durch Merz-Kämpfer ersetzt würden.

Hat Merz das Stehvermögen?

Er hat einen Trumpf im Ärmel. Die USA mit den Freunden und Bekannten, die er persönlich gut kennt. Er hat Erfahrungen mit den Fachleuten in der US-Wirtschaft und US-Finanzen sammeln können.

Was können Jens Spahn und Norbert Röttgen erreichen?

Nach dem heutigen Stand – November 2020 – können sie bleiben, wo sie sind. Sie liegen abgeschlagen hinter den bisher Genannten. Das kann sich mit oder ohne Corona wieder ändern.

Was ist mit Angela Merkel?

Die Kanzlerin und jahrelange Parteivorsitzende kann dem „Hahnenkampf“ in Ruhe zuschauen.

Sie wird vor keinem der möglichen CDU-Kanzlerkandidaten Respekt haben und ihn auch nicht unterstützen.

Am wenigsten Friedrich Merz, den sie vor Jahren mit dem Bajuwaren Stoiber um den Vorsitz in der gemeinsamen Fraktion gebracht hat. Aber die Gefahr ist nicht sehr groß.

Angela Merkel lässt sich gerne rufen – von den Vertrauten in der CDU, aber auch von ihren Verbündeten in der EU. Aus purem Verantwortungsgefühl.

Es gibt noch interessante Variante: Söder.

Es ist interessant zu beobachten, wie sich Merkel und Söder seit einiger Zeit in der Öffentlichkeit bewegen – sehr zahm und beinahe freundschaftlich zueinander.

Mittlerweile hat Söder einige Kratzer in seinem deutschen – auch bayerischen – Image bekommen.

Neben NRW hat Bayern – Stand November 2020 – die höchsten Infektionszahlen.

In der CDU kämpfen einige Gegner von Söder in ihrer schwachen Phase gegen die befürchtete „Verzwergung“ der CDU. Außerdem hat noch kein Bayer die Bundestagswahlen gewinnen können.

Das könnte zu einer eleganten Lösung führen:

Merkel verlängert um zwei Jahre, um dann den Stab an Söder zu übergeben – ohne Wahlen.

Das bedeutet, dass Merkels „Weiter so!“ um zwei Jahre verlängert wird und keine unpopulären Entscheidungen zu erwarten sind.

Was heißt das für Deutschland?

Es gibt in Deutschland keinen Kandidaten, dem zuzutrauen wäre, Deutschland in einer Periode der globalen Unordnung und Instabilität zu führen – auch nicht aus der Opposition.

Es wird ein schwerer Kampf im Innern – gegen wachsenden Widerstand großer Teile der Bevölkerung, gegen die starken NGOs, die offen und geheim großzügig von staatlichen Stellen unterstützt werden, sowie von „Querdenkern“, die die Axt an die labile demokratische Grundordnung in Deutschland legen.

Die Politik muss der Polizei den Rücken stärken.

Es sind unsere Töchter und Söhne – wie auch unsere Soldaten.

Leider hat es jede deutsche Regierung mit negativen Entwicklung in aller Welt zu tun.

Weder VN- noch EU-Organisationen haben einen starken Einfluss auf die Entwicklungen. Es muss sich zeigen, ob die USA die Kräfte und Mittel – sowie das Ziel und die Ressourcen – haben werden, mit ihren starken Verbündeten in Asien und – neuerdings – im Nahen/Mittleren Osten die aggressive Politik Chinas zu bändigen.

Die EU ist zu zerstritten und zu schwach, ein Global Player zu werden.

Schlechte Perspektiven!

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*) Brig.General a.D. Dieter Farwick wurde am 17. Juni 1940 in Schopfheim, Baden-Württemberg, geboren. Nach dem Abitur wurde er im Jahre 1961 als Wehrpflichtiger in die Bundeswehr eingezogen. Nach einer Verpflichtung auf Zeit wurde er Berufssoldat des deutschen Heeres in der Panzergrenadiertruppe.
Vom Gruppenführer durchlief er alle Führungspositionen bis zum Führer einer Panzerdivision. In dieser Zeit nahm er an der Generalstabsausbildung an der Führungsakademie in Hamburg teil. National hatte er Verwendungen in Stäben und als Chef des damaligen Amtes für Militärisches Nachrichtenwesen.
Im Planungsstab des Verteidigungsministers Dr. Manfred Wörner war er vier Jahre an der Schnittstelle Politik-Militär tätig und unter anderem an der Erarbeitung von zwei Weißbüchern beteiligt. Internationale Erfahrungen sammelte Dieter Farwick als Teilnehmer an dem einjährigen Lehrgang am Royal Defense College in London.
In den 90er Jahren war er über vier Jahre als Operationschef im damaligen NATO-Hauptquartier Europa-Mitte eingesetzt. Er war maßgeblich an der Weiterentwicklung des NATO-Programmes ´Partnership for Peace` beteiligt.
Seinen Ruhestand erreichte Dieter Farwick im Dienstgrad eines Brigadegenerals. Während seiner aktiven Dienstzeit und später hat er mehrere Bücher und zahlreiche Publikationen über Fragen der Sicherheitspolitik und der Streitkräfte veröffentlicht.
Nach seiner Pensionierung war er zehn Jahre lang Chefredakteur des Newsservice worldsecurity.com, der sicherheitsrelevante Themen global abdeckt.
Dieter Farwick ist Beisitzer im Präsidium des Studienzentrum Weikersheim und führt dort eine jährliche Sicherheitspolitische Tagung durch.
Seit seiner Pensionierung arbeitet er als Publizist, u. a. bei conservo.
www.conservo.wordpress.com    9.11.2020
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