Zum Rücktritt des Papstes Benedikt des XVI – Versuch einer Würdigung

1 PapastMit seiner Rücktrittsankündigung vom 11. Februar überraschte Papst Benedikt Freund und Gegner. Der Mensch Joseph Ratzinger landete damit einen Befreiungsschlag, der kirchengeschichtlich  einmalig ist. Er, der die personifizierte Pflichterfüllung war und ist, zeigte (wieder einmal) seine wahre Größe.

Des Papstes Schritt zur Abdankung ist nicht etwa eine Kapitulation vor gewissen kirchlichen Kräften und den von ihnen inszenierten Intrigen, sondern starker Ausdruck der Erkenntnis über die Endlichkeit des Menschen, der seine Hinfälligkeit rechtzeitig erkennt und öffentlich bekennt. Er hatte sich, wie jedermann weiß, nicht um dieses Amt beworben, aber dann mit äußerster Disziplin ausgefüllt, seiner Liebe zu seinen Büchern zum Trotz. Sein Rücktritt ist nur konsequent.

Nach seinen eigenen Worten sei für sein Amt „sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, daß ich mein Unvermögen erkennen muß, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen…“ Den nun angekündigten Rücktritt darf man durchaus als Ausdruck außergewöhnlichen Mutes, innerer Stärke und Größe betrachten – ein Beweis für die Erneuerungskraft, die aus der Rückkehr zu den katholischen Prinzipien erwächst. Zugleich gibt er den Führern in Politik und Gesellschaft ein gutes Beispiel, rechtzeitig auf Macht verzichten zu sollen. Seinen Rücktritt vollzieht der Papst in tiefstem Glauben und in großer Verantwortung für seine Kirche, die für ihn eine Kirche der Liebe, der Gnade und der Barmherzigkeit ist. Er lehrt(e) einen Gott, der zuallererst das Heil des Menschen will. Diese seine Überzeugung machte ihn vor allem zum „Gewissen der Kirche“.

Das Wirken dieses Papstes im richtigen Maße zu würdigen, wird wohl späteren Generationen überlassen bleiben; denn noch sind Häme und klammheimliche Freude über den baldigen Rücktritt in so manchen Stellungnahmen – auch aus der Kirche selbst – nicht zu überhören. Benedikt XVI. ist – wie schon als Kardinal Ratzinger – vor allem als strenger Bewahrer der Kirchenregeln aufgetreten, in der Erkenntnis, daß nur das eiserne Festhalten an den Grundprinzipien die Hl. Mutter Kirche über zwei Jahrtausende vor dem Zerfall geschützt hat – Irrungen und Wirrungen eingeschlossen. Sein Glaube, seine Weisheit, seine Demut und seine Bescheidenheit haben die ganze Welt – auch die der Atheisten – beeindruckt und Respekt hervorgerufen.

Eine besondere Würdigung verdient das publizistische Werk Ratzingers als Autor, Philosoph und Theologe. Mit seinen grundlegenden Werken dürfte er zu den profiliertesten Päpsten überhaupt gehören. Selbst seine Gegner mußten dies anerkennen, wie z. B. der unverbesserliche Starrkopf Hans Küng, der nicht umhin konnte, Benedikts Enzyklika „Gott ist die Liebe“ zu loben. Zu den gewichtigsten Werken Benedikts gehört auch gewiß seine dreibändige Buchreihe zu Jesus. Wenn manche in der Kirche vom Papst fordern, sich für „die Probleme der Zeit zu öffnen“, meinen sie in Wirklichkeit Anpassung an den Zeitgeist – für Papst Benedikt eine Zumutung, die er als „Herrschaft des Relativismus“ anprangerte.

Fanal für die Konservativen in Kirche und Gesellschaft

In seiner letzten Messe im Petersdom am 13. Februar d. J. fand er nochmals deutliche Worte: „Das Gesicht der Kirche wird manchmal von Sünden gegen die Einheit der Kirche und Spaltung zwischen den Geistlichen geschädigt.“ Dabei werde „das Zeugnis“ der Kirche „umso bedeutsamer sein, umso weniger wir unseren Ruhm suchen.“

Tiefe Betroffenheit, aber auch Dank und höchste Anerkennung erfährt der Papst in diesen Tagen in aller Welt. Nur sein Heimatland Deutschland tritt wieder einmal mit vielen Kritikern auf, die diesem Papst und unserer Kirche ein anderes Verständnis aufdrücken wollen. Dazu gehören die unsäglichen Aktivisten von sogenannten „Reformgruppen“, die im Lichte des Hl. Geistes betrachtet eher Reaktionäre sind, wie z. B. „Wir sind Kirche“ oder „Kirche von unten“. So tief kann unsere Kirche gar nicht sinken, daß sie „von unten“ nach oben zurückklettern müßte. Auffallend sind die wohltuenden und anerkennenden Worte aus jüdischen Kreisen (z. B. Charlotte Knobloch) und vor allem aus den Reihen der Evangelikalen, die bisher nicht gerade als bedeutende Papst-Verehrer aufgetreten waren. Evangelikale Dachverbände haben sich nicht nur wohlwollend, sondern „bewundernd“ über den Pontifex geäußert. Diese theologisch konservativen Christen stellen damit die unbelehrbaren linkskatholischen „Reformer“ ins Abseits, wo sich dann die Hasenhüttls, Küngs, TAZ & Genossen  gegenseitig ihr Leid mit der Kirche klagen und von Benedikt als „Panzer-Papst“ oder als „Sohn eines Polizisten“ und von „Schwäche seiner Leadership-Qualitäten“ reden können. Welch ein Niveau! Sie sind Wadenbeißer, die nicht höher kommen, weil es ihnen an Größe fehlt.

Unsägliches von der Grünen Roth (oder der rothen Grünen?)

So verwundert es nicht – aber verärgert umso mehr – daß es ausgerechnet der Gift-Grünen Claudia Roth vorbehalten blieb, eine negative Bilanz des Pontifikates Benedikts zu ziehen. Ihre Begründung ist entlarvend: „…Schon als Kardinal und Chef der Glaubenskongregation war Josef Ratzinger ein Vertreter der konservativen Kirchenhierarchie und kämpfte gegen fast alle fortschrittlichen Tendenzen in seiner Kirche: gegen eine plurale Theologie – was ist das? (Der Verf.) – gegen die Befreiungstheologie, gegen Reformen bei der katholischen Sexuallehre und für den Zölibat.“ (…) „In diesem Sinne hat er auch sein Amt als Papst Benedikt geführt – mit Interventionen gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, mit einer Annäherung an die reaktionäre Pius-Bruderschaft und der dogmatischen Ablehnung des ökumenischen Abendmahls…“ (Handelsblatt online,11.2.13). Roths Dummheit beweist sich allein schon aus der falschen Ausgangsüberlegung. Der Papst ist „Chef“ der Glaubenskongregation; Kardinal Ratzinger war „nur“ ihr „Präfekt“.

Roth keilt nach: „Denn die Ausgrenzung der Basiskirche durch konservative Vertreter der Amtskirche hat die Kirche selbst tief gespalten.“ Faktisch gebe es heute zwei katholische Welten. So treibt die Vorsitzende der Grünen bewußt einen Keil zwischen die Katholiken – wobei sie diese gleich für die ganze Welt reklamiert: hie die „Gemeindekirche“, wie Roth sie nennt, die „unendlich viel“ für den sozialen Zusammenhalt leiste – und dort die konservativen Vertreter in den Hierarchien, „die mit Fehlentscheidungen und bornierten Positionen eine Austrittswelle nach der anderen lostreten. Roths letzter Wunsch: „Die katholische Kirche braucht jetzt einen Reformpapst (…). Einen Papst, der Mauern einreißt, die die Kirche zur Gesellschaft hin aufgerichtet hat.“ Wir werden uns der Ungeheuerlichkeiten dieser Dame noch erinnern müssen!

Daß ausgerechnet viele deutsche Landsleute diesen Papst mit ständigem Trommelfeuer und  entsprechender medialer Unterstützung belegen, ist für alle gläubigen Menschen beschämend und erinnert an den Johannes-Prolog über den Sohn Gottes: „Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf“ (Joh. 1.11) Der Philosoph Dietrich Hildebrand drückt es so aus: (…Das sehe ich) „als den größten säkularen  Irrtum unserer Zeit: die Vorstellung, daß die Religion dem Menschen angepaßt werden sollte und nicht der Mensch der Religion.“ Sic!

Wie verbissen die „wahre Kirche von unten“ gegen die Haltung des Papstes kämpft, erwies sich erst kürzlich wieder, als sich der anerkannte katholische Publizist Martin Lohmann in einer Fernsehdebatte (bei Günther Jauch) unverdrossen zum Führungsanspruch seiner Kirche als Institution bekannte – womit er geradezu wütende Reaktionen hervorrief.

Die Kirche ist kein Markt, keine Marketing-Veranstaltung, bei der die Gläubigen zu Kunden und die Kirche zu einem Sozialverein mutieren und somit den Glauben letztlich zur bloßen Ethik herunterziehen. Bei seinem Besuch in Freiburg (2011) mahnte denn auch Benedikt: Um frei zu sein für die Welt dürfe die Kirche nicht Welt sein. Sie dürfe nicht der „Organisation und Institutionalisierung größeres Gewicht als ihrer Berufung zur Offenheit“ geben.

Zurück zur Weltkirche

Es bleibt zu hoffen, daß die gerade in Deutschland verbreiteten „Basis-Katholiken“ auch in Zukunft keinen größeren Einfluß auf die Weltkirche nehmen können. Wer die katholische Kirche ausschließlich aus dem deutschen Blickwinkel sieht, verkennt die weltumspannende Aufgabe der Kirche. Rücksicht auf deutsche Befindlichkeit wird auch dem nächsten Papst nicht Richtschnur seines Handelns sein (können). Der Vatikan, und nicht das ZK der Deutschen Katholiken, ist das Zentrum der Weltkirche mit rund 1,2 Milliarden Gläubigen. Die Kirchen (wo erlaubt) in den Ländern Asiens, Afrikas und besonders Lateinamerikas sind voll, die deutschen jedoch immer leerer. Die Bindekraft der katholischen Kirche schwindet in Deutschland und in einigen „weltlichen“ Ländern Europas, während sie in der alten „Dritten Welt“ rasant wächst. Man darf fragen, woran das wohl liegen kann. Es darf an die unwürdige Diskussion zum „Auftritt“ des Papstes im Deutschen Bundestag erinnert werden, als Grüne und Linke sich dagegen sträubten. Würde z. B. der Dalai Lama in den Bundestag eingeladen, wäre die Begeisterung dieser Verirrten gewiß nicht zu überhören. Die so auf eine deutsche Nabelschau fokussiert sind, kriegen natürlich nicht mit, daß die katholische Kirche breit und tief internationalistisch ist – eben eine Weltkirche.

Wieviel Überheblichkeit zeigt „Wir sind Kirche“ in ihrer „Hoffnung auf einen Neuanfang“. Man werde sich „international abstimmen und Anforderungen an einen neuen Papst formulieren, der Antworten auf die Anforderungen der Zeit gibt“, sagte die Referentin von „Wir sind Kirche“, Annegret Laakmann. Die „Papabiles“, die möglichen Kandidaten für die Papstwahl, werden gewiß schon jetzt in vorauseilendem Gehorsam ihr Programm einer neuen „Kirche von unten“ schreiben und  den deutschen Basisbewegten zur Genehmigung vorlegen. Bei so viel Überheblichkeit darf gelacht werden!

Kircheneigene Hinterlistigkeiten

Schwer zu schaffen machten Benedikt auch die vielen Intrigen in der Kirche selbst, und vor allem im Vatikan. Diese z. T. hinterfotzigen Streitereien, Durchstechereien und Querelen machten den Papst mürbe und schadeten in erheblichem Maße seiner Gesundheit. Mit seinem Rücktritt ist gewiß auch sein Wunsch verbunden, einen neuen Anfang für die Kirche zu erzwingen. Er selbst sah sich wegen seiner schwindenden Kräfte dazu nicht mehr in der Lage. Der neu zu wählende Papst wird die Möglichkeit haben, eine neue Kurie zusammenzustellen. Nimmt er diese Chance nicht wahr, gehen die Intrigen weiter – zum Schaden der Kirche und der Gläubigen.

Wie hart die Bandagen sind, mit denen hinter den Kulissen des Vatikans gekämpft wird, zeigte sich zuletzt am Verrat seines Kammerdieners, einer seiner engsten Mitarbeiter, dem er vollkommen vertraute. Dieser Verrat, hinter dem man zu recht weite Kreise im Vatikan vermuten darf, hat den Papst zermürbt. „Vatileaks“, wie dieser Skandal von den Medien genannt wird, war eine verborgene Kampfansage bestimmten Kräfte in der Kurie, die den Papst mit Mafia-Methoden bekämpfen und ihn auch psychisch „zur Strecke bringen“ wollten. Das wohl brachte das Faß zum Überlaufen und Benedikt zu dem Entschluß zurückzutreten. Der Tübinger Fundamentaltheologe Prof. Max Seckler resümiert: „Man kann sich schwer vorstellen, welche Intrigen es da in Rom gibt, mit denen er sich rumschlagen muß. Das hat ihn sehr belastet, weil er ja ein Theologe ist und ein edler Mensch.“

Auch die immer neu auftauchenden Mißbrauchsfälle Tausender meist junger Menschen durch Priester und Ordensleute haben den Papst physisch und psychisch niedergeschlagen, zumal er den Kampf gegen die Mißbräuche konsequent gefordert und durchgeführt sowie die Opfer um Entschuldigung gebeten hat. So ist auch seine Bitte direkt nach der Wahl zum Papst zu verstehen: „Betet für mich, daß ich nicht vor den Wölfen fliehe.“ Vermutlich wußte er da schon, was auf ihn zukommen werde.

Das intellektuelle Vermächtnis des Theologen Benedikt

Dieser Papst löst(e) mehr Begeisterung in fremden Ländern aus als in seiner Heimat. Die einen halten ihn für einen Revolutionär, die anderen für einen theologischen Hardliner. Ein Endurteil wird wohl erst nach vielen Jahren gesprochen werden können. Betrachtet man die Welt nicht durch die deutsche Brille, dann sieht man, daß Benedikt zur Leitfigur konservativer Gläubigen und Intellektuellen (!) geworden ist. Er hat stets den Anspruch erhoben, daß das Christentum eine denkende Religion ist und in einem engen Bündnis mit der Vernunft steht. Für Benedikt waren Glaube und Vernunft die wichtigsten Themen. Eine höchst anspruchsvolle Philosophie und Theologie, mit der er dem weltweiten Katholizismus ein intellektuelles, scharfes Profil gegeben hat wie noch kein Papst vor ihm.

Welch wunderbares Menschenbild!

Sein Menschenbild ist ausgesprochen positiv, auch wenn er privat ein eher zurückgezogener Mensch sein mag. „Weltekel und Weltflucht sind keine
christlichen Optionen. Der Christ ist ein Liebhaber der Welt, in die er gestellt ist und die er aus Liebe verändern soll zum Guten. Der christliche Gott  kam bekanntlich in die Welt, weil er diese liebt. Katholisch sein bedeutet, weltoffen zu sein, bedeutet die Welt zu lieben, tolerant zu sein und offen für einander…“, erklärte Papst Benedikt im Sommer 2011. Wie positiv sein Menschenbild ist, läßt sich an seinem Verständnis von „Schönheit“ feststellen: „In Wirklichkeit ist die Schönheit das tiefe Bedürfnis des Menschen; sie ist die Wurzel, die den Stamm unseres Friedens und die Früchte unserer Hoffnung hervorbringt (7.11.10). Menschliche Schönheit ist für Papst Benedikt eine Eigenschaft der Seele, aber kein Oberflächen-Phänomen, hat also nichts mit Schminke oder Körperkult zu tun. „Die Schönheit der Wahrheit und der Liebe muß unser Herz im Innersten treffen und es menschlicher machen (…) Liebe macht schön…“

Benedikt setzte – welch kühner Gedanke! – Pluralismus und Relativismus gleich und errang damit die Spitze einer Modernitätskritik, an die sich viele andere bisher nicht heranwagten. Er beschrieb die  pluralistische Gesellschaft als eine „Diktatur des Relativismus“, der er eine tragfähige Orientierung entgegensetzen wollte: eine starke religiöse Institution, nämlich die katholische Kirche und den christlichen Glauben. Das wichtigste intellektuelle Vermächtnis dieses Papstes – und des Theologen Karl Ratzinger – ist die Feststellung, daß das Christentum sich vor dem „Forum der Vernunft“  verantworten müsse und daß ein vernunftloser, ja gottloser Glaube bald in Fanatismus und Intoleranz umschlagen könne. Hier greift Benedikt weit zurück in die aristotelische Vernunfttradition, was man eben als – horribile dictu – „religiösen Konservatismus“ bezeichnen darf. Den „Werterelativismus“ der Neuzeit bekämpfte er nicht „ex cathedra“, sondern im Dialog mit (auch weltlichen) Philosophen und stellte somit nach seinen eigenen Worten die Diskussion über die Wahrheit des Glaubens „vor den Gerichtshof der Vernunft“ (Ratzinger unter Berufung auf Immanuel Kant).

Kirche ist kein Event-Veranstalter

Dahinein gehört auch seine Mahnung, die „Institution Papst“ nicht zu einem sakralen Führungslogo aufzublasen. So wollte Papst Benedikt XVI. nicht enden. Dirk Schümer brachte es in der FAZ (12.2.) auf den Punkt: „…es ist beileibe kein Zufall, daß es dieser kühle, scheue Intellektuelle aus Bayern jetzt tat – und damit in im mühsamen Update des uralten Papsttums nun doch noch zur historischen Figur wird…“. Die Kirche ist für den Pontifex – ganz im Gegensatz zu den „Reformern von unten“ – kein Gesprächszirkel z. B. zur Klimarettung oder zu (geistigen) Unterhaltungsprogrammen. „Die Kirche ist nicht irgendeine Vereinigung, die sich um die religiösen Bedürfnisse der Menschen kümmert, aber eben ihr beschränktes Vereinsziel hat. Nein, sie bringt den Menschen in Berührung mit Gott und so mit dem Ursprung aller Dinge. Deshalb geht Gott uns als Schöpfer an, und deswegen tragen wir Verantwortung für die Schöpfung“ (Benedikt in der Osternacht 2011). Die Kirche, meint Benedikt, dürfe sich nicht um alles Mögliche kümmern und nur noch ein bißchen um den Glauben. Statt der gerade in Europa weit verbreiteten „Lust am Zetern“ empfiehlt der Papst die „Arbeit am ich“. Wie schon Martin Luther: „Aus einem traurigen Hintern kommt kein fröhlicher Furz“ reklamiert der Papst einen heiteren, gelassenen und leidenschaftlichen Christen.

Und zuletzt schreibt er den christlichen Misanthropen „von unten“ ins Stammbuch: „Darf es denn sein, daß man überall stolz ist auf seine Traditionen, und gerade die Traditions- und Weggemeinschaft Kirche soll von panischer Angst getrieben sein, nur ja nicht unmodern zu erscheinen?“ (Juni 2009)

Sorge um Europa

Europa war einmal das Herzstück des Christentums, aus dem sich der Begriff des „Abendlandes“ in all seiner philosophischen und theologischen Bedeutung entwickelte. Benedikt sieht diese geschichtliche Entwicklung gefährdet, da das Weltliche immer mehr um sich greife und die Abkehr vom Christentum zunähme. „Das Haus Europa wird nur dann ein für alle gut bewohnbarer Ort, wenn es auf einem soliden kulturellen und moralischen Fundament von gemeinsamen Werten aufbaut (…) Europa kann und darf seine christlichen Wurzeln nicht verleugnen. Sie sind ein Ferment unserer Zivilisation auf dem Weg ins dritte Jahrtausend.

Benedikt ist beileibe nicht antikapitalistisch, aber mahnend – vor grenzenloser Gier, übersteigerter  Suche nach dem eigenen Vorteil und unbegrenztem Konsum. Für den Papst ist Freiheit ohne Ordnung nicht möglich. Diese Freiheit muß zum Guten führen, weshalb die Marktwirtschaft Regeln brauche, die ihr eine Grenze setze und Wildwuchs verhindere, meint Benedikt und liefert damit eine philosophische Rechtfertigung der Sozialen Marktwirtschaft.

Dieser Papst wird als bedeutender Philosoph und Theologe sowie als höchst bescheidener Mensch in die Geschichte – nicht nur der katholischen Kirche – eingehen.

Hier noch einige Links, falls jemand gerne die letzte Messe diese,  für mich einer der  würdigsten, sehen möchte:
 http://www.youtube.com/watch?v=InIOjAHq3zA

http://www.youtube.com/watch?v=0tuo_rCKj_0

http://www.youtube.com/watch?v=9bS0C3fDQ8I

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