Laschets hohe Lied auf Europa

Der Landesvorsitzende der CDU-NRW ist ein ausgewiesener Europa-Experte. Wie sonst könnte man sich sein „Hohes Lied auf Europa“ erklären, das er in der FAZ vom 13. August d. J. zum Besten gab? Da schrieb er unter dem Titel „Weg mit dem Rechenschieber!“ u. a.: „…Wer statt dessen die Vergemeinschaftung der bestehenden Schulden fordert und damit die notwendige Einheit von Handeln und Haftung fahrlässig aufgibt, zeigt europäische Orientierungslosigkeit…“

Das war mutig und bezog sich wohl auf die SPD, die einer Vergemeinschaftung der Schulden in Europa das Wort redet. Brav gesprochen, aber gemacht nix! Stattdessen sülzt Laschet in der FAZ v. 13.08.12: „Ein deutscher Patriot ist deshalb heute ein leidenschaftlicher Europäer“, schreibt er. Richtig! Und gerade „ein leidenschaftlicher Europäer“ achtet als Patriot darauf, daß die Nation(en) nicht entwurzelt und gleichgeschaltet werden. Wenn, wie Laschet meint, die EU ihre gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik „Schritt für Schritt“(!) aufbaut, was sehr zu begrüßen ist, warum hat man dann den Aufbau einer gemeinsamen Währung nicht auch „Schritt für Schritt“ vorgenommen? Stattdessen wurde über dafür nicht vorbereitete Staaten mit höchst unterschiedlicher Wettbewerbsfähigkeit, Kultur und sozialer Standards der Euro gestülpt. Heute stehen wir zwar noch nicht vor den Scherben dieser Politik (Gottseidank), aber vor dem Risiko des Auseinanderbrechens. Laschet in seiner typischen Integrations-Seligkeit übersieht etwas Wichtiges:

Für denjenigen, der noch das Rechnen gelernt hat, sieht Europa anders aus: Die Euroländer haben bereits heute eine Gesamtverschuldung von rund zehn Billionen (!) Euro. Da auf Deutschland ein Anteil von dreißig Prozent entfällt, würde der Beitrag unseres Landes an der Verschuldung bei einer Vergemeinschaftung (30 %) also drei Billionen Euro betragen. Nun wird es heiß: Zwei Billionen Schulden haben wir schon. Bei der Haftung für die Gemeinschaftsschulden käme also eine weitere Billion hinzu. Durch diesen Schulden-Einstieg kletterte dann die deutsche Staatsverschuldung mal eben von derzeit über 80 Prozent auf rd. 120 Prozent des BSP. Gigantisch – und bedeutete dann, daß Deutschland die Euro- und Rating-Kriterien bei weitem verfehlte. Was lernen wir daraus? Der Euro als Traum ist geplatzt. Er wird zum Spaltpilz Europas.

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Conservo-Redaktion